Placebo-Regelung
des Polizeipräsidenten –
kein Ersatz für Kennzeichnungspflicht!
Berlin, den 29. August 2005
Das
Berliner Abgeordnetenhaus wird in seiner Plenarsitzung am kommenden Donnerstag,
den 1. September 2005, aller Voraussicht nach einen Gesetzentwurf zur
Einführung der Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte im geschlossenen
Einsatz ablehnen. Dies ist jedenfalls nach der Beschlussempfehlung des
Innenausschusses
vom 15. August 2005 zu erwarten, die dem Abgeordnetenhaus die Ablehnung
des Gesetzentwurfes empfiehlt.
Der
von der Fraktion „Bündnis 90/Die Grünen“ im Juni 2003 in das Parlament
eingebrachte Gesetzesvorschlag zur Änderung des Allgemeinen
Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG) sieht unter anderem vor,
dass Polizeibeamtinnen und -beamte bei so genannten geschlossenen Einsätzen
ihre Dienstnummern deutlich erkennbar an den Uniformen tragen müssen.
Unter „geschlossenen Einsätzen“ versteht man Diensthandlungen größerer
Polizeiverbände, insbesondere bei Demonstrationen, die zumeist in besonderer
Einsatzausrüstung vorgenommen werden.
Hintergrund
der voraussichtlichen Ablehnung ist eine Geschäftsanweisung des Polizeipräsidenten
Dieter Glietsch. Danach sollen lediglich die Gruppen der „geschlossenen
Einheiten“ mit einer eigenen Kennung versehen werden. Mit ihrem Votum
machte die Mehrheit im Innenausschuss aus SPD, CDU und PDS deutlich, dass
sie eine weiter gehende gesetzliche Regelung für überflüssig hält.
Stefanie
Richter vom arbeitskreis kritischer juristinnen und juristen an
der Humboldt-Universität zu Berlin (akj-berlin)
kommentiert:
„Die Anweisung des Polizeipräsidenten wird der Selbstverpflichtung
nicht gerecht, die sich SPD und PDS in ihrer Koalitionsvereinbarung
auferlegt haben. Anstatt wie versprochen, für alle Polizistinnen und
Polizisten in Berlin eine erkennbare individuelle Kennzeichnung vorzuschreiben,
wird sich an den Problemen der Betroffenen polizeilicher Übergriffe,
die handelnden Beamten identifizieren zu können, nichts ändern. Die
Schwierigkeit, einen 'Gewalttäter in Uniform' von den übrigen Beamtinnen
und Beamten zu unterscheiden, reduziert sich lediglich von ca. 40 auf
acht Tatverdächtige.“
Bei
den zu kennzeichnenden, aus bis zu acht Beamten bestehenden Gruppen handelt
es sich um die kleinsten Einheiten im „geschlossenen Einsatz“. Fünf Gruppen
bilden einen Zug, drei Züge wiederum eine Hundertschaft. Bisher befanden
sich an Helmen und Fahrzeugen Nummern, die Rückschlüsse auf Hundertschaft
und Zug ermöglichten.
Der
arbeitskreis kritischer juristinnen und juristen an der Humboldt-Universität
zu Berlin (akj-berlin) hat mehrfach, insbesondere anlässlich von Demonstrationsbeobachtungen,
darauf hingewiesen, dass eine individuelle Kennzeichnung jedes Beamten
für den Rechtsschutz der Betroffenen und die Transparenz des polizeilichen
Handelns unverzichtbar ist. Der akj-berlin fordert daher die Abgeordneten
auf, entgegen der Beschlussempfehlung des Innenausschusses dem Gesetzentwurf
zuzustimmen.
Kontakt:
akj@akj-berlin.de
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