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Rechtsstaat wegen Überschuldung eingespart

Koalitionsvertrag sieht Kürzung
der Bezüge für ReferendarInnen um 23,4% vor

In den Koalitionsvereinbarungen zwischen SPD und PDS heißt es:
Die Juristinnen- und Juristenausbildung und das Prüfungswesen sowie die Ausbildung für die anderen Justizberufe sollte nach Möglichkeit von den Ländern Berlin und Brandenburg gemeinsam durchgeführt werden. Die Dauer des ersten Staatsexamens (vom Beginn der 1. Klausur bis zur Zeugnisaushändigung) ist deutlich zu reduzieren. Referendarinnen und Referendare sollen zukünftig nicht mehr verbeamtet werden. Es soll für sie ein Ausbildungsverhältnis mit einer entsprechenden Vergütung eingerichtet werden.“

Was steckt dahinter?

  1. Fortschreitende Verschulung des Jurastudiums auf Kosten der Qualität.

  2. Einführung eines öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses im Referendariat mit Einsparungen bei der Ausbildungsvergütung um 23,4%.

  3. Entfallen von Urlaubsgeld, Sonderzuwendungen und Kaufkraftausgleich (bei einer Ausbildungsstation im Ausland).

  4. Unsoziale Auslese bei der Zulassung zum zweiten Staatsexamen (Kostenpunkt: 500 Euro).

Ergo: Die Verpflichtung des Staates für die Gewährleistung der Rechtspflege wird eingespart.

Die Forderungen der Politik an die Kürze der Ausbildung wiederholen sich ständig und ebben auch angesichts der bereits erfolgten Maßnahmen, durch eine Verschulung der Lehre oder die Einführung einer Freischussregelung eine Verkürzung des Jurastudiums zu erreichen, nicht ab. Längst ist der Examens-stress einem Dauerstress gewichen, der uns Jurastudierenden vom ersten Tag unseres Studiums bis zum Staatsexamen im Nacken sitzt. Zeit für eigene Studienprojekte oder Freiräume für Grundlagenfächer finden wir nur dort, wo sie die Studienordnung noch vorschreibt. Die Koalitionsvereinbarungen zur Verkürzung der Prüfungszeiten stehen den aktuellen Studienreformen in der JuristInnenausbildung an der Humboldt-Universität zu Berlin entgegen. Diese sehen ein stufenweises Ablegen des ersten Staatsexamens mit je einem Rechtsgebiet pro Semester vor, um den Studierenden Parallelprüfungen zu ersparen.

Durch die Umwandlung der ReferendarInnenausbildung von einem BeamtInnenverhältnis auf Widerruf in ein öffentlich-rechtliches Angestelltenverhältnis erhofft sich die Koalition Einsparungen in Höhe von 5 Mio. Euro.

Diese sollen durch eine Absenkung der Ausbildungsvergütung um 23,4% erreicht werden. Gleichzeitig sollen das Urlaubsgeld und Sonderzuwendungen wie das 13. Monatsgehalt sowie der sogenannte Kaufkraftausgleich gestrichen werden, der für den Fall gezahlt wird, dass der/die ReferendarIn eine Ausbildungsstation im Ausland absolviert. Letzteres ist angesichts der Internationalisierung der Rechtsverhältnisse und der Herausbildung eines gemeinsamen europäischen Rechtsraumes schier blindäugig und ein falsches rechtspolitisches Signal im europäischen Einigungsprozess.

Berlin erhebt als einziges Bundesland für das Ablegen des zweiten Staatsexamens eine Examensgebühr in Höhe von 500 Euro. Bei ihrer Einführung wurde argumentiert, diese sei vertretbar, weil mensch sich den Betrag im Referendariat ohne Probleme ansparen könnte. Es ist nur zynisch, wenn eben dieses Argument auch dann noch bemüht wird, wenn es um den Beibehalt der Examensgebühren auch nach der Kürzung der Bezüge für ReferendarInnen geht. Doch nicht nur zynisch, unsozial ist dieses Vorhaben allemal. Es ist abzusehen, dass zukünftig der Prozentsatz derjenigen, die nach erfolgreicher Ablegung des ersten auch ein zweites Staatsexamen machen, weiter abnehmen wird. Nicht umsonst wird der sozial-selektive Druck auf das Jura-Studium erhöht, den Weg zum Volljuristen bzw. zur Volljuristin muss mensch sich leisten können.

Während also die durchaus auskömmlichen Bezüge der BeamtInnen, die sich zu den Einsparungen in der Justiz gezwungen sehen, seit Jahren ungeschmälert wachsen und die Kürzungen von Diäten und SenatorInnenbezügen mal wieder keine Mehrheiten im Parlament fanden, wird unten weiter gespart.

Wir fordern die sofortige Einstellung der Umsetzung dieser Sparbeschlüsse. Die Justiz in der Demokratie lebt von einer ausgewogenen sozialen Zusammensetzung seiner Organe. Der Zugang zu Universitäten und Justizberufen darf daher nicht nach sozialen Kriterien selektiert oder protegiert werden.

Für eine unabhängige Justiz und weltoffene Universität. 


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