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Ermittlungsverfahren wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gegen Gegner nationalsozialistischen Gedankenguts
Ihr Schreiben vom 01.12.05

Sehr geehrte Damen und Herren,

die von Ihnen angesprochenen Ermittlungsverfahren haben ihre Grundlage in der Rechtsauffassung, dass nach den Ausführungen des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 18. Oktober 1972 (BGHSt 25, 30 ff.) die Strafvorschrift des § 86a StGB über den Schutzzweck der Abwehr einer Wiederbelebung der von den Kennzeichen symbolisierten verbotenen Organisationen hinaus auch verhindern will,

„dass [ihre] Verwendung ... - ungeachtet der damit verbundenen Absichten - sich wieder derart eingebürgert, dass das Ziel, solche Kennzeichen aus dem Bild des politischen Lebens in der Bundesrepublik grundsätzlich zu verbannen, nicht erreicht wird, mit der Folge, dass sie schließlich auch wieder von den Verfechtern der politischen Ziele, für die das Kennzeichen steht, gefahrlos gebraucht werden können".

Ferner führt der Bundesgerichtshof in der angegebenen Entscheidung aus, dass

„den Tatbestand [nicht] nur ein solches Verwenden erfülle, das nach den Umständen als ein Bekenntnis zu den Zielen der verbotenen Organisation aufgefasst werden kann. ... Die geschäftsmäßige Verwendung und Verbreitung ... [oder] auch ein massives, sich ständig wiederholendes und als Mittel des politischen Kampfes sich einbürgerndes Verwenden verbotener Kennzeichen durch solche politischen Gruppen ..., die Gegner der verbotenen Organisationen sind und die anderen politischen Gruppierungen eine (wirkliche oder an­gebliche) Übereinstimmung mit deren Zielen vorhalten wollen, und zwar mit der dann rechtlich möglichen Folge, dass in politisch unruhiger Zeit die Kennzeichen verbotener Parteien und Vereinigungen wieder zum politi­schen Alltagsbild gehören würden ... würde dem Zweck des § 86 a StGB zuwiderlaufen, die Verwendung solcher Kennzeichen in der Öffentlichkeit grundsätzlich auszuschließen."

Nach der zitierten und offensichtlich auch Ihnen bekannten höchstrichterlichen Rechtsprechung ist nur

„eine solche Kennzeichenverwendung- und nur sie – vom Tatbestand [ausgeschlossen], die diesem Schutzzweck ersichtlich nicht zuwiderläuft."

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ist sich durchaus bewusst, dass der Schutzzweck des § 86a StGB und die Zulässigkeit der Verbreitung der von Ihnen angesprochenen Kennzeichen derzeit in der Rechtsprechung nicht einheitlich beurteilt wird und sie sich insbesondere auch nach den Umständen des Einzelfalles richtet.

Obergerichtliche Entscheidungen zu den konkreten Kennzeichen, beispielsweise der Darstellung eines Hakenkreuzes in der Art eines Halteverbotsschildes, also ein schwarzes Hakenkreuz auf weißem Grund mit einem runden roten Rand und einem roten Querstrich von links oben nach rechts unten, liegen nicht vor. Das für die Staatsanwaltschaft Stuttgart maßgebliche Landgericht Stuttgart hält in ständiger Rechtsprechung das öffentliche Verwenden eines Hakenkreuzes in dieser Art der Darstellung jedoch für strafbar. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart beabsichtigt, zur Klärung der rechtlichen Grundsatzfrage baldmöglichst eine obergerichtliche Entscheidung herbeizuführen.

Der Vergleich mit dem Wendeverbotszeichen (Zeichen 272 gemäß § 41 StVO) geht bereits deshalb fehl, weil es sich bei dem um 180 Grad gebogenen Pfeil nicht um ein verbotenes nationalsozialistisches Symbol handelt.

Mit freundlichen Grüßen

B e d d i e s
Staatsanwältin


Das Schreiben der Staatsanwaltschaft als pdf >>
Offener Brief des akj-berlin vom 12.12.2006 >>

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