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Sicherheitsstaat am Ende
Kongress zur Zukunft der Bürgerrechte




Freitag, den 23. Mai 2008 und
Samstag, den 24. Mai 2008

im Audim
ax der Humboldt-Universität zu Berlin
Unter den Linden 6 | Eingang über Dorotheenstraße

(Bus: 100, 200, TXL bis Staatsoper | Tram: M1, 12 bis Kupfergraben | S/U-Bahnhof Friedrichstraße)

Eine gemeinsame Veranstaltung von:
akj-berlin
Bundesarbeitskreis kritischer Juragruppen
Gustav Heinemann-Initiative
Humanistische Union
Internationale Liga für Menschenrechte
Komitee für Grundrechte und Demokratie
Neue Richtervereinigung
Pro Asyl
Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein
Vereinigung demokratischer Juristinnen und Juristen

 

Hintergrund:

Seit 1997 präsentieren deutsche Bürger- und Menschenrechtsorganisationen jährlich den Grundrechte-Report. Er berichtet über staatliche Freiheitseinschränkungen und die Entwicklung unserer Verfassungswerte. Die Bilanz fällt ein ums andere Mal negativ aus: Immer wieder werden verbriefte Grundrechte im Eifer der Strafverfolgung, bei der Jagd nach vermeintlichen Terroristen oder zur Gewährleistung der "öffentlichen Sicherheit" einfach übergangen. Schlimmer noch als die zahlreichen Verfassungsverstöße ist jedoch die Tatsache, dass diese Entwicklung durch eine Politik der inneren Sicherheit gezielt befördert wurde. In den letzten sieben Jahren verabschiedete das Parlament über 50 Gesetze, mit denen die Registrierung von Konten- und Reisebewegungen, die Speicherung biometrischer Daten oder die heimliche Überwachung von Kommunikationen aller Art eingeführt bzw. ausgeweitet wurden. Dabei werden die Grenzen zwischen polizeilicher Ermittlungsarbeit und geheimdienstlichen Agieren mehr und mehr verwischt.

Als Begründung für diese Politik der inneren Sicherheit werden zunehmende Gefahren durch einen islamistisch motivierten Terrorismus angeführt. Im Zeitalter des "homegrown terrorism" gerate jeder Bürger zum Sicherheitsrisiko, vor dem nur ein mächtiger Staat schützen könne. Solche Bedrohungsszenarien sind nicht neu. Sie sind dennoch falsch. Keine der in den Verfassungsschutzberichten genannten Personen und Organisationen hat je ernsthaft unsere Verfassung bedroht. Auch die Gefährdungen durch die RAF oder das organisierte Verbrechen wurden nicht durch eine Politik der inneren Aufrüstung der Sicherheitsbehörden gelöst. Keine Person und keine Organisation hat seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland jemals ernsthaft deren freiheitlich demokratische Grundordnung gefährden können. Dagegen gehen permanente Gefährdungen für die Bürger- und Menschenrechte von staatlichen Organen aus.

Im Rahmen der Konferenz wollen die Veranstalter nicht nur die Entwicklungen der letzten Jahre analysieren. Sie richten den Blick auch nach vorn. Ihnen geht es um konkrete Vorschläge, wie immer wiederkehrende Verletzungen der Grundrechte wirksamer verhindert werden können. Wie kann erreicht werden, dass neugierige Ermittler auch das Privatleben Verdächtiger achten, dass freie Demonstrationen nicht mehr an den Auflagen der Polizeibehörden scheitern oder mit militärischen Mitteln erdrückt werden?

Zugleich soll die Tagung auch zu einer Verständigung darüber genutzt werden, mit welchen Aktions- und Organisationsformen die Freiheitsrechte gegenwärtig am besten verteidigt und ausgebaut werden können. Klassische Bürger- und Menschenrechtsarbeit konzentrierte sich um Aufklärung und die Herstellung einer kritischen Öffentlichkeit. Zahlreiche der veranstaltenden Organisationen sind als rechtspolitische Lobbyorganisationen tätig, bringen sich in Gesetzgebungsverfahren ein oder erstreiten auf gerichtlichem Wege einen nachträglichen Rechtsschutz. Daneben existieren seit längerer Zeit Gruppen, die stärker auf die Darstellung und Außenwahrnehmung des Protestes oder auf die "Selbstverteidigung" ihrer Bürgerrechte zielen. Mit ihnen wollen die Veranstalter gemeinsam über Chancen und Zukunft der Bürgerrechte diskutieren.

Die Legitimität des Sicherheitsdenkens hat Risse bekommen. Diese zu vertiefen, ist das Ziel des Kongresses.

 

Ablauf:

Freitag, den 23. Mai 2008
im Audimax der Humboldt-Universität (Ostflügel)

18.00 Uhr  -  Eröffnung
18:30 Uhr  -  „Der Staat und die Bürger(rechte). Zum Stand eines Verhältnisses“
                     Heribert Prantl (Leiter Innenpolitik der Süddeutschen Zeitung, München)
19:30 Uhr  -  „Öffentliche Inszenierung von Sicherheitsfragen“
                     PD Dr. Reinhard Kreissl (Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie, Wien)
anschließend Diskussion

21:30 Uhr  -  Empfang

 

Samstag, den 24. Mai 2008
im Audimax der Humboldt-Universität (Ostflügel)

09:00 Uhr  -  Vorstellung der Foren
09:30 Uhr  -  Parallele Foren zu verschiedenen Themen (s. Details)

13:00 Uhr  -  Mittagspause

14:00 Uhr  -  Plenum: Diskussion der Ergebnisse aus den Foren
15.30 Uhr  -  Pause

16:00 Uhr  -  Podiumsdiskussion: „Zukunft und Chancen der Bürgerrechte“
                     Heiner Busch (Komitee für Grundrechte und Demokratie),
                     Wolfgang Kaleck (European Center for Constitutional and Human Rights, RAV),
                     Constanze Kurz (Chaos Computer Club),
                     Prof. Dr. Dieter Rucht (Wissenschaftszentrum Berlin),
                     Fritz Storim (angefr.),

Moderation: Gabriele Gillen (Journalistin, angefr.)

 

Foren:

1 Prävention ohne Grenzen (Hauptgebäude HU, Unter den Linden 6, 2. OG, Raum 2014b)
Der Staat weitet seine Eingriffsbefugnisse stetig aus. Überwachung und Kontrolle finden zunehmend im „Vorfeld“ einer Gefahr oder Straftat statt und betreffen eine immer größer werdende Anzahl von Personen. Damit sollen Risiken erkannt und gebannt werden, lange bevor tatsächlich etwas passiert. In dem Forum soll der Frage nachgegangen werden, wie das Konzept der Prävention konkret aussieht und welche neuen Formen von Überwachung und Eingriffen damit verbunden sind. Was sind die gesellschaftlichen Hintergründe der Au. ösung rechtsstaatlicher Begrenzungen staatlichen Handelns? Was sind die gesellschaftlichen Folgen und was können Ansatzpunkte für eine bürgerrechtliche Intervention sein?

Referenten: Dr. Leon Hempel (Technische Universität Berlin), 
                  Prof. Dr. Norbert Pütter (Institut für Bürgerrechte und Polizei/CILIP),
                  Dr. Fredrik Roggan (Rechtsanwalt),
                  Tobias Singelnstein (Freie Universität Berlin)

Moderation: Peer Stolle (Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein)


2 Demonstrationsfreiheit als Gnadenakt? (Hauptgebäude HU, Unter den Linden 6, 2. OG, Raum 2014b)
Nicht zuletzt seit dem G8-Gipfel haben DemonstrantInnen den Eindruck, die grundrechtlich verbürgte Versammlungsfreiheit werde nur nach Belieben polizeilicher Führungsstäbe anerkannt. Demonstrierende Menschen müssen sich identi? zieren lassen, erhalten keinen Zugang zum Versammlungsort oder zu einer anwaltlichen Vertretung. Welchen Stellenwert haben die liberalen Grundsätze des Brokdorf-Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts heute noch? Wie lässt sich ein Missbrauch polizeilicher Befugnisse im Umfeld von Großdemonstrationen verhindern? Wie kann erreicht werden, dass die Polizei ihrer lang vernachlässigten Aufgabe nachkommt, die Versammlungsfreiheit zu schützen?

Referenten: Prof. Dr. Martin Kutscha (FH für Verwaltung und Rechtspflege Berlin),
                  Michael Plöse (arbeitskreis kritischer juristinnen und juristen an der HU),

Moderation: Karen Ullmann (Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein, angefr.)


3  
Militarisierung der Politik und des Rechts
(Jurist. Fakultät, Bebelplatz 1, 1.OG, Raum 144)
Mit Hilfe eines missbräuchlich konstruierten Sicherheitsbegriffs werden zunehmend Art und Umfang der Inlandseinsätze von Polizei und Bundeswehr z. B. beim G8-Gipfel in Heiligendamm 2007 definiert. Einsatzszenarien beziehen militärische Mittel ein und verwischen die verfassungsrechtlich zugewiesene Aufgabenteilung. Die problematische Wirkung zunehmender Militarisierung lässt sich an verschiedenen Formen zivil-militärischer Zusammenarbeit belegen – vom Katastrophenschutz im Inland bis zu Kooperationen bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr.

Referentinnen: Dr. Ute Finckh-Krämer (Bund für Soziale Verteidigung, Gustav Heinemann-Initiative),
                      Prof. Dr. Rosemarie Will (Humboldt Universität, Berlin)

Moderation: Werner Koep-Kerstin (Gustav Heinemann- Initiative)


4  Ökonomische Macht versus Grundrechte (Jurist. Fakultät, Bebelplatz 1, 1.OG, Raum 144)
In Zeiten des Neoliberalismus ist es um die Grundrechte abhängig Beschäftigter und derjenigen, die von staatlichen Sozialleistungen abhängig sind, schlecht bestellt. Wesentliche grundrechtliche Freiheiten (Persönlichkeitsschutz, Datenschutz, Freizügigkeit) wurden für EmpfängerInnen von ALG II faktisch abgeschafft, sie sind gegenüber den Ämtern bereits „gläserne Menschen“. Aber auch die Grundrechte der abhängig Beschäftigten sind angesichts einer nach wie vor herrschenden Massenarbeitslosigkeit und zunehmender prekärer Beschäftigungsverhältnisse in den Betrieben in Gefahr. Inwieweit können ArbeitnehmerInnen noch für ihre Rechte eintreten? Sind ArbeitgeberInnen überhaupt noch bereit, die kollektiven Interessenvertretungen (Gewerkschaften, Betriebs- und Personalräte) zu akzeptieren?

Referenten: Dr. Detlef Hensche (Rechtsanwalt),
                  Udo Geiger (Richter am Sozialgericht, Berlin)

Moderation: Dieter Hummel (Rechtsanwalt)


5  Zweierlei Grundrechtsschutz für MigrantInnen und Deutsche? (Jurist. Fakultät, Bebelplatz 1, 1.OG, Raum 144)
Gegenüber MigrantInnen und Flüchtlingen werden die Grundrechte oft schneller und tiefgreifender als für andere BürgerInnen beschnitten. Sie sehen sich in vielen Situationen der Gefahr einer Freiheitsentziehung ausgesetzt, die Möglichkeiten zur Inhaftierung von Asylsuchenden wurden erst im letzten Jahr wieder ausgeweitet. Auch der Anspruch auf den Schutz ihrer persönlichen Daten ist für MigrantInnen und Flüchtlinge seit Jahren massiv eingeschränkt. Die Erfassung biometrischer Daten und zentrale Melderegister für Asylsuchende wie Visa-AntragstellerInnen sind nur zwei Beispiele dafür, dass sicherheitspolitische Eingriffe in die Grundrechte von Nichtdeutschen schnell zum Türöffner werden können und alle BürgerInnen betreffen.

ReferentInnen: Sönke Hilbrans (Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein),
                       Marei Pelzer (Pro Asyl),
                       Dr. Ruth Weinzierl (Deutsches Institut für Menschenrechte)

Moderation: Berenice Böhlo (Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein)


6  Umbau der Sicherheitsarchitektur (Hauptgebäude HU, Unter den Linden 6, 3. OG, Raum 3088)
Seit den 1990er Jahren lässt sich ein massiver Umbau der Sicherheitsarchitektur in Deutschland beobachten. Kompetenzen werden von den Ländern auf die Bundesebene verlagert, die Zentralisierung der Sicherheitspolitik schreitet voran. Die verschiedensten Sicherheitsinstitutionen tauschen nicht mehr nur Daten aus, ihre ursprüngliche Aufgabentrennung wird immer mehr verwischt. Sie entziehen sich damit zunehmend einer rechtsstaatlichen Kontrolle. Das Forum beleuchtet Aspekte und Hintergründe dieser Entwicklung. In ihm soll diskutiert werden, wie sich hierdurch die Rolle des Staates ändert und was dies für die BürgerInnen bedeutet.

ReferentInnen: Gabriele Heinecke (Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein),
                       Dr. Rolf Gössner (Rechtsanwalt und Publizist, Bremen),
                       Volker Eick (FU Berlin)

Moderation: Prof. Dr. Jörg Arnold (Max-Planck-Institut für ausländ. und internat. Strafrecht, Freiburg)

 

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