Aufklärung
und Ahndung aller Folterungen im Irak; umgehende Beendigung des Besatzungsregimes
Gemeinsame
Presseerklärung der Bürgerrechtsorganisationen
21.
Mai 2004
Aktion Courage
Humanistische Union (HU)
Gustav-Heinemann-Initiative
(GHI)
Internationale Liga für Menschenrechte
Komitee für Grundrechte und
Demokratie
Vereinigung Demokratischer Juristinnen und
Juristen
Republikanischer Anwältinnen und Anwälteverein
(RAV)
Mit
den systematischen Folterungen von irakischen Bürgerinnen und Bürgern
haben die USA und Großbritannien nach Auffassung eines Bündnisses bundesrepublikanischer
Bürger- und Menschenrechtsorganisationen schwerstwiegende Verbrechen begangen.
Das Bündnis fordert neben einer unabhängigen Aufklärung und Ahndung der
Taten die schnellstmögliche Entlassung aller Folteropfer aus der Haft,
ihre Entschädigung sowie Rehabilitationshilfen. Diese Forderung wird auch
für die rechtlos gestellten Opfer in Guantanamo und die Folteropfer in
Afghanistan erhoben.
Durch
die von den USA und Großbritannien zu verantwortenden Taten wurden nach
Auffassung des Bündnisses zudem den grundlegenden Werten von Menschenwürde,
Menschenrechten und Demokratie sowie Rechtsstaatlichkeit schwerster Schaden
zugefügt.
Die
bundesdeutschen Vereinigungen fordern deshalb eine umfassende Aufklärung
und Ahndung aller Folterungen und erhobenen Foltervorwürfe. Eine unabhängige
internationale Kommission muss dafür Sorge tragen, dass die an der Besetzung
des Landes beteiligten Staaten einer strengen Kontrolle ihres Besatzungsregimes
unterzogen werden. Letztlich aber kann nur eine möglichst umgehende Beendigung
der Besetzung des Irak die zentralen Ursachen dieser furchtbaren Entwicklungen
und der weiteren Eskalation der Gewalt den Nährboden entziehen. Jetzt
sind die Vereinten Nationen gefordert.
Um
Frieden und stabile Verhältnisse wiederherzustellen könne aus Sicht der
Humanistischen Union nur der Weg des Rechts beschritten werden. Dazu erklärt
der Bundesvorsitzende Reinhard Mokros: „Eine demokratische Rechtskultur
bedeutet die Herrschaft des Rechts. Die gesamte Weltgemeinschaft muss
nun gemeinsam dafür sorgen, dass die Verantwortlichen der Folterungen
zur Verantwortung gezogen, die Menschenrechte im Irak wiederhergestellt
werden und das Land einer freien und rechtsstaatlichen Zukunft entgegen
sehen kann. Die USA müssen sich endlich der Gerichtsbarkeit des internationalen
Strafgerichtshofes unterwerfen.“
Gerd
Pflaumer von Aktion Courage betont: „Patriot Act, Guantanamo, ein völkerrechtswidriger
Krieg im Irak mit Tausenden Opfern in der Zivilbevölkerung und Folter
von irakischen Menschen - was mutet das Land der bill of rights der Welt
noch alles zu ? Offenbar zeigt sich jetzt, warum sich die US-Regierung
notorisch gegen einen internatonalen Strafgerichtshof wehrt. Ihre Soldaten
sollen weltweit freie Hand haben.“
Die
Internationale Liga für Menschenrechte erinnert daran, dass die schrecklichen
Ereignisse der vergangenen Monate zwangsläufige Folgen des völkerrechtswidrigen
Angriffskrieges gegen den Irak sind. Liga-Präsident Rolf Gössner: „Es
begann mit Lug und Trug und endet mit Folter und Mord. Krieg ist Terror
und führt zu menschlicher Verrohung, die auch die Nachkriegszeiten prägt.
Die Misshandlungsopfer sind keine ‚Kollateralschäden’ eines ‚gerechten
Antiterrorkrieges gegen das Böse’, sondern Opfer systematisch begangener
Kriegsverbrechen, die vor einem unabhängigen Internationalen Tribunal
geahndet werden müssen.“ Die Folterknechte seien ausgerechnet jene, die
den Irak von einem Folterregime befreiten und der irakischen Bevölkerung
Demokratie und Menschenrechte beizubringen suchten.
Martin
Singe vom Komitee für Grundrechte und Demokratie erklärt: „Die US-Regierung
und die im so genannten ‚Krieg gegen den Terror’ miteinander verbündeten
Staaten tragen die volle politische Verantwortung für die systematischen
Folterungen im Irak und in Afghanistan. Die UNO sollte in einer eigenen
Resolution die für diese Folterungen verantwortlichen Staaten verurteilen
und an die UN-Antifolterkonvention erinnern. Auch die Bundesregierung,
die in Afghanistan am ‚Krieg gegen den Terror‘ beteiligt ist, sollte Konsequenzen
ziehen und nicht länger in einer Kriegskoalition mitarbeiten, die wissentlich
und absichtsvoll eindeutige völkerrechtliche Bestimmungen - wie die Genfer
Konventionen - ignoriert.“
Für
den Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) erklärt dessen
Vorsitzender Wolfgang Kaleck: „Im Namen der Terrorismusbekämpfung werden
seit dem 11.9.2001 Sondermassnahmen angewandt, die nicht nur nationales
und internationales Recht verletzen. Wer die Geltung des Rechts für ‚Feinde’
suspendiert und einen permanenten Ausnahmezustand erklärt, stellt die
Gültigkeit des Rechts als Grundlage des Zusammenlebens insgesamt in Frage.“
Prof.
Dr. Martin Kutscha, der Vorsitzende der Vereinigung Demokratischer Juristinnen
und Juristen (VDJ), erklärte: „Es ist bedrückend, wie gerade ein Staat
mit einer so ruhmreichen Tradition in der Geschichte der Menschenrechte
wie die USA offenbar dazu übergeht, menschenrechtlichen Schutz nur noch
den ‚Guten’ zuzubilligen, sie dagegen den als ‚böse’ Deklarierten vorzuenthalten
und diese damit für vogelfrei zu erklären. Die zivilisatorische Errungenschaft
der Menschenrechte besteht aber gerade in deren Universalität, also deren
Geltung auch für den politischen oder militärischen Gegner. Diese Errungenschaft
muss gegen jegliche Arroganz der Macht verteidigt werden.“
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