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Wochenendseminar
“Eine neue Verfassung für die Humboldt-Uni”

8. bis 9. Mai 2004

                          

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A. Vorwort

Mit dem Haushaltsstrukturgesetz vom März 1997 gab der CDU-geführte Senat weite Teile des Berliner Hochschulgesetzes (BerlHG) zur selbständigen Veränderung durch die Hochschulen frei. Seither können auf Antrag der Hochschulen mit der in das BerlHG eingefügten 'Erprobungsklausel' zeitlich begrenzte Abweichungen von verschiedenen Paragrafen des Gesetzes durch die zuständige Senatsverwaltung zugelassen werden. Diese Ausnahmemöglichkeit soll dazu dienen, wie es in der Erprobungsklausel heißt, "neue Modelle der Leitung, Organisation und Finanzierung zu erproben, die dem Ziel der Vereinfachung der Entscheidungsprozesse und einer Verbesserung der Wirtschaftlichkeit, insbesondere der Erzielung eigener Einnahmen der Hochschule dienen."

Die Humboldt-Universität gab sich im November 2001 auf dieser Grundlage eine eigene Verfassung, in der sie die Gliederung ihrer Fakultäten und Institute sowie die Entscheidungs- und Kontrollorgane der Hochschule mit ihren Kompetenzen und Rechten festlegte. Entsprechend dem Gesetzeszweck der Erprobungsklausel – Entscheidungswege zu verkürzen, Wirtschaftlichkeit zu erhöhen – enthält die Verfassung Elemente der Hierarchisierung von Entscheidungsprozessen und die Einführung einer – damals bundesweit ersten – professionellen Hochschulleitung mit umfangreichen Vollmachten. Seitdem wird die HU nicht mehr von einem Kanzler und dem bloß ehrenamtlich-repräsentativen Präsidenten und seinen Vizes geleitet, sondern von einem fünfköpfigen Präsidium mit jeweils eigenen Kompetenzen.

Seit Oktober 2003 hat eine paritätisch besetzte Evaluationskommission die Verfassung unter die Lupe genommen, weil deren Gültigkeit mit Ende des Jahres 2004 endet. In ihrem Bericht empfiehlt sie umfangreiche Änderungen, die vor allem auf eine Trennung von Leitung und Kontrolle gerichtet ist. Dieser Bericht wurde vom Konzil der Humboldt-Universität in dessen Sitzung vom 11. Mai 2004 entgegengenommen und diskutiert. Es setzte daraufhin eine Verfassungskommission ein, um die Vorläufige Verfassung der Universität weiter zu entwickeln.

Gegenstand des Seminars war es daher, auf der Grundlage der Evaluation der Vorläufigen Verfassung der Humboldt-Universität und vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit den Leitungs- und Entscheidungsstrukturen an anderen Hochschulen ein Gegenkonzept zum gängigen Prototyp der neoliberalen Managerverfassung zu entwerfen, das der Verfassungskommission als Vorbild dienen kann. Dabei wollten wir nicht im luftleeren Raum eine sicherlich notwendige Neugründung und -orientierung von Hochschulbildung und Hochschulorganisation diskutieren, sondern an der Utopie des Möglichen arbeiten, wie sie in den engen Grenzen des “freiheitlichen” Rechtsstaates durchsetzbar erscheint.

Das Seminar richtete sich an alle Interessierten gleich welcher Statusgruppen- oder Hochschul-zugehörigkeit, denen die innere Demokratisierung der Gesellschaft am Beispiel der Humboldt-Universität am Herzen liegt. Teilgenommen haben in erster Linie studentische und wissenschaftliche GremienvertreterInnen sowie Studierende, die ihr Engagement im Streik des letzten Semesters mit weiteren Inhalten füllen wollten.

Diese Dokumentation ist das Ergebnis des Seminars und soll der Verfassungskommission des Konzils über die studentischen VertreterInnen als konkreter Vorschlag für die Neugestaltung der Verfassung unterbreitet werden. Wir hoffen, dass sie eine Grundlage für spannende Diskussionen am Konkreten bietet und im notwendigen Wettstreit der Ideen und Argumente zu überzeugen vermag. Denn wie wussten schon der Bundesverfassungsrichter Dr. Simon und die Richterin Rupp-v. Brünneck in ihrer abweichenden Stellungnahme zum Hochschulurteil des Bundesverfassungs­richters vom 29. Mai 1973 so treffend zu fragen:

“Entspricht es nicht gerade dem Wesen freier Wissenschaft, dass sich Qualifikation durch das sachliche Gewicht von Argumenten ausweist und nicht eine formalisierte Entscheidungs­position beansprucht, durch welche alle übrigen [Hochschulschulmitglieder] in eine permanente Minderheitenposition verwiesen werden?”

akj-berlin

 

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