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Alkoholverbot
in Berlin –
nicht nur kleinlich, sondern auch rechtswidrig!
Berlin, den 2. August 2005
Das
Verbot, Alkohol in der Öffentlichkeit zu konsumieren, war in der letzten
Zeit bereits mehrfach Gegenstand von Presseberichten.
Während dabei die unterschiedliche Praxis in den einzelnen Bezirken und
die Sinnhaftigkeit des Verbots im Vordergrund standen, blieben rechtliche
Aspekte bisher weitgehend unbeachtet.
Stefanie
Richter vom arbeitskreis kritischer juristinnen
und juristen an der Humboldt-Universität zu Berlin (akj-berlin) führt
dazu aus: „Im Hinblick auf den eigenen Anspruch Berlins als weltoffene
und liberale Metropole, erscheinen solche Maßnahmen der Ordnungsämter
mehr als kleinlich. Sie sind darüber hinaus aber auch rechtlich äußerst
bedenklich.“
Zum
einen ist bereits fraglich, ob das Verbot überhaupt anwendbar ist, wenn
Personen in öffentlichen Parks Alkohol konsumieren. Denn als Rechtsgrundlage
für das Verbot, sich außerhalb zugelassener Schankflächen zum Alkoholverzehr
niederzulassen, dient das Berliner
Straßengesetz (§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BerlStrG). Dieses regelt die
Nutzung von Straßen, Wegen und Plätzen, die dem öffentlichen Straßen-
und Fußgängerverkehr gewidmet sind. Hingegen unterfallen öffentliche Parks
als Grünflächen zu Erholungszwecken dem Anwendungsbereich des Berliner
Grünanlagengesetzes.
In diesem findet sich aber gerade kein Alkoholverbot. Die aktuelle Praxis,
auch in Grünanlagen Verwarnungen auszusprechen, Geldbußen zu verhängen
und Platzverweise zu erteilen, entbehrt also jeder Rechtsgrundlage.
Zum
anderen ist aber auch die Handhabe des Alkoholverbots auf den Straßen
verfassungsrechtlich zweifelhaft. Auf den ersten Blick stimmt sie zwar
mit dem Wortlaut des Berliner Straßengesetzes überein. Dabei ist aber
zu beachten, dass diese Vorschrift in ihrem Wortlaut mit dem Grundrecht
auf Allgemeine Handlungsfreiheit (Art.
2 Abs. 1 GG; Art.
7 VvB) nicht zu vereinbaren ist. Selbst das Straßengesetz darf das
vorübergehende Verweilen und Niederlassen zum Alkoholverzehr als verfassungsmäßig
garantierte Form des sogenannten kommunikativen Gemeingebrauchs
der Straße nicht eingeschränken. Die Verbotsnorm muss daher verfassungskonform
so ausgelegt und angewendet werden, dass jedenfalls nur das Nächtigen
und längerfristige Lagern verboten sind, während vorübergehendes Lagern
und das Niederlassen zum Alkoholverzehr auf öffentlichen Straßen weiterhin
zulässig bleiben. Entsprechendes ist es bereits in Baden-Württemberg höchstrichterlich
entschieden worden (VGH Mannheim, Beschluss vom 6.10.1998, Az.: 1 S 2272/97)
und wird auch von namhaften PolizeirechtlerInnen vertreten; so z.B. von
Prof. Oesten
Baller von der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege
Berlin.
Stefanie
Richter ergänzt: „Es bestehen durchaus Chancen, dass sich Betroffene
erfolgreich mit Klagen zu Wehr setzen können. Nichtsdestotrotz fordern
wir die für die Ordnungsämter verantwortlichen Bezirksstadträte und -stadträtinnen
auf, im Interesse aller durch Anweisungen an die Kiez-Streifen ein rechtmäßiges
Vorgehen sicher zu stellen. Besser wäre noch, das Abgeordnetenhaus entschließe
sich dazu, diese provinzielle Regelung ganz zu streichen.“
Kontakt:
akj@akj-berlin.de
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