arbeitskreis
kritischer juristinnen und juristen an der Humboldt-Universität
zu Berlin
(akj-berlin)
Erklärung
des akj zu den Auswirkungen des 11. September
Der arbeitskreis
kritischer juristinnen & juristen an der humboldt-universität
berlin (akj-berlin) verurteilt die menschenverachtenden
Terroranschläge in den USA mit allem Nachdruck. Wir erklären
unser Mitgefühl für die zahlreichen unschuldigen Opfer.
Der
akj-berlin ist aber ebenso entsetzt über die "Antwort"
der USA und der selbsternannten "internationalen
Gemeinschaft". Der Tod tausender unschuldiger Opfer kann
niemals durch einen Krieg gegen Millionen unschuldiger Menschen
gesühnt werden! Es geht nicht an, dass Staaten, die sich
selbst zum Inbegriff der Zivilisation erklären - und damit
alle anderen nicht-westlichen Staaten in rassistischer Weise
degradieren - auf Gewalt mit weiterer Gewalt reagieren.
Der Krieg gegen
Afghanistan ist nicht nur ein Krieg gegen eines der ärmsten
Länder der Welt und dessen Bevölkerung, er ist auch ein
eklatant rechtswidriger Angriffskrieg. Die UNO, als einzig befugte
Institution für Militäraktionen, ist ausmanövriert.
Ein Verteidigungsfall liegt schon gar nicht vor. Die mit
Teppichmessern durchgeführten Terroranschläge in den USA
zu einem kriegerischen Akt zu erklären ist unzutreffend und
gefährlich. Insbesondere liegen bis heute keine Beweise für
die Verantwortlichkeit irgendwelcher Personen vor. Es wird
erklärt, Osama Bin Laden sei der Verantwortliche und er müsse
gefasst werden. Wie soll aber eine Person durch die Bombardierung
eines ganzen Landes und durch das Auslösen einer
Massenhungersnot gefasst werden? Warum liegt gegen Bin Laden
bisher kein Haftbefehl vor, wenn es doch angeblich Beweise für
seine Schuld gibt? Warum wurde nie ein offizielles
Auslieferungsgesuch an Afghanistan gestellt?
Nicht
ein umfassender Krieg der USA und ihrer "Verbündeten"
gegen den Rest der Welt, sondern besonnenes Handeln ist gefragt!
Die Basis des Terrorismus sind unstabile Verhältnisse.
Solange eine kleine Minderheit der Weltbevölkerung den
gesamten Reichtum der Erde verwaltet und der "Rest der
Menschheit" in
tiefster Armut lebt,
solange wird auch der Terror seinen Nährboden finden. Der
Krieg gegen Afghanistan (und bald gegen Irak? Sudan? Kolumbien?
Weißrussland?...) verschärft die Instabilität der
Verhältnisse in der Welt und ist somit nicht nur
menschenverachtend und von rassistischer Arroganz geprägt, er
ist auch absolut kontraproduktiv für die angebliche
Terrorbekämpfung. Es ist die Verabschiedung der
selbsternannten Zivilisation in die selbstgerechte Barbarei.
Der Eintritt
Deutschlands in den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen
"das Böse in der Welt" durch die Entsendung von
Bundeswehrkontingenten stellt für den akj-berlin einen
eklatanten Verstoß gegen das in Art. 26 I GG normierte
Verbot eines Angriffskrieges dar, wir verlangen daher - sofern das
GG noch Gültigkeit besitzen soll - sofortige Einstellung
aller Kriegshandlungen und Bestrafung der für ihre
Vorbereitung und Durchführung Verantwortlichen.
Ebenso wendet sich der
akj-berlin gegen die innenpolitischen "Antworten" auf
den 11. September. Es steht außer Frage, dass Vorkehrungen
zu treffen sind, die eine Wiederholung ähnlicher Terrorakte
unmöglich machen. Die bereits verstaubten Vorschläge aus
den Repressionskisten von Law-and-Order-PolitikerInnen und
autoritären SicherheitsfantikerInnen der bürgerlichen
Parteien taugen dazu jedoch nicht.
Rasterfahndung,
Kriminalisierung von Flüchtlingen und AusländerInnen im
Allgemeinen, Ideen vom Einsatz der Bundeswehr im Inland,
Verschmelzung von Polizei und Geheimdiensten, Abschaffung des
Religionsprivilegs, umfassende Überwachungsmaß-nahmen
u.ä. tragen lediglich zu einem rasanten Abbau des
Rechtsstaates und der Menschenrechte bei und ebnen den Weg zu
einem totalitären Machtstaat.
Der akj-berlin plädiert dafür, endlich
Wege zu suchen, eine sozial gerechte Weltordnung zu schaffen. Eine
Ordnung, in der jedes Menschenleben gleichviel zählt. Es kann
nicht sein, dass beim Tod von amerikanischen BürgerInnen die
Welt aufschreit, während beim Tod "nicht-westlicher
Menschen" von "KOLLATERALSCHÄDEN",
"notwendigen Opfern" usw. die Rede ist.
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