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Prozessbeobachtung: 3 Jahre Knast für Antifa wg. 1. Mai

Wegen der Aktionen gegen den Nazi Aufmarsch am 1.5.2004 in Lichtenberg und Friedrichshain wurde ein Antifaschist zu 3 Jahren Knast verurteilt. Dazu kommen noch 10 Monate Bewährungswiderruf. [Pressemitteilung der Soligruppe]

18. Dezember 2004

Heute wurde vor dem Amtsgericht Tiergarten am dritten Prozesstag das Urteil gegen den 35jährigen Christian S. gefällt. Die Verhandlung fand wie die vorherigen Verhandlungstage in einem Sicherheitssaal statt, was insbesondere für das Publikum zu aufwendigen Durchsuchungen führte.

Als erstes wurde heute ein Besatzungmitglied eines bayrischen Wasserwerfers gehört. Der Beamte berichtete mit seiner Einheit auf der Frankfurter Allee eingesetzt gewesen zu sein, als er über Funk die Nachricht von einem brennende Pkw bekam. Innerhalb einer Minute sei er mit seinem Wasserwerfer an das Fahrzeug herangefahren und habe es mit zwei bis drei Salven abgelöscht. Das Feuer sei definitiv erloschen gewesen, sonst hätte ihn der nachfolgende Räumpanzer, der das Fahrzeug aus dem Weg schob, noch einmal angefordert.Er habe nicht erkennen können ob das Fahrzeug selbst oder andere Sachen in Heckbereich brannten. Der Zeuge war auf Antrag der Verteidigung erschienen um zu beweisen, dass es sich nicht um eine Brandstiftung sondern allenfalls um ein Versuch der Brandstiftung handelt.

Alle anderen Anträge der Verteidigung vom letzten Verhandlungstag wurden vom Gericht als unbegründet abgelehnt, weil die zu beweisende Tatsachen entweder für das Verfahren ohne Bedeutung seien oder als wahr angenommen werden. Ebenfalls abgelehnt wurde ein neuer Berweisantrag zur Vernehmung von Polizeiführern um zu beweisen, dass am Tatort so viele zivile Polizeibeamte verschiedener Dienststellen und Verfassungsschutzbeamte eingesetzt waren, dass keine für den Landsfriedensbruch erforderliche unfriedliche Menschenmenge vorhanden war, sondern dass diese hauptsächlich aus Fotographen und Beamten bestand. Das Gericht unterstellte erstaunlicher Weise den Wahrheitsgehalt dieser Behauptung womit eigentlich der Vorwurf des Landsfriedensbruch nicht mehr zu halten gewesen wäre. Anschliessend überreichten die Anwälte einen Kontobeleg aus dem hervorgeht, dass der Angeklagte 1000 Euro Schadenersatz an die Geschädigten überwiesen hat sowie ein ärztliches Attest aus dem hervorgeht, dass der Angeklagte wegen einer Hepatitis C Erkrankung eine einjährige Interferon Behandlung machen muss, die im Knast nicht erfolgen kann.

Danach wurde vom Vorsitztenden Richter der Bundeszentralregisterauszug des Angeklagten verlesen. Daraus ging hevor, dass dieser zwischen 1984 und 1994 mehrfach zu Jugend-und Freiheitsstrafen verurteilt wurde. Ausserdem wurde ein Urteil verlesen indem er zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt wurde, weil er am 12. März 2000 Steine gegen einen NPD Aufzug geworfen hatte.

Eine Zeugin, die den Barrikadenbau von ihrem Balkon filmte, das Video der Polizei übergab und Vorgeführt werden sollte weil sie beim letzten mal nicht erschienen war, blieb unauffindbar. Ihre polizeiliche Aussage wurde verlesen, u.a. das eine Stunde nach dem ersten Brand der Mercedes von Jugendlichen geplündert und erneut angezündet wurde. Damit war die Beweisaufnahme beendet und es folgte das Plädoyer des Staatsanwalts. Er beantragte drei Jahre acht Monate Haft wegen Brandstiftung, schweren Landfriedensbruch und Widerstand. Er nannte den Angeklagten einen notorischen Rechtsbrecher, der sich von Vorstrafen nicht beeindruckten liess. Zu dem müsse bei Ausschreitung am 1.Mai aus generalpräventiven Aspekten ein deutliches Zeichen gesetzt werden.

Darauf folgte das Plädoyer von Rechtsanwalt Lüko Becker. Dieser erläuterte die Gefahr die von der Nazi-Demonstration ausging. Er hielt die Tat allenfalls für eine versuchte Brandstiftung und den Landfriedensbruch für nicht erwiesen. Er beantragte eine Freiheitsstrafe, die noch zu Bewährung ausgesetzt werden kann. Anschliessend legte er das Mandat nieder voraufhin das Gericht Rechtsanwältin Silke Studzinsky zur Plichtverteidigerin erklären musste. Diese griff danach die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer sowohl für ihre unrealistische Strafforderung als auch die Verfahrensführung der politischen Abteilung 81 an. In ihrem Vortrag ging es um die Unterschiedliche Verfolgung Rechtsextremer und linksmotivierter Delikte. Sie sah in der Tat höchstens eine Sachbeschädigung und keinen Landsfriedensbruch. Nach eine Stunde Beratung verkündete das Gericht, dass von Anfang an festehende Urteil: 3 Jahre Haft für versuchte Brandstiftung, Landfriedensbruch und Widerstand. Der Angeklagte muss ausserdem mit dem Widerruf der zehn Monate Bewährungsstrafe rechnen. Der Richter begründete das Urteil in einer völlig sinnfreien Rede, deren genauer Inhalt zu verquastet ist um hier wiedergegeben zu werden. Der einzige politische Aspekt an diesem Verfahren war für ihn der Wunsch des Gesetzgebers, unfriedliche Ansammlungen mit Hilfe des Landfriedensbruch Paragrafen zu bekämpfen.Der Haftbefehl bleibt weiterhin gegen Meldeaufladen ausser Vollzug gesetzt. Die Verteidigung wird Berufung einlegen.


Artikel in der Presse:

18.12.2004 Junge Welt
Haftstrafe nach antifaschistischem Protest
Bei Aktionen gegen einen Neonaziaufmarsch in Berlin-Lichtenberg am 1. Mai griff Christian S. zu untauglichen Mitteln. Dafür wurde er zu drei Jahren Gefängnis verurteilt

Angesichts der Videos vom 1. Mai diesen Jahres, die während des Prozesses gegen Christian S. am Donnerstag vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten gezeigt wurden, konnte man die damalige Ohnmacht des Angeklagten verstehen. Zu sehen war ein Großaufgebot der Polizei, das einen Aufmarsch von etwa 2600 Neonazis durch Berlin ohne Wenn und Aber schützte.
Man konnte nachvollziehen, daß der Angeklagte unter allen Umständen verhindern wollte, daß die braunen Truppen nun auch im Friedrichshain einziehen, einem Berliner Stadtbezirk, der während der Nazidiktatur schon einmal Horst-Wessel-Bezirk hieß, wie die Verteidiger von Christian S. in ihren Plädoyers betonten. In Friedrichshain konnten Neofaschisten und ihre »Kameradschaften« bislang nicht so Fuß fassen wie etwa in den Stadtteilen Lichtenberg oder Marzahn.
Christian S., dessen Freundin schon einmal von Rechten niedergestochen wurde und der sich offenbar engagiert für Hilf- und Wehrlose einsetzt, wollte am 1. Mai den von der Justiz genehmigten Neonaziaufmarsch von der Lichtenberger Brücke ins Stadtzentrum wenn nicht ver-, so zumindest behindern. In seiner Ohnmacht beteiligte er sich vermummt daran, Barrikaden zu errichten, zunächst aus brennenden Müllcontainern, dann aus einem schnell umgestürzten Auto, das er mit anderen Gegendemonstranten auf die Fahrbahn schob. Schließlich entzündete er in dem Auto mit Papier und Kleidungsstücken ein Feuer, das aber rasch von Polizeiwasserwerfern gelöscht wurde. Am Auto entstand ein Schaden von mehreren tausend Euro. Dieser Schaden konnte indes nicht in vollem Maße dem 35jährigen Angeklagten zugerechnet werden, da das Auto durch einen Panzerwagen der Polizei von der Straße geschoben und später offenbar noch einmal angezündet und geplündert worden war. Wegen der Vorfälle am 1. Mai war der gebürtige Aachener Christian S. von der für politische Straftaten zuständigen Sonderstaatsanwaltschaft wegen Brandstiftung, schwerem Landfriedensbruch, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Verstoß gegen das Versammlungsgesetz angeklagt worden. Zwei Tage dauerte die Beweisaufnahme, und die Verteidiger ließen nichts unversucht, den politischen Charakter des Prozesses hervorzuheben. Allerdings hatte schon der Angeklagte selbst in seiner Erklärung eingeräumt, daß »diese Aktion auch politisch nichts gebracht« habe, »weil es den Betroffenen und Anwohnern kaum vermittelbar ist, daß die von den Nazis ausgehende Gefahr abgewendet werden soll, während sie sich ... eher von Nazigegnern bedroht fühlten, womit die antifaschistischen Proteste an diesem Tag diskreditiert wurden«.
Der Staatsanwalt sah nach der Beweisaufnahme alle Anklagepunkte bestätigt und forderte in seinem Plädoyer eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten. Die Verteidigung hingegen bestritt alle Vorwürfe bis auf den des Versuches einer Brandstiftung und forderte eine Bewährungsstrafe.
Richter Brandt und die beiden Schöffen hatten es sich nicht leicht gemacht, ein Urteil zu fällen. Sie werteten am Ende das Anzünden des Papiers im Auto nicht als vollendete, sondern nur als versuchte Brandstiftung. In allen anderen Vorwürfen folgten sie allerdings dem Staatsanwalt und verurteilten Christian S. zu drei Jahren Haft. Besonders schwer fiel ins Gewicht, daß der Angeklagte bereits wegen Landfriedensbruch zu einer Haftstrafe mit Bewährung verurteilt worden war. Der Richter zeigte in der Urteilsbegründung durchaus Verständnis für die Motive des Angeklagten, betonte aber, daß Gewalt zu keiner Zeit und an keinem Ort der Welt zur Lösung von Konflikten eingesetzt werden dürfe. Und er stellte Christian S. abschließend die rhetorische Frage: »Wie schlecht muß es um Ihre Argumente bestellt sein, wenn Sie statt der Kraft Ihrer Worte Feuer einsetzen müssen?«

17.12.2004 TAZ
Drei Jahre Haft für Barrikadenbau

Zu drei Jahren Haft ist ein linker Gegendemonstrant verurteilt worden, der mit Brandbarrikaden den NPD-Aufmarsch am 1. Mai in Berlin stoppen wollte. Das Amtsgericht sprach den 35-jährigen Mann gestern Abend wegen Landfriedensbruchs, versuchter Brandstiftung und Widerstands schuldig. Die Verteidigung hat Berufung angekündigt. Der Verurteilte hatte mit anderen Personen auf der Frankfurter Allee brennende Mülltonnen zusammengeschoben und Papier in einem Auto angezündet. Er habe den Vormarsch der NPD in den Bezirk Friedrichshain verhindern wollen, in dem besonders Ausländer und Andersdenkende zum Ziel von rechter Gewalt geworden seien, erklärte der 35-Jährige vor Gericht. Strafmildernd wertete das Gericht ein aus Sicht des Angeklagten berechtigtes Anliegen. Es gebe aber keinerlei Legitimation für Gewalt. Gegen den Mann sprach, dass die Tat in der Bewährungszeit nach einer einschlägigen Vorstrafe begangen wurde. DPA

17.12.2004 Morgenpost
Brandbarrikaden am 1. Mai: Drei Jahre Haft für Demonstrant

Zu drei Jahren Haft ist ein linker Gegendemonstrant verurteilt worden, der mit Brandbarrikaden den NPD-Aufmarsch am 1. Mai in Berlin stoppen wollte. Das Amtsgericht Tiergarten sprach den 35jährigen am Donnerstag wegen Landfriedensbruchs, versuchter Brandstiftung und Widerstandes schuldig. Die Verteidigung hat Berufung angekündigt. Der Anhänger der linken Szene hatte mit anderen Personen auf der Frankfurter Allee in Mitte brennende Mülltonnen zusammengeschoben und Papier in einem Mercedes angezündet. Er habe den Vormarsch der NPD in den Bezirk Friedrichshain verhindern wollen.

Indymedia: Spontan-Demo gegen 1.Mai-Repression in Berlin http://de.indymedia.org/2004/12/101814.shtml

Berlin: 3 Jahre Knast für Antifa wg. 1.Mai http://www.de.indymedia.org/2004/12/101767.shtml

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