Im Jahr 2010 wird die Berliner Universität ihr 200jähriges Bestehen feiern – das heißt auch 200 Jahre
Studium in Berlin. Wie die Veränderungen der gesellschaftlichen und universitären Strukturen in dieser
Zeit, so unterlag auch der Studierendenstatus und das studentische Selbstbild einem grundlegenden
Wandel. Um diesen deutlich zu machen, wird das Projekttutorium den Rechtsstatus von Studierenden
seit Anfang des 19. Jh. in den Blick nehmen und Veränderungen mittels zeitgenössischer Dokumente
interdisziplinär untersuchen. Diese können einen Eindruck der jeweiligen (Ab-)Bilder von und
Selbstbilder der Studierenden vermitteln, um die hinter dem studentischen Status liegenden Stereotype
offen zu legen. Im Vordergrund steht der Kampf um die Deutungshoheit des Studierendenstatus
hinsichtlich seiner individuellen und kollektiven Dimensionen im studentischen, akademischen und
gesamtgesellschaftlichen Kontext als selbstständiger Bewegungsgeschichte. Maßgebliche Bedeutung
kommt dabei der Funktion des Rechts und seiner Wirkung zu: Als Instrument des Fortschritts, als
Garant gegen die Rücknahme von Erfolgen emanzipatorischer Bewegungen über den Moment ihrer
politischen Wirkungsmächtigkeit hinaus oder als dagegen gerichteter Repressionsmechanismus.
Das Projekttutorium läuft über zwei Semester, beginnend im SoSe 2009. Im ersten Semester sollen die
grundlegenden Arbeitsmethoden vermittelt und ein Überblick zur Quellen- und Rechtslage für das 19. Jh.
erarbeitet werden. Das WiSe 2009/10 ist den Entwicklungen im 20. Jh vorbehalten. Auf der Grundlage unserer
Recherchen soll eine Darstellung und Theoriebildung erfolgen, die sowohl für die Jubiläums-Ausstellung des
StuPa nutzbar gemacht als auch selbständig publiziert werden sollen. Das Projekttutorium richtet sich an alle interessierten
Studierenden. Im Mittelpunkt stehen zwar rechtshistorische und sozialwissenschaftliche Fragestellungen,
die Verbindung von historisch gewachsenem Status und deren Spiegelung in gesellschaftlichen Stereotypen
liegen jedoch auch im Schnittfeld der Geschichts-, Kommunikations- und Kulturwissenschaften sowie der
Sozialpsychologie.
SoSe 2009
Schwerpunkte: - Problemaufriss, Methodenvermittlung, Bestandsaufnahme
- Entwicklung des Studierendenstatus im 19. Jahrhundert
Einführung und thematische Vertiefung: 1. bis 4. Woche
1. Woche – 24.4.09
Vorstellung des PT und thematische Einführung
2. Woche – 1.5.09
Internationaler ArbeiterInnenkampftag
3. Woche – 8.5.09
Einführung in das Hochschulrecht und Überblick zum Status Quo der Rechte und
Pflichten des/der Studierenden individuell sowie bei der akademischen und studentischen
Selbstverwaltung
4. Woche – 15.5.09
Überblick zur Geschichte der Universität(en) und Studierendenschaften (in Berlin) unter
Zugrundelegung verschiedener auf das Statusverhältnis der Studierenden bezogener Fragestellungen
Methodischer Zugriff, Arbeitstechniken und Recherchemöglichkeiten: 5. bis 8. Woche
5. Woche – 22.5.09
Einführung in die historische Rechtsanalyse
Ralf Oberndörfer (Histox) zu rechtshistorischer Quellenforschung
6. Woche – 29.5.09
Einführung in die soziologische Rechtsanalyse
Ulrike Müller (FU-Berlin): „Wartezimmerpolitik und Professionelle Direkte Aktion - Engagierte AnwältInnen heute und gestern am Beispiel Berlins“, Masterarbeit (Oñati, Baskenland/ Spanien)
Einführung in die soziologische und politikwissenschaftliche Bewegungsforschung
Jana Günther (HU, Institut für Sozialwissenschaften): „Die politische Inszenierung der
Suffragetten in Großbritannien – Formen des Protests, der Gewalt und symbolischen
Politik einer Frauenbewegung“, fwpf 2006
7. Woche – 5.6.09
Einführung in die politologische Therie(n)bildung:
Dr. Andreas Keller (Politologe): „Hochschulreform und Hochschulrevolte – Selbstverwaltung
und Mitbestimmung in der Ordinarienuniversität, der Gruppenhochschule und der
Hochschule des 21. Jahrhunderts“, Marburg 2000
8. Woche – 12.6.09
Einführung in die Archivrecherche und die kritische Quellenforschung:
Besuch des Universitätsarchivs und Einführung durch den Archivar Dr. Winfried Schultze
Eigenrecherche in Kleingruppenarbeit: 9. bis 12. Woche
Erarbeitung eines Überblicks zum 19. Jh. und Aufteilung von thematischen bzw. zeitlichen
Abschnitten zur eigenständigen Bearbeitung/Recherche in Kleingruppen
9. Woche – 19.6.09
Besprechung der (Zwischen-)Ergebnisse der Gruppenarbeiten
10. Woche – 26.6.09
Besprechung der (Zwischen-)Ergebnisse der Gruppenarbeiten
11. Woche – 3.7.09
Besprechung der (Zwischen-)Ergebnisse der Gruppenarbeiten
12. Woche – 17.7.09
Präsentation eines (Zwischen-)Ergebnisses des PT und Planung des nächsten Semesters
(gemeinsam mit den anderen zum Jubiläum arbeitenden PTen)
Vorlesungsfreie Zeit
WiSe 2009/2010
Schwerpunkte: - Entwicklung des Studierendenstatus im 20. Jahrhundert
- Theoriebildung entsprechend der Fragestellung anhand der erarbeiteten Untersuchungsergebnisse
- Aufbereitung der Ergebnisse für die Ausstellung des StuPa sowie als selbständige
Publikation
Einführung und Methodenvermittlung für Neueinsteiger/innen: 1. und 3. Woche
14. Woche – 23.10.09
Auswertung der Arbeiten der Vorlesungsfreien Zeit und Semesterplanung
Vorstellung des PT und thematische Einführung, Vorstellung der Ergebnisse des Sommersemesters,
Neuplanung des Wintersemesters: Konzept ist es, chronologisch in der Geschichte des 20. und 21. Jahrhunderts weiter voran zu schreiten, gleichzeitig aber auch die forschungsorientierten Recherche in Archiven und weiterführenden Texten sowie deren Aufarbeitung für die Ausstellung/ Publikationen fortzusetzen. Dies soll durch einen wöchentlichen Wechsel von Textvorstellungen zu chronologisch jüngeren Themengebieten und Vorstellung zwischenzeitlicher Rechercheergebnisse zu individuellen oder gemeinsamen Themenschwerpunkten aus dem gesamten Zeithorizont gelingen.
15. Woche – 30.10.09
Erarbeitung eines Überblicks zum 20. Jahrhundert und Aufteilung von thematischen bzw. zeitlichen Abschnitten zur eigenständigen Bearbeitung/Recherche in Kleingruppen Koordinierung und Erfahrungsaustausch mit anderen PTen
16. Woche – 6.11.09
Auf dem Weg in den 1. Weltkrieg
Berliner Universität und Studierendenschaft im Kaiserreich und im 1. Weltkrieg
17. Woche – 12.11.09
Archivbesuch
Besuch im Universitätsarchiv der HU und Durchsicht ausgewählter Unterlagen zur Geschichte der Studierendenschaft der Berliner Universität im 20. Jh.
18. Woche – 19.11.09
Von Noske zu Papen
Rolle der Studierenden in der Novemberrevolution, bei der Konstituierung der Weimarer Republik, Studierendenschaft und Universitäten in der Weimarer Republik, Berlin als Hauptstadt
19. Woche – 26.11.09
Vom Verbot zur Bücherverbrennung – Selbstgleichschaltung und Antisemitismus
Gastreferent: Werner Treß (Universität Potsdam)
Extratermin – 28.11.09
Gespräch mit dem Historiker und Burschenschaftsforscher Gerhard Schäfer (Universität Bielefeld)
20. Woche – 3.12.09
Nationalsozialismus, 2. Weltkrieg und student. Widerstand
21. Woche – 10.12.09
Besprechungstermin: Zwischenergebnisse von Recherchen in Archiven und sonstigen Quellen
akademische Weihnachts- und Neujahrsferien
23. Woche – 7.1.10
Lektüreauswertung: Studentischer Widerstand, studentische Gruppen im NS, Selbstbild der Burschenschaften im und zum NS
24. Woche – 14.1.10
Rechercheauswertung: Matthias/Lars: Essay und Tafeltextentwurf zur Freien Wissenschaftlichen Vereinigung - FWV
25. Woche – 21.1.10
Stunde Null bis FU-/HU-Gründung
Studierende in der DDR
Arbeiter- und Bauernfakultäten, Hochschulreformen, Prager Frühling bis Wende
26. Woche – 28.1.10
Universität und Studierendenschaft in Westberlin
Besprechungstermin mit dem Projekttutorium „Berliner Universitäten im Systemkonflikt“
27. Woche – 08.2.10
Besprechungstermin: Zwischenergebnisse von Recherchen in Archiven und sonstigen Quellen
28. Woche – 15.2.10
'68 bis '89
Studierendenproteste in Westberlin, Unimut und Wende
Gastreferent: RA Thomas Moritz