Rassistische
Vermittlungspraxis
bei „Heinzelmännchen“
Berlin, den 1. August 2005
Einen
ganz eigenen Beitrag zum fünfjährigen Jubiläum der EG-Antirassismusrichtlinie
(2000/43/EG),
die noch immer ihrer Umsetzung harrt, leistete die Arbeitsvermittlung
des Berliner Studentenwerks „Heinzelmännchen“. In einer Stellenausschreibung
vom 19. Juli für Sicherheitspersonal auf der Internationalen Funkausstellung
(IFA) heißt es u.a.: „Der Auftraggeber sieht von der Einstellung farbiger
Studenten ab, daher ist eine Bewerbung von schwarzafrikanischen HZM [Heinzelmännchen]
ohne Aussicht auf Erfolg.“ Gesucht werden zudem nur männliche Bewerber.
Stefanie
Richter vom arbeitskreis kritischer juristinnen
und juristen an der Humboldt-Universität zu Berlin (akj-berlin) merkt
dazu an: „Offensichtlich hat das Studentenwerk keine Probleme damit, ihre
Kundinnen und Kunden mit rassistische Stellenausschreibungen zu belästigen.
Eine solche Ausschreibungspraxis ist evident rechtswidrig und ein weiterer
Beleg dafür, dass ein effektives Antidiskriminierungsgesetz längst überfällig
ist.“
Zwar
ist bereits nach geltender Rechtslage bei Stellenausschreibungen u.a.
eine Benachteiligung aus Gründen der „Rasse“ oder ethnischen Herkunft
unzulässig. War bisher aber eine Herleitung des Diskriminierungsverbots
aus der Drittwirkung von Grundrechten, hier des Gleichheitssatzes gem.
Art. 3 Abs. 3 GG, auf Zivilrechtsverhältnisse umstritten, wurde jedenfall
in der EG-Antirassismusrichtlinie von 2000 eine unmittelbare oder mittelbare
Diskriminierung in öffentlichen und privaten Bereichen u.a. in Bezug auf
die Bedingungen, einschließlich den Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen
für den Zugang zu unselbständiger Erwerbstätigkeit (Art. 3 Abs. 1 lit.
a RL2043) untersagt. Diese Richtlinie hätte der deutsche Gesetzgeber bereits
vor zwei Jahren umsetzen müssen. Der verspätete Versuch, durch die Verabschiedung
des Antidiskriminierungsgesetzes
(ADG) sowohl den Vorgaben der Europäischen Union zu entsprechen als auch
eine handhabbare Regelung im Arbeitsrecht zu schaffen, ist mit der Anrufung
des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat wegen des vorzeitigen
Endes der Legislaturperiode als gescheitert anzusehen.
Stefanie
Richter kommentiert: „Es ist nicht ohne Ironie, dass dieses Vermittlungsangebot
der Heinzelmännchen just an dem Tag gemacht wurde, bis zu dem die Bundesregierung
der Europäischen Kommission über die Umsetzung der Antidiskriminierungsrichtlinie
hätte berichten müssen.“
Der
akj-berlin fordert die Arbeitsvermittlung Heinzelmännchen auf,
diskriminierende Stellenangebote von ihrer Vermittlungspraxis auszuschließen.
Als Teil des Berliner Studentenwerks und damit der öffentlichen Verwaltung
ist sie unmittelbar an das Diskriminierungsverbot des Grundgesetzes (Art.
3 Abs. 3 GG) und der Berliner Verfassung (Art.
10 Abs. 2 VVB) gebunden. Von Verwaltungsrat und Geschäftsführung des
Studentenwerks erwarten wir, dass sie die Einhaltung dieser Grundsätze
ggf. durch den Erlass von Handlungsanweisungen und Verhaltensrichtlinien
gewährleisten.
Kontakt:
akj@akj-berlin.de
Reaktionen:
Das
Studentenwerk Berlin hat unterdessen mit einer eigenen Pressemitteilung
reagiert, in der sie die Vorkommnisse bedauert und sie als Einzelfall
darstellt. Die Handlungsweise widerspreche der Betriebsphilosophie des
Studentenwerks Berlin und verstoße gegen die Richtlinien, in denen
geregelt sei, dass die Arbeitsvermittlung darauf hinwirkt, dass Arbeitssuchende
wegen ihrer Nationalität und ihres Geschlechts nicht benachteiligt werden
dürfen. >>
- Berliner Abendschau vom 2.8.2005: Zu einem ausländerfeindlichen
Vorfall ist es bei der studentischen Arbeitsvermittlung "Heizelmännchen"
gekommen (Video/Text) >>
- Tagesspiegel vom 3.8.2005: Farbige Studenten: Bewerbung zwecklos?
von Anja Kühne >>
- Morgenpost vom 3.8.2005: Studentenjob auf der IFA: Farbige
nicht erwünscht von Gilbert Schomaker >>
- Die Welt vom 3.8.2005: Studentenjob auf der Funkausstellung
- Farbige nicht erwünscht von Gilbert Schomaker >>
- Neues Deutschland vom 3.8.2005:
- Berliner Zeitung vom 4.8.2005: Keine schwarzen Heinzelmännchen
erwünscht Jobs nur für Weiße von Marlies Emmerich >>
- tageszeitung (taz) vom 4.8.2005: Farbe unerwünscht von Rafael
Binkowski >>
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