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Antonia Rebel Die
Verfassung im Sog der Globalisierung
Beschreibung: Seminararbeit im Rahmen des
verfassungsrechtstheoretischen Seminars "Die Verfassung im
Sog der Globalisierung" bei Prof. Dieter Grimm im SoSe 2004
an der Humboldt-Universität.
Thema III: Wie wirkt sich Globalisierung auf die Verfassung
ein?
III. 6. World Bank und International Monetary Fund
I. Zur Problemstellung
Zu den historischen Voraussetzungen
des modernen Konstitutionalismus gehört die Trennung der
Sphären von Staat und Gesellschaft. Diese Trennung hatte sich
in der Herausbildung der kommerziellen Gesellschaft im Schoß
der Feudalordnung bereits vorbereitet. Im konstitutionellen
Programm der Aufklärung wurden die Bereiche und Beziehungen
des Öffentlichen und des Privaten neu geordnet: durchgesetzt
hat sich dieses Programm – vom Sonderweg Englands abgesehen
– aber erst durch die beiden großen Revolutionen des
18. Jahrhunderts, die Französische und die Amerikanische.
Die Sphäre des Privaten wurde
zum Entfaltungsraum autonomer, d.h. eigengesetzlicher
Funktionsbereiche, an denen die mit Individualrechten
ausgestatteten einzelnen je nach Maßgabe ihrer
Entwicklungs- und Aufstiegschancen partizipieren. „Gesellschaft
war aller Herrschaftsbefugnisse entkleidet und konnte erst unter
dieser Voraussetzung zur Selbststeuerung über den Markt
ermächtigt werden.“
Auf der anderen Seite wurde der
Einsatz öffentlicher Gewalt in der Gesellschaft zum
„rechtfertigungsbedürftigen Eingriff“ (Grimm).
Dies erforderte Regeln, die die Staatsfunktionen begrenzten und
dem Missbrauch der Staatsgewalt vorbeugten. Dementsprechend
mussten die getrennten Sphären von Staat und Gesellschaft
auch wieder verknüpft werden, damit die wechselseitigen
Bindungen nicht verloren gingen. „Die Staatsorganisation
wurde (…) so geregelt, dass Staat und Gesellschaft, die
unter der Prämisse der gesellschaftlichen Steuerungsfähigkeit
auseinander traten, durch eine vom Volke gewählte Vertretung
wieder verknüpft wurden, der sowohl das Gesetzgebungsrecht
wie das Recht, über Steuererhebung und Steuerverwendung zu
entscheiden, eingeräumt wurde. Die staatliche Exekutive war
an das parlamentarisch beschlossene Gesetz gebunden. Der Gefahr
des Machtmissbrauchs wurde durch eine verhältnismäßig
strikte Gewaltenteilung begegnet.“
Das Verhältnis der
verschiedenen gesellschaftlichen Funktionsbereiche
(Wirtschaftssystem, Rechtssystem, Bildungswesen, Gesundheitswesen,
Wissenschaftssystem, Kunstbetrieb usw.) zueinander war stets durch
Koordinationsprobleme gekennzeichnet. Das galt insbesondere für
das Verhältnis zur Wirtschaft, die dazu tendierte, auch
andere Bereiche ihren Rentabilitäts- und Gewinnprinzipien zu
unterwerfen. Die hiermit verbundenen Koordinationsprobleme werden
mit der zunehmenden Tendenz zur Globalisierung belastender, der
Druck der Wirtschaft immer stärker. Die Trennung der Sphären
von Staat und Gesellschaft hat heute globale Gestalt angenommen:
die Mehrzahl der Staaten muss sich im Konflikt zwischen
nationalstaatlicher Souveränität und weltweit
operierender Wirtschaft behaupten. Umso dringlicher ist die
fortschreitende Verrechtlichung internationaler
Wirtschaftsbeziehungen auf hohem rechtlichen Anspruchsniveau. Bei
diesem Verrechtlichungsprozess geht es gar nicht isoliert um die
Wirtschaft, sondern um die rechtlich geregelte Koordination
ökonomischer, technologischer, ökologischer,
politischer, kultureller und anderer Aspekte der Globalisierung.
In diesem Kontext muss auch die
Stellung der Bretton Woods Organizations – der
Weltbankgruppe und des IMF – geklärt werden. Nach
Ansicht vieler Kritiker haben die BWO insbesondere durch ihre
Strukturanpassungsprogramme zur Aushöhlung
nationalstaatlicher Souveränität beigetragen (was mit
unterschiedlicher Bewertung der afrikanischen und ostasiatischen
Staaten im einzelnen zu prüfen wäre). Die Vergabe von
Krediten kann unter Umständen Rechts- und sogar
Verfassungsänderungen in den kreditabhängigen Ländern
bewirken.
Doch um zu klären, wie die BWO
auf die Verfassung der Nationalstaaten einwirken, muss zuvor
betrachtet werden, welche Befugnisse und Druckmittel in den
Rechtsordnungen der BWO vorgesehen sind, wie diese legitimiert und
limitiert werden.
Wie überhaupt sind diese
Rechtsordnungen beschaffen, wie qualifiziert ist die
Verrechtlichung zum gegenwärtigen Zeitpunkt, weisen die
Rechtsordnungen möglicherweise konstitutionelle Züge auf
und anhand welcher Kriterien lässt sich danach fragen?
Um es zugespitzt zu formulieren: je
mehr Transparenz und innere Demokratisierung die Rechtsordnungen
der BWO zulassen, umso leichter lassen sich auch Modalitäten
einer frühzeitigen und qualifizierten Partizipation
aushandeln. Die Art und Weise der Einwirkung der Globalisierung
auf die Verfassung hängt daher wesentlich vom Charakter und
rechtlichen Anspruchsniveau der Rechtsordnungen der
internationalen Wirtschaftsorganisationen ab. Mit dieser
Problematik, die sich am besten von der Gründungsgeschichte
der Bretton Woods Institutionen her verdeutlichen lässt,
möchte ich mich in meinem Referat näher befassen.
II. Zur Gründungsgeschichte
der Bretton Woods Institutionen
In der Globalisierung haben
Internationalisierungsprozesse in der Technik, in den
Kommunikationsmedien, in der Ökonomie, der Kultur, der
Politik und auch im Recht eine historisch neuartige Qualität
und Dimension angenommen. Seit langem bestehen auch in der
westlich dominierten Weltwirtschaft transnationale Institutionen
und Nongovernmental Organisations. Diese erwecken den Anschein,
als seien sie speziell für die Anforderungen der
Globalisierung geschaffen worden. Tatsächlich existieren
Organisationen wie Weltbank und IMF seit der Mitte der 40er Jahre
des 20. Jahrhunderts. In ihren Gründungsverträgen wurde
Funktionen festgeschrieben, die noch nichts mit dem
Globalisierungsdruck unserer Tage zu tun haben. Dennoch kann nicht
davon gesprochen werden, dass Weltbank und IMF lediglich auf die
Globalisierung reagieren. Sie haben diesen Prozess vielmehr selber
aktiv befördert und auch zu gestalten versucht. Dies lehrt
ein Rückblick auf die Geschichte beider Organisationen.
Weltbank und IMF gehören zu den
von Staaten ins Leben gerufenen internationalen Organisationen.
Ihre Entstehung fällt in die Vor- und Gründungsgeschichte
der UN. Auf Initiative des amerikanischen Präsidenten
Roosevelt nahmen die „unter der Bezeichnung ‚Vereinte
Nationen’ gegen die Achsenmächte operierenden
Kriegsalliierten“ (Tetzlaff 1996) während des II.
Weltkrieges Verhandlungen über eine neue
Weltwirtschaftsordnung als Teil einer völkerrechtlich
geregelten Nachkriegsordnung auf. In der zwischen Roosevelt und
Churchill vereinbarten Atlantic Charta (1941) wurde in diesem
Zusammenhang das Ziel formuliert, „ allen Staaten, großen
und kleinen, Siegern und Besiegten, zu gleichen Bedingungen den
Zugang zum Welthandel und zu den Weltrohstoffen, die für ihr
wirtschaftliches Gedeihen nötig sind, zu ermöglichen“.
Mehrjährige Vorbereitungen,
insbesondere zwischen den USA und Großbritannien, mündeten
schließlich in eine Initiative von historischer Tragweite.
Im Juli 1944 wurde in Bretton Woods, New
Hampshire, USA die „United Nations Monetary and Financial
Conference“ veranstaltet. Der Einladung folgten 44
Staaten, darunter an prominenter Stelle auch die UdSSR. Im
Mittelpunkt der Konferenz stand die Gründung zweier
unabhängiger und allen Staaten offen stehender, mit
„geschriebenen Regeln“ ausgestatteter Organisationen
mit dem Mandat, auf definierten Aufgabenfeldern zur Lösung
weltwirtschaftlicher Probleme aktiv beizutragen.
Auf der Konferenz wurden Konzepte
und Vorschläge des späteren U.S. Executive Director des
IMF, Harry Dexter White, und des britischen
Wirtschaftstheoretikers John Maynard Keynes diskutiert. Während
sich 1944 im wesentlichen White durchsetzte, wurde später auf
Vorschläge von Keynes zurückgegriffen. „Während
die Vertreter der Industriestaaten vor allem über die
Ausgestaltung des Währungsfonds debattierten, hatten die
Vertreter der wenigen Entwicklungsländer (Mexiko, Indien,
Äthiopien, Liberia) ein stärkeres Interesse an der
Entwicklungsbank. Die in der Folge der Bretton-Woods-Konferenz
errichtete ‚Internationale Bank für Wiederaufbau und
Entwicklung’ (englisch: ‚International Bank for
Reconstruction and Development [IBRD], für die sich der Name
‚Weltbank’ eingebürgert hat) blieb in ihrer
vertraglichen Aufgabenstellung hinter den von Harry Dexter White
entwickelten Vorstellungen deutlich zurück, indem sie u.a.
nicht das Mandat erhielt, eine internationale
Rohstoffentwicklungsgesellschaft sowie eine Institution zur
Preisstabilisierung bei bestimmten grundlegenden Gütern zu
finanzieren – Forderungen, die in ähnlicher Weise
später in den 70er Jahren im Rahmen der Diskussion um eine
‚Neue Weltwirtschaftsordnung’ von der Dritten Welt mit
Nachdruck erhoben wurden.“
Ende Dezember 1945 – nach
Ratifizierung des IMF-Abkommens durch 29 Staaten – nahm der
IMF seine Geschäfte auf. Geschäftssitz war – wie
wenig später im Falle der Weltbank – Washington D.C.
Das Weltbankabkommen trat im Dezember 1945 in Kraft, im Juni 1946
nahm die Weltbank ihre Geschäftstätigkeit auf.
Im Jahre 2000 zählte die
Weltbank 181 Mitglieder, die insgesamt Kapitalanteile von ca. 176
Mrd. US-Dollar zeichneten. Die BRD trat 1951 bei, ihr Anteil am
Kapital betrug 2000 4, 63 %. Die Mitgliedschaft in der Weltbank
(IBRD) setzt die Mitgliedschaft im IMF voraus. Der IMF hatte im
Jahre 2000 182 Mitglieder. Die Weltbank genießt laut Art.
VIII, Abschn. 2 der Articles of Agreement, die vollen Rechte einer
juristischen Person und ist befugt, Verträge abzuschließen,
bewegliches und unbewegliches Eigentum zu erwerben und darüber
zu verfügen sowie Prozesse zu führen. Seit einem 1947
abgeschlossenen Vertrag unterhält die Weltbank formelle
Beziehungen zur UNO. Nach Art. 57 der UN-Charta gilt sie als
„specialized agency“ der UN mit voller Unabhängigkeit
in ihren geschäftspolitischen Entscheidungen. Weltbankkredite
werden auf der Basis von Regierungsabkommen zwischen
kreditnehmendem Land und der Bank geschlossen, die Teil des
internationalen Rechts sind. Jedes Kreditabkommen wird unter Art.
102 der UN-Charta dem Generalsekretär der Vereinten Nationen
gemeldet. Nach der 1980 in die „General Conditions
Applicable to Loan and Guarantee Agreements“ aufgenommenen
„Internationalisierungs-Klausel“ sind nach den
„General Conditions“ abgeschlossene Kreditabkommen
„unabhängig vom Gesetz eines Staates mit gegenteiliger
Bestimmung“ gültig und durchsetzbar.
III. Haben die Rechtsordnungen
internationaler Wirtschaftsorganisationen konstitutionelle Züge?
Die BWO sind als zwischenstaatliche
Organisationen ein besonderer Machttyp akkumulierten
Finanzkapitals, der sich auf die Wirtschaftskraft der stärksten
Mitgliedsstaaten stützen kann. Ich hätte auch sagen
können „eine Herrschaftsform akkumulierten
Finanzkapitals“, doch ich ziehe es vor, im Hinblick auf die
verschiedenen gesellschaftlichen Funktionsbereiche von
Machtpotentialen bzw. Machtverhältnissen zu sprechen. Der
Begriff der Herrschaft sollte vielleicht auf den Bereich der
politischen Machtausübung begrenzt werden. Auf jeden Fall
müssten Kriterien genannt werden, um Herrschaft als eine
spezielle Form von Macht zu kennzeichnen.
So finde ich beispielsweise in
Dieter Grimms Abhandlung „Ursprung und Wandel der
Verfassung“ eine Erörterung der Beziehungen zwischen
politischer Herrschaft, die durch die Verfassung legitimiert ist
und sozialen Machtverhältnissen, die sich innerhalb der
gesellschaftlichen Sphäre des Privaten bilden. Grimm betont,
dass die sozialen Machtverhältnisse nicht einfach
ausgeschaltet oder neutralisiert werden können und schreibt:
„Jede normative Verfassung trifft auf Machtverhältnisse
aller Art. Verfassungen, die, vermittelt über die
Individualfreiheit, den gesellschaftlichen Subsystemen Autonomie
einräumen und davon auch die Wirtschaft, die Medien etc.
nicht ausnehmen, lassen ihre Bildung sogar ausdrücklich zu.
Die rechtliche Verfassung bewirkt aber, dass soziale Macht nicht
umstandslos in geltendes Recht oder andere kollektiv verbindliche
Entscheidungen umgesetzt werden kann. Sie muss sich vielmehr auf
einen Prozess einlassen, in dem bestimmte Regeln gelten, die unter
der Prämisse formuliert wurde, dass sie zu
gemeinverträglichen Ergebnissen führen.“
Dies halte ich für eine sehr
wichtige Überlegung, die auch im Hinblick auf die
Verrechtlichung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen
Bedeutung hat. Die Rechtsordnungen der internationalen
Wirtschaftsorganisationen haben nicht zuletzt die Aufgabe zu
verhindern, dass die in ihren Befugnissen und Druckmitteln
verkörperte Macht umstandslos in kollektiv verbindliche
Entscheidungen umgesetzt wird. Die BWO haben die Macht,
kreditabhängigen Ländern Konditionen zu diktieren.
Die Rechtsordnungen haben dafür zu sorgen, dass die Ausübung
dieser Macht bestimmten Regeln folgt, die unter der Prämisse
formuliert wurden, dass sie „zu gemeinverträglichen
Ergebnissen führen“.
In diesem Kontext gewinnt die
Diskussion über konstitutionelle Züge in den
Rechtsordnungen der BWO besondere Bedeutung. Die Diskussion
erfordert jedoch, bestimmte Kriterien zu formulieren. Solche
Kriterien müssen zunächst am Verfassungsbegriff selber
orientiert sein. Darüber hinaus müssen Möglichkeiten
„anspruchsvoller“ Verrechtlichung erwogen werden, die
nicht in eine äußere Konstitutionalisierung münden.
Eine Schlüsselfrage bleibt hierbei, wie weit „
Errungenschaften des Konstitutionalismus“ (Grimm) über
den Rahmen des Nationalstaates hinaus bewahrt werden können.
Selbstverständlich ist diese Frage im Hinblick auf einen
Staatenbund wie die EU anders zu beantworten als im Hinblick auf
internationale Wirtschaftsorganisationen wie die BWO. Im Hinblick
auf letztere wäre zu fragen, wie weit einzelne Prinzipien aus
dem „konstitutionellen Programm“ (das insgesamt den
Verfassungsstaat einschließt) herausgelöst
werden können. Dies beträfe Prinzipien wie die
Legeshierarchie bzw. den Vorrang der Satzung im Sinne einer
normativen Grundordnung, konsensfähige Grundsätze von
längerfristiger Geltung, eine prozedural geregelte
Konsensorientierung, einen demokratischen Rahmen der
Gremienbesetzung und internen Machtverteilung, die Legitimation
der in spezifischen Formen der Konditionalität und Inspektion
ausgeübten Macht.
Ich möchte mich im folgenden
auf drei Fragekomplexe konzentrieren, die teilweise am
Verfassungsbegriff orientiert sind, teilweise aber auch an der
Reformdiskussion innerhalb und außerhalb der BWO.
(1) Enthalten die Rechtsordnungen
der BWI konsensfähige Grundorientierungen (Ziele,
Prinzipien)?
(2) Wie ist die notwendige
Konsensfindung prozedural geregelt und in welchem Maße
erlauben die Rechtsordnungen eine Kontrolle und Umverteilung der
in den BWI verkörperten und durch sie ausgeübten Macht?
Wie weit ermöglichen sie die Partizipation der von den
Entscheidungen betroffenen Akteure?
(3) Gibt es einen
Streitbeilegungsmechanismus, wie er für die Verrechtlichung
der Wirtschaftsbeziehungen im Globalisierungsprozess eine
unabdingbare Vorrausetzung darstellt?
III. Sind die Zielkataloge der
Bretton-Woods-Institutionen global bedeutsam und konsensfähig?
Die BWI haben jeweils einen
Gründungsvertrag, der „die oberste Normstufe innerhalb
der Rechtsordnung“ darstellt; er geht dem „übrigen
primären und sekundären Organisationsrecht“ vor.
Der Vorrang der Satzung könnte als ein konstitutioneller Zug
der Rechtsordnungen der BWI betrachtet werden. So hat die Satzung
des IMF Vorrang vor nachgeordneten „By-Laws“ und
„Rules and Regulations“, die in Anpassung an die
jeweils bestehenden Verhältnisse von den Organen des IMF
geändert werden können.
Die Satzung des IMF wurde bislang dreimal geändert. „Ende
der 60er Jahre wurden Regelungen über Sonderziehungsrechte
eingefügt, 1978 brachte die 2. Satzungsnovelle vor allem eine
Änderung des Art. IV, die Legalisierung bereits zuvor weithin
praktizierter flexibler Wechselkurse -, eine dritte, eher
marginale Änderung erfolgte 1991/92.“
Auch die Satzungsänderung von
1978 betraf nicht die Grundsätze, sondern die Ausgestaltung:
das internationale Währungssystem wurde vom anfangs
vereinbarten Golddevisenstandard mit dem US-Dollar als Leitwährung
auf flexible Wechselkurse umgestellt. Darüber hinaus wurde
ein generelles Flexibilisierungsgebot in den geänderten Art.
IV der Articles of Agreement hineingeschrieben.
Insgesamt lässt sich eine große
Kontinuität der BWO im Verfolgen der Prinzipien und Normen
und wachsende Flexibilität in Prozeduren und konkreten
Arbeitsaufgaben feststellen. Das liegt auch daran, dass sich die
obersten Ziele, wie sie etwa in der Satzung des IMF niedergelegt
sind, als dauerhaft konsensfähig erwiesen haben. So dienen
alle Anstrengungen, „die Ausweitung und ein ausgewogenes
Wachstum des Welthandels zu erleichtern“, dem übergeordneten
Ziel, „zur Förderung und Aufrechterhaltung eines hohen
Beschäftigungsgrads und Realeinkommens sowie zur Entwicklung
des Produktionspotentials aller Mitglieder“ beizutragen
(Art. I Ziele (ii) Articles of Agreement). Der Zielkatalog des IMF
ist nicht ohne Diskussion und Kompromiss zustande gekommen.
So fanden spezifische Interessen der
Entwicklungsländer keine ausdrückliche Berücksichtigung.
Ein Beispiel:
„Indiens Antrag, in den
Zielkatalog der Organisation die Formel aufzunehmen, der Fonds
solle ‚ökonomisch unterentwickelte Länder bei der
besseren Nutzung ihrer Ressourcen unterstützen’, wurde
schon damals mit dem Argument abgelehnt, beim IWF handele es sich
um eine Organisation mit allein währungspolitischen
Funktionen; für Entwicklungsprobleme sei die Weltbank
zuständig. Immerhin erreichte Indien, dass im Zielkatalog des
IWF gleichberechtigt neben der vor allem auf Industrieländer
gemünzten ‚Förderung eines hohen
Beschäftigungsgrades und Realeinkommens’ die
‚Entwicklung des Produktionspotentials aller Mitglieder’
erscheint (Art. I, 2). Dieser Passus begründet zweifellos
eine entwicklungspolitische Verantwortung des IWF; auf ihn können
sich die Entwicklungsländer heute berufen, wenn sie eine
stärkere Berücksichtigung ihrer Belange in der
IWF-Politik fordern.“
Geleitet von den Zielen und
Grundsätzen verpflichteten sich die Mitgliedsstaaten des IMF
zur Einhaltung vereinbarter Regeln und zu enger Zusammenarbeit in
Fragen der internationalen Währungspolitik und des
zwischenstaatlichen Zahlungsverkehrs. Dafür konnten sie auf
gegenseitige Hilfe zur Überwindung von
Zahlungsbilanzdefiziten rechnen.
Aufgrund sich verändernder
historischer Anforderungen und Problemlagen durchlief der IMF in
der konkreten Arbeitsweise einen stets von Kritik begleiteten
Funktionswandel vom Währungshüter zum weltweiten
„Finanzpolizisten“ und schließlich zum
Krisenmanager bei Verschuldungsproblemen. „Erst in den 70er
Jahren, zwei Jahrzehnte nach seiner Gründung, rückte der
Internationale Währungsfonds in den Mittelpunkt des
öffentlichen Interesses: Zahlungsbilanz- und
Verschuldungskrisen zwangen immer mehr Entwicklungsländer,
sich an den IWF zu wenden und Stabilisierungsprobleme
auszuhandeln. Nur so war und ist ein IWF-Bereitschaftskredit zu
erhalten, der allein die Kreditwürdigkeit auf den
internationalen Finanzmärkten wiederherstellt. Der IWF wurde
zur mächtigsten internationalen Organisation des 20.
Jahrhunderts, die mit ihrer Auflagenpolitik Wohl und Wehe eines
Großteils der Menschheit entscheidend beeinflusst.“
Auch in den Articles of Agreement
der Weltbank sind konsensfähige Ziele formuliert, so in
Artikel III (iii): „Ein auf lange Sicht ausgewogenes
Wachstums des internationalen Handels und die Aufrechterhaltung
des Gleichgewichts der Zahlungsbilanzen durch die Anregung
internationaler Investitionen zwecks Entwicklung der
Produktionsquellen von Mitgliedern zu fördern und damit zu
einer Hebung der Produktivität, des Lebensstandards und der
Arbeitsbedingungen im Bereich ihrer Territorien beizutragen.“
In Art. I (i) wurde neben der Wiederherstellung kriegszerstörter
oder –zerrütteter Volkswirtschaften auch schon die
Entwicklung von Produktionsanlagen und Hilfsquellen in weniger
entwickelten Ländern als Ziel formuliert. Die Weltbank weist
verschiedene satzungsbedingte Eigentümlichkeiten auf (nach
Tetzlaff).
(1) Obwohl sie eine
zwischenstaatliche Organisation ist und die Mitgliedsstaaten
gleichzeitig Eigentümer der Bank sind, finanziert sich die
Weltbank in erster Linie durch Anleihen auf den internationalen
Kapitalmärkten.
(2) Interpretationsbedürftig
ist der Begriff „produktive Projekte“; die
Interpretation hat sich im Laufe der Jahrzehnte gewandelt.
(3) Weltbankkredite dürfen in
der Regel nur für den Devisenbedarf von Projekten, nicht auch
für anfallende Kosten in der lokalen Währung verwendet
werden.
(4) Jedes Investitionsrisiko liegt
beim Empfängerstaat.
(5)Weltbankkredite unterliegen
strengen Kriterien der Wirtschaftlichkeit.
(6) Die Weltbank fungiert nur als
„lender of last resort“; wenn andere Möglichkeiten
für Darlehen zu angemessenen Bedingungen nicht bereitstehen.
(7) Weltbankprojekte werden
international ausgeschrieben.
(8) Die Bank ist zur Neutralität
in Fragen des politischen Systems der Mitgliedsstaaten
verpflichtet. Es ist aber erwähnenswert, dass gerade Recht
und Justiz nicht zu den politischen Angelegenheiten gezählt
werden.
(9) Weltbankkredite werden, wie
bereits erwähnt, auf der Basis von Regierungsabkommen
geschlossen und sind Teil des internationalen Rechts.
(10) Es muss aber hervorgehoben
werden, dass die Weltbank nicht isoliert zu betrachten ist. Durch
die Gründung von Tochtergesellschaften entstand die so
genannte Weltbankgruppe. Durch die Arbeitsteilung zwischen der
Weltbank und den verschiedenen Tochtergesellschaften haben sich
das Operationsfeld und das Instrumentarium enorm erweitert.
1956 wurde die International Finance
Corporation (IFC) gegründet. Da die Statuten der Weltbank als
Kreditnehmer nur Regierungen zuließen und die Beteiligung an
privaten Unternehmen ausschlossen, übernahm die IFC laut
Satzung die Aufgabe, die wirtschaftliche Entwicklung durch
„Förderung produktiver privater Unternehmen in dem
Mitgliedsländern – insbesondere in den weniger
entwickelten Gebieten – zu unterstützen“. 1960
wurde die International Development Association (IDA) ins Leben
gerufen. Die IDA-Kredite sind zinslos und haben eine Laufzeit von
fünfzig Jahren mit einer tilgungsfreien Anlaufperiode von
zehn Jahren. Die „weichen“ IDA-Konditionen (soft
loans) kamen besonders armen Ländern entgegen. 1988 entstand
mit der Multilateral Investment Guarantee Agency (MIGA) eine
Tochtergesellschaft zur Förderung ausländischer
Direktinvestitionen für produktive Zwecke. Mit ihren
Tochtergesellschaften bildet die Weltbank die sogenannte
Weltbankgruppe.
Die strategische und
projektspezifische Umsetzung der Ziele und Grundsätze der
Weltbank unterlag ebenso wie im Falle des IMF einem historischen
Wandel und war stets von Auseinandersetzungen begleitet. In diesen
intern und extern geführten Auseinandersetzungen wurde
jeweils um eine neues Selbst- und Funktionsverständnis der
Weltbank gerungen; im Extremfall wurde die Daseinsberechtigung der
Bank in Frage gestellt. Nach dem jeweiligen Selbst- und
Funktionsverständnis der Weltbank lassen sich verschiedene
Phasen ihrer Entwicklung unterscheiden.
In einer ersten Phase (etwa
bis zum Ende der 60er Jahre) überwog die „unbekümmerte
Modernisierung“ (Tetzlaff) durch kapital- und
technologieintensive Infrastrukturprojekte (Kraftwerke,
Autobahnen, Eisenbahnen, Häfen, Staudämme und
Fernmeldesysteme).
In der zweiten Phase, der
Amtszeit des Weltbankpräsidenten Robert McNamara (70er
Jahre), widmete sich die Weltbank der direkten Bekämpfung der
ländlichen Armut und sozialen Ungleichheit zwischen Nord und
Süd. Die Strategie des investment in the poor
scheiterte jedoch an unzulänglichen Mitteln und an vielfachem
Widerstand selbst unter den Weltbankgouverneuren.
Die dritte Phase (etwa ab
1982) ist durch Strukturanpassungsprogramme für hoch
verschuldete kreditabhängige Staaten charakterisiert; mit den
hierdurch geschaffenen Druckmitteln sollte das von neoliberalen
Wirtschaftstheoretikern kritisch analysierte so genannte
Staatsversagen in vielen Entwicklungsländern korrigiert
werden. Im Verlaufe der 90er Jahre erwiesen sich die neoliberalen
Strukturanpassungsprogramme mehr und mehr als ungeeignet,
Fortschritte in der Armutsbekämpfung und einer
umweltverträglichen Wirtschaftsentwicklung zu erzielen.
Seit der Mitte der 90er Jahre (1995
wurde das 50jährige Jubiläum der Weltbank kritisch
begangen) begann sich eine vierte Phase abzuzeichnen, die
sich durch anhaltende Reformdebatten und –anstrengungen
innerhalb und außerhalb der BWO kennzeichnen lässt.
V. Kann eine bestimmte
Wirtschaftsordnung konstitutionell begründet bzw. legitimiert
werden?
Die Rechtsordnungen der BWO
enthalten kein ausdrückliches Bekenntnis zur Marktwirtschaft.
Eine solche Option ist jedoch stillschweigend vorausgesetzt. Es
ist aber keine konkrete Ausgestaltung marktwirtschaftlicher
Grundsätze präjudiziert, sonst hätte sich die UdSSR
wohl kaum an den Gründungsverhandlungen in Bretton Woods
beteiligt. Dass die BWO auch marktwirtschaftliche Experimente und
Entwicklungen innerhalb einer als sozialistisch definierten
Grundordnung unterstützt, zeigt das Beispiel Chinas.
China hat 1980 die Mitgliedschaft im
IMF und in der Weltbank erworben und wurde in wenigen Jahren zum
zuverlässigsten Kunden der BWO mit hoher Rückzahlungsmoral.
Im Unterschied zur kurzfristigen Stabilisierungshilfe des IMF
gestaltete sich die Unterstützung Chinas durch die Weltbank
zu einer engen Dauerpartnerschaft. Seit 1993 ist China zum
fünftwichtigsten Darlehensnehmer der Weltbank und zum größten
Empfänger von IDA-Krediten geworden.
Das in den Rechtsordnungen
implizit enthaltene marktwirtschaftliche Credo der BWO ließ
immer wieder Interpretationsfragen entstehen, wie die
Marktwirtschaft konkret und effektiv auszugestalten wäre. Der
konzeptionelle Mitbegründer der BWO, der englische
Wirtschaftstheoretiker John Maynard Keynes, dessen Einfluss bis
zum Ende der 60er Jahre prägend war, hatte ganz andere
Vorstellungen über das Verhältnis zwischen Wirtschafts-
bzw. Finanzpolitik und spontanen Marktordnungen als die
neoliberalen Theoretiker aus der Schule Friedrich von Hayeks, die
in den 70er und 80er Jahren zunehmend an Einfluss gewannen.
Inzwischen haben unweltrelevante
Technikfolgen und energiepolitische Aspekte des Wachstums dazu
geführt, dass sich in der Wirtschaftswissenschaft ein neues
Forschungs- und Lehrgebiet etabliert hat: sein Gegenstand ist das
so genannte Marktversagen. Die Mikroökonomie beschäftigt
sich hierbei mit so genannten marktexternen Effekten des Marktes.
Per definitionem liegen marktexterne Effekte immer dann vor, „
wenn die Gewinn- bzw. Nutzensfunktion eines Akteurs Einflüsse
enthält, die nicht vollständig von ihm kontrolliert
werden“.
Hauptsächlich werden jedoch
negative marktexterne Effekte von Technologien im Umweltbereich
behandelt; diese lassen sich dadurch charakterisieren, dass ein
wirtschaftlicher Akteur nicht sämtliche von ihm verursachten
Schäden und Kosten selbst trägt. Nur durch
Staatseingriff (in Form von Steuern, Abgaben, aber auch auf dem
rechtlichen Weg von Verordnungen) kann für Kompensation
gesorgt werden. Marktversagen äußert sich in diesem
Falle darin, dass die spontane Marktordnung kein
umweltverträgliches Wachstum garantieren kann.
Die auf Armutsbekämpfung
abzielenden Strukturanpassungsprogramme der BWO haben aufgrund
ihrer Fehlschläge die Thematik des Marktversagens um einen
weiteren wichtigen Aspekt erweitert; dieser hat in die Lehrbücher
allerdings noch keinen Eingang gefunden. In den
Strukturanpassungsprogrammen der BWO waren Sparzwänge
enthalten wie Kürzung der Staatsausgaben durch fiskal-, geld-
und kreditpolitische Maßnahmen und Deregulation von Märkten
und Preisen. Abgeschafft wurden hierbei aber auch
Preissubventionen für Grundbedarfsartikel zum Vorteil der
Armen. Die geforderte Kürzung der Staatsausgaben betraf
oftmals Sozialressorts wie Bildung und Gesundheit.
In diesem Kontext gewann die
Unterscheidung zwischen privaten und öffentlichen Gütern
neue Brisanz. Nach Fritsch, Wein und Ewers soll die Bezeichnung
öffentliches Gut darauf hinweisen, „dass die
betreffenden Güter oder Dienstleistungen in kollektiver bzw.
staatlicher Regie erbracht werden müssen, weil der Markt bei
ihrer Bereitstellung versagt. Güter, bei denen der Markt ohne
spezielle Eingriffe das gesellschaftliche erwünschte Ergebnis
bewirkt, werden demgegenüber als ‚private Güter’
bezeichnet“.
Öffentliche Güter können unentgeltlich und
unabhängig von der Zahl individueller Nutzer in Anspruch
genommen werden.
Für die Armutsbekämpfung
ist es unerlässlich, Leistungen mit dem Charakter
öffentlicher Güter zu erbringen. „Ein zu geringes
Angebot solcher Güter wird z. B. bei der Vorbeugung und
Bekämpfung von Infektionskrankheiten sowie in der Forschung
zur landwirtschaftlichen Produktivitätssteigerung gesehen.
Auch die unzureichenden Anstrengungen zur Entwicklung eines
Impfstoffs gegen Malaria lassen sich als armutsbezogenes
Marktversagen kennzeichnen. Da es in den betroffenen armen
Regionen an kaufkräftiger Nachfrage mangelt, fehlt es den
Pharma-Unternehmen an finanziellen Anreizen für entsprechende
(…) Aktivitäten.“
Daraus ergibt sich beispielsweise die Frage, ob es der Weltbank
prinzipiell möglich wäre, als „Mittler und
Koordinator bei der Bereitstellung internationaler öffentlicher
Güter zur Armutsbekämpfung“ tätig zu werden.
Es verwundert nicht, dass in den
Diskussionen über konstitutionelle Züge in den
Rechtsordnungen der internationalen Wirtschaftsorganisationen die
Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Konstitutionellen und
dem Wirtschaftlichen in den Mittelpunkt rückte.
Hierzu gibt es ein historisches
Exempel, das allerdings in einem nationalstaatlichen Rahmen
angesiedelt ist.In den frühen Jahren der Bundesrepublik wurde
darüber gestritten, ob sich aus dem Grundgesetz das System
der sozialen Marktwirtschaft als Verfassungsprinzip ableiten ließ.
„So wurde unter Berufung auf die ‚Rechtsordnungen der
westlichen Kulturstaaten’ und den ‚allgemeinen und
bekannten Begriff der Marktwirtschaft’ behauptet, dass die
Freiheitsrechte der Art. 2 und 12 GG eine Garantie für die
Institutionen des Wettbewerbs und der sozialen Marktwirtschaft
enthielten. Mit dieser nicht spezifizierten Argumentation sollte
ein bestimmtes wirtschaftspolitisches Programm zum Leitfaden der
Verfassungsauslegung gemacht werden. Sie ist deshalb zu Recht
abgelehnt worden. Nachdem der Streit um die Wirtschaftsverfassung
des Grundgesetzes durch die in ständiger Rechtssprechung des
Bundesverfassungsgerichts anerkannte ‚wirtschaftspolitische
Neutralität’ des Grundgesetzes an Bedeutung verloren
hat, bleibt der Begriff der Wirtschaftsverfassung im europäischen
Gemeinschaftsrecht aktuell.“
Angesichts der Trennung der Sphären
von Staat und Gesellschaft als historischer Vorraussetzung des
Konstitutionalismus dürfte grundsätzlich klar sein, wo
der Platz der Wirtschaft ist. Sie ist ein besonderer
Funktionsbereich, dessen Einfluss sich auf die gesellschaftlich
Sphäre des Privaten in ihrer Gesamtheit erstreckt.
Andererseits gehört die freie Verfügung über
Privateigentum zu den Individualfreiheiten, die der Staat
verfassungsgemäß zu schützen hat. Dies war die
konstitutionelle Grundlage für die Entfaltung
wirtschaftlicher Aktivitäten in Form von
Kapitalinvestitionen, Wettbewerb, Marktorientierung.
Insofern hat die Marktwirtschaft
einen konstitutionellen Bezug. Dies betrifft aber nur die
Idealkonstruktion eines freien, durch faire Konkurrenz
charakterisierten Marktes. Es bedeutet in keiner Weise, dass das
Recht in den Dienst der Wirtschaft gestellt werden darf. In diesem
Sinne behält die wirtschaftspolitische Neutralität des
Grundgesetzes seine Bedeutung.
VI. Wie sind Machtfragen und
Konsensfindung in den Bretton-Woods-Institutionen prozedural
geregelt?
Oberstes Entscheidungsgremium des
IMF ist der Gouverneursrat, in den jedes Mitgliedsland einen
Gouverneur und einen Stellvertreter entsendet. Die laufende
Geschäftstätigkeit ist dem Exekutivdirektorium
übertragen. Es besteht aus 24 Direktoren. Fünf werden
auf Grund der Quotenbeteiligung an der Kapitalausstattung des IMF
von den USA, Deutschland, Japan, Frankreich und Großbritannien
ernannt. Die restlichen Direktoren vertreten Mitgliedsländer,
die jeweils in Gruppierungen zusammengefasst werden, sie werden
alle zwei Jahre gewählt. Saudi Arabien, China und Russland
fungieren jeweils als eigenständige Gruppe. Die
Jahresversammlung der IMF-Gouverneure wird zusammen mit der
gleichzeitig stattfindenden Jahresversammlung der
Weltbank-Gouverneure abgehalten. Grundlegende Beschlüsse
werden in den Plenarsitzungen der Gouverneure nur selten gefasst.
Vorbereitung und Formulierung von Beschlussvorlagen erfolgt
zunächst im 1970 gebildeten Interimsausschuss, der formell
zwar nur eine beratende Funktion hat, de facto aber selber zu
einem Leitungsgremium der IMF geworden ist. Im Jahre 2000 wurde
der Interimsausschuss in das International Monetary and Finance
Committee (IMFC) umgewandelt. Diesem Komitee gehören 24
IMF-Gouverneure aus Ländern an, die auch im
Exekutivdirektorium einen Sitz haben. Die vom Interimsausschuss
unterbreiteten Vorschläge werden im Exekutivdirektorium
diskutiert und weiterbearbeitet bis ein entscheidungsreifes Papier
vorliegt. Der Gouverneursrat behält sich das Recht vor, im
schriftlichen Abstimmungsverfahren eine Entscheidung
herbeizuführen, wenn diese nicht schon im Exekutivdirektorium
gefallen ist.
Bei Abstimmungen im Gouverneursrat und im Direktorium entscheidet
normalerweise die einfache Mehrheit. Statutenänderungen
erfordern grundsätzlich eine Mehrheit von drei Fünfteln
der Mitglieder und 85 Prozent der gesamten Stimmenzahl. Der
geschäftsführende Direktor, dem es formell obliegt,
Vorschläge zu unterbreiten, ist verpflichtet, sich vor einer
formellen Entscheidung in Konsultationen um einen Konsens zu
bemühen.
Analog zum IMF hat auch die Weltbank
als oberstes Gremium einen auf gleiche Weise gebildeten
Gouverneursrat und ebenso ein Direktorium, in dem die USA,
Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Japan je einen
Direktor stellen. Die restlichen Direktoren werden aus dem Kreis
der Gouverneure gewählt, welche die übrigen Mitglieder
der Weltbank vertreten. Die Weltbank verfügt über
Gebiets- und Projektabteilungen, die vorwiegend operativ tätig
sind. Sie werden durch die volkswirtschaftliche Abteilung
unterstützt, die auf Beratung und Forschung spezialisiert
ist.
Die Weltbankgouverneure tagen einmal
im Jahr, bei Abstimmungen im Gouverneursrat gilt die auf
Kapitalanteile bezogene Länderquote. Auch im Direktorium der
Weltbank sind China und Saudi Arabien innerhalb der Gruppe der
gewählten Direktoren jeweils durch einen eigenen
Exekutivdirektor vertreten. Neben dem Prüfausschuss hat das
Direktorium der Weltbank auch einen Plenarausschuss eingesetzt,
der bestimmte grundsätzliche Angelegenheiten im Hinblick auf
die besonderen Bedingungen einzelner Entwicklungsregionen
diskutiert, bevor sie dem Gesamtgremium zur Abstimmung vorgelegt
werden.
Die grundsätzlich
konsensorientierten Entscheidungsprozeduren im IMF und in der
Weltbank sind durch ein Abstimmungsprinzip beeinträchtigt,
„welches die souveräne Staatengleichheit mit der
jeweiligen Kapitalzeichnung koppelt“.
Nach dem Weltbankabkommen können nur diejenigen Länder
Mitglieder der Weltbank werden, die bereits Mitglieder im IMF
sind. Die Stimmrechte im IMF und demzufolge der Einfluss auf die
Entscheidungen über Kredite und Konditionalität sind an
so genannte Länderquoten gebunden, nach denen die Anteile an
der Kapitalausstattung des IMF verteilt sind. Maßgeblich für
die Quotierung sind bestimmte Indikatoren, die das
weltwirtschaftliche Gewicht der Mitgliedsländer, ihre
Fähigkeit zur Bereitstellung von Ressourcen an den IMF und
ihre potentielle Nutzung von IMF-Mitteln anzeigen. Diese
Indikatoren betreffen Volkseinkommen, Reserven an Gold und
Devisen, Größe und Schwankungen des Außenhandels
sowie Exportabhängigkeit des Landes. Die nach diesen
Kennziffern festgelegte Quote entschied später auch über
die Zuteilung von Sonderziehungsrechten, dem konvertierbaren
Buchgeld des IMF, das dieser als Liquiditätsreserve
eingeführt hat.
Für Abstimmungen in den
Leitungsgremien des IMF verfügt jedes Land über 250
Basisstimmen und je eine weitere Stimme für 100 000 SZR
seiner Quote. Daraus ergibt sich eine Quotenverteilung, der
zufolge allein die EU-Länder und die Vereinigten Staaten fast
die Hälfte aller Stimmen auf sich vereinen.
Das im IMF gehandhabte „Mehrklassenstimmrecht“ gilt
auch in der Weltbank. Satzungsgemäß hat jedes Mitglied
250 Stimmen. Jeder von einem Mitglied gezeichnete Anteil des
Grundkapitals der Bank bringt eine weitere Stimme. Dabei hat jeder
Anteil einen Wert von 100 000 US-Dollar.
In den Bretton-Woods-Institutionen
sind Konsensfindungs- und Entscheidungsprozeduren mit „ungeklärten
Machtfragen“ (Nunnenkamp) verquickt. Seit langem verlangen
Entwicklungs- und Schwellenländer ein stärkeres
Mitspracherecht im IMF. Insbesondere das Stimmengewicht der
asiatischen IMF-Mitglieder bleibt hinter ihrem Anteil am
Welteinkommen zurück. Der von Globalisierungskritikern
vorgetragene Protest gegen die Politisierung von
IMF-Entscheidungen zielt in erster Linie auf die USA, die als
einziges IMF-Land eine Sperrminorität besitzen, doch benannt
wurde ein grundsätzliches Problem. Der Geschäftsführer
des IWF, Horst Köhler, hat diese Kritik bei seinem
Amtsantritt aufgegriffen und als zentrales Ziel formuliert, den
Einfluss nationaler Interessen auf die Entscheidungsprozesse im
IWF zurückzudrängen. („Die ausgeprägte
Neigung der Vereinigten Staaten, den IWF zur Verfolgung
eigennütziger Interessen einzusetzen, lässt dies als
Herkulesaufgabe anmuten. So hat der amerikanische Kongress 1998
seine Zustimmung zu einer allgemeinen Quotenerhöhung an die
Bedingung geknüpft, dass keine IWF-Gelder zur
Subventionierung südkoreanischer Industrien eingesetzt werden
dürften, wenn diese im Wettbewerb mit amerikanischen
Industrien stehen.“
) Die Ungleichgewichte in der gegenwärtigen Quotenverteilung
haben den IMF bewogen, die bisher praktizierte Quotenberechnung
durch eine externe Gutachtergruppe prüfen zu lassen. Nur die
Reform der Quotenberechnung kann den für die Konsensfindung
erforderlichen Meinungs- und Willensbildungsprozess im IMF
prozedural absichern und stärken. Die Quotenreform erfordert
auch eine Überprüfung der Kriterien. Im Jahr 2000 hat
die Quota Formula Review Group den nach ihrem Leiter benannten
Cooper-Report vorgestellt. Vorgeschlagen wurde eine Begrenzung auf
zwei Kennziffern: das Bruttoinlandsprodukt der IMF-Mitglieder und
ihre Krisenanfälligkeit, für die geeignete Indikatoren
noch gesucht werden.
(Gegen eine Reform der
Quotenverteilung hat sich vor allem europäischer Widerstand
geregt. Insbesondere Deutschland pocht auf Bestandswahrung. Das
Bundesfinanzministerium prüft „mögliche Wege zur
Stärkung des europäischen Gewichts im IMF“, die
Bundesbank verwirft jeden Gedanken daran, die Bevölkerungszahlen
der IMF-Mitglieder bei der Quotenberechnung zu berücksichtigen.
Zugleich hat die Bundesbank im Jahre 2000 darauf bestanden, dass
von den Mitgliedsstaaten IMF-Exekutivdirektoren an die Weisungen
der jeweiligen Heimatbehörde gebunden bleiben sollen. „Mit
einem nicht weisungsgebundenen IWF-Direktorium träte man dem
von prominenter Seite (…) geäußerten Verdacht
entgegen, die wirtschaftspolitischen Auflagen des IWF seien nicht
im Interesse von Krisenländern gewesen, sondern auf Druck der
Industrieländer erfolgt. Ein unabhängiges
IWF-Direktorium wäre auch deshalb ein Signal an die
Entwicklungs- und Schwellenländer, weil damit deren Chancen
stiegen, sich argumentativ durchzusetzen und die relativ schwache
formale Repräsentanz zumindest teilweise wettzumachen. In
diesem Zusammenhang gehört auch die Anregung von De Grigorio
et al. (1999), jeweils einen Vertreter jenes Landes zu Sitzungen
des Direktoriums des IWF zuzulassen, über das Entscheidungen
zu treffen sind.“
)
VII. Die Notwendigkeit der
Schaffung internationaler Vergleichs- und Schiedsverfahren im
Globalisierungsprozess
Zur Verrechtlichung der
Wirtschaftsbeziehungen auf globaler Ebene gehört ein
Streitbeilegungsmechanismus wie ihn die WTO in der „Vereinbarung
über Regeln und Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten“
vom 15. April 1994 beschlossen hat. „Durch den 1995
geschaffenen Streitbeilegungsmechanismus, den gerichtsähnliche
Instanzen handhaben, verselbständigt sich das im Wege
völkerrechtlicher Verträge zustande gekommene Recht (…)
von den vertragschließenden Parteien.“
Zu fragen ist, ob die Weltbank nicht ebenfalls über einen
Streitbeilegungsmechanismus verfügt. Zu verweisen wäre
zunächst auf die General Conditions der Weltbank, die für
Loan und Guarantee Agreements eine Schiedsklausel vorsehen.
Kommt es zu einem Streitfall zwischen der Weltbank und einem
Vertragspartner muss nach einer Lösung auf dem
Verhandlungswege gesucht werden. Nach Art. X Abschn. 4 (a) General
Conditions darf nur ein Streitfall dem Schiedsgericht vorgelegt
werden, „which shall not be settled by agreement of the
parties“. In diesem Falle wird ein dreiköpfiges
Schiedsgericht eingesetzt, das Mosler als Ad-hoc-Gericht
bezeichnet.
Die Weltbank als eine Partei sowie Kreditnehmer und Garantiegeber
als Gegenpartei benennen jeweils einen Schiedsrichter. Können
die Schiedsparteien den Präsidenten des Schiedsgerichts nicht
einvernehmlich bestimmen, werden entweder der Präsident des
internationalen Gerichtshofes oder der Generalsekretär der
UNO gebeten, eine entsprechende Ernennung vorzunehmen. Die
Möglichkeit eines bindenden und vollstreckbaren
Schiedsspruchs ist dadurch gegeben, dass bereits die Articles of
Agreements eine bestimmte Sanktion, nämlich die Suspendierung
eines Mitgliedsstaates vorsehen.
Das im Art. X der General Conditions der Weltbank vorgesehene
Schiedsverfahren ist im internen Bankrecht verankert. Der
Weltbankgruppe angeschlossen ist jedoch darüber hinaus das
Internationale Zentrum zur Beilegung von
Investitionsstreitigkeiten (ICSID), das 1965 unter den Auspizien
der Weltbank als selbständiges Institut gegründet wurde.
Das „Übereinkommen zur Beilegung von
Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen
anderer Staaten“ vom 18. März 1965 enthält in der
Präambel die Überlegungen, die zu diesem
Weltbankübereinkommen geführt haben. Die Übereinkunft
erfolgte „EINGEDENK der Notwendigkeit, zugunsten der
wirtschaftlichen Entwicklung international zusammenzuarbeiten, und
eingedenk der Bedeutung, welche internationalen privaten
Investitionen auf diesem Gebiet zukommt, IM HINBLICK DARAUF, daß
im Zusammenhang mit derartigen Investitionen Streitigkeiten
zwischen Streitigkeiten zwischen Vertragsstaaten und Angehörigen
anderer Vertragsstaaten jederzeit entstehen können, IN DER
ERKENNTNIS, daß solche Streitigkeiten zwar für
gewöhnlich Gegenstand innerstaatlicher Verfahren sind, in
bestimmten Fällen jedoch ein internationales Verfahren zu
ihrer Beilegung angebracht sein kann., IN ANBETRACHT der
besonderen Bedeutung, die sie der Schaffung internationaler
Vergleichs- und Schiedseinrichtungen beimessen, denen
Vertragsstaaten und Angehörige anderer Vertragsstaaten auf
Wunsch solche Streitigkeiten unterbreiten können“.
Aufgenommen ist in die Präambel der Wunsch, „derartige
Einrichtungen unter den Auspizien der Internationalen Bank für
Wiederaufbau und Entwicklung zu schaffen“. Betont wird die
Erkenntnis, daß die gegenseitige Einwilligung der Parteien,
solche Streitigkeiten unter Inanspruchnahme der genannten
Einrichtungen einem Vergleichs- oder Schiedsverfahren zu
unterwerfen, eine rechtsverbindliche Vereinbarung darstellt, die
insbesondere erfordert, daß jede Empfehlung der Vermittler
gebührend berücksichtigt und jedem Schiedsspruch
nachgekommen wird“. Eingeräumt wird schließlich,
„daß allein die Ratifizierung, Annahme oder
Genehmigung dieses Übereinkommens durch einen Vertragsstaat
nicht dessen Verpflichtung bedeutet, eine bestimmte Streitigkeit
ohne seine Zustimmung einem Vergleichs- oder Schiedsverfahren zu
unterwerfen“. Hier wird eine umfassende Begründung
dafür geliefert, warum ein Streitbeilegungsmechanimus zu den
unabdingbaren Voraussetzungen einer Verrechtlichung der
Globalisierung gehört. Zugleich wird bereits 1965 die
wachsende Dringlichkeit der Schaffung internationaler Vergleichs-
und Schiedseinrichtungen im Globalisierungsprozess vorweggenommen.
Das Internationale Zentrum für Beilegung von
Investitionsstreitigkeiten besitzt satzungsgemäß einen
Verwaltungsrat, dessen Vorsitzender der Präsident der
Weltbank ist, und ein Sekretariat, dem ein Generalsekretär
vorsteht. „Der Generalsekretär und die
stellvertretenden Generalsekretäre werden auf Vorschlag des
Präsidenten vom Verwaltungsrat mit Zweidrittelmehrheit seiner
Mitglieder auf höchstens sechs Jahre gewählt; ihre
Wiederwahl ist zulässig. Nach Konsultierung der Mitglieder
des Verwaltungsrats schlägt der Vorsitzende einen oder
mehrere Kandidaten für jedes Amt vor.“ (Art. 10 Abs. 1
Weltbankübereinkommen). Daraus geht hervor, dass sich die
Weltbank eine zentrale Stellung im Internationalen Zentrum zur
Beilegung von Investitionsstreitigkeiten gesichert hat. Das Amt
des Generalsekretärs ist unvereinbar mit der Ausübung
eines politischen Amtes, darüber hinaus darf weder eine
abhängige noch eine sonstige berufliche Tätigkeit
ausgeübt werden. Auch die Schiedsgerichtsbarkeit nach dem
Weltbankübereinkommen für Investitionsstreitigkeiten
sieht gerichtsähnliche Instanzen vor. Das Schiedsgericht wird
jeweils auf der Grundlage eines Schiedsrichterverzeichnisses
gebildet, für das jeder Vertragsstaat vier, der Vorsitzende
hingegen zehn Personen benennen kann, es können aber auch
Schiedsrichter ernannt werden, die nicht im
Schiedsrichterverzeichnis geführt sind. Allerdings müssen
sie die in Art. 14 Abs. 1 vorgesehenen Eigenschaften besitzen,
insbesondere müssen sie eine anerkannte Befähigung auf
den Gebieten des Rechts, des Handels, der Industrie oder des
Finanzwesens aufweisen und jede Gewähr dafür bieten,
dass sie ihr Amt unabhängig ausüben werden. Das Gericht
besteht aus einem Einzelschiedsrichter oder einer ungeraden Zahl
von Schiedsrichtern, die entsprechend der Vereinbarung der
Parteien ernannt werden (Art. 37 Abs. 2a). „Können die
Parteien sich nicht über die Anzahl der Schiedsrichter und
die Art ihrer Ernennung einigen, so besteht das Gericht aus drei
Schiedsrichtern, wobei jede Partei einen Schiedsrichter ernennt
und der dritte, der den Vorsitz im Gericht führt, im
gegenseitigen Einvernehmen von den Parteien ernannt wird.“
(Art. 37 Abs. 2b) „Die Mehrheit der Schiedsrichter muß
anderen Staaten als demjenigen, der Streitpartei ist, und als
demjenigen, dessen Angehöriger Streitpartei ist, angehören;
diese Bestimmung findet jedoch keine Anwendung, wenn die Parteien
im gegenseitigen Einvernehmen den Einzelschiedsrichter oder alle
Mitglieder des Gerichts ernennen.“ (Art. 39) In Kapitel III
und IV des Weltbankübereinkommens sind die Regelungen des
Vergleichs und des Schiedsverfahrens im einzelnen niedergelegt.
Eine rechtstheoretische Bewertung fordern insbesondere die Artikel
42 und 54 heraus. In Artikel 42 Abs.1 heißt es: „Das
Gericht entscheidet die Streitigkeit gemäß den von den
Parteien vereinbarten Rechtsvorschriften. Liegt eine solche
Vereinbarung nicht vor, so wendet das Gericht das Recht des
Vertragsstaats, der Streitpartei ist, - einschließlich
seines internationalen Privatrechts – sowie die
einschlägigen Regeln des Völkerrechts an.“ Und in
Art. 54 Abs. 1 wird zur Anerkennung und Vollstreckung des
Schiedsspruchs ausgeführt: „Jeder Vertragsstaat erkennt
jeden im Rahmen dieses Übereinkommens erlassenen
Schiedsspruch als bindend an und sorgt für die Vollstreckung
der darin auferlegten finanziellen Verpflichtungen in seinem
Hoheitsgebiet, als handle es sich um ein rechtskräftiges
Urteil eines seiner innerstaatlichen Gerichte. Ein Vertragsstaat
mit bundesstaatlicher Verfassung kann für die Vollstreckung
des Schiedsspruchs durch seine Bundesgerichte sorgen und
bestimmen, daß diese einen derartigen Schiedsspruch als
rechtskräftiges Urteil der Gerichte eines Gliedstaats
behandeln.“
Am 25. Februar 1969 hat der
Bundestag ein deutsches Zustimmungsgesetz zum
Weltbankübereinkommen beschlossen. Das Internationale Zentrum
zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten hat sich als
Streitbeilegungsforum für internationale
Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und ausländischen
Kapitalgebern etabliert.
VIII. Zusammenfassung
Man kann nicht sagen, dass die
Verrechtlichung der BWO bisher konstitutionellen Charakter trägt.
Die Rechtsordnungen sind nicht konstitutionalisiert im strengen,
„anspruchsvollen“ Sinn von Verfassung. Aber sie weisen
in bestimmter Hinsicht konstitutionelle Züge auf, die als
Analoga zu einzelnen konstitutionellen Prinzipien gelten können.
Solche Analoga sind der Vorrang der
Satzung als normativer Grundordnung, konsensfähige Ziele und
Grundsätze, prozedural geregelte Konsensorientierung und
Transparenz von Entscheidungsprozessen; Kontrolle der
Machtverteilung und –ausübung; Tendenz zur erweiterten
Partizipation und Streitbeilegungsmechanismen mit
gerichtsähnlichen Instanzen. Was fehlt, ist der
konstitutionsfähige Gegenstand im Sinne eines strengen
Verfassungsbegriff, der vom modernen Nationalstaat als
unabdingbarer Voraussetzung der Konstitutionalisierung ausgeht.
Was fehlt, ist vor allem auch die Legitimation durch die
Volkssouveränität. Die prozedurale Klärung des
Gemeinwohls in einem partizipatorischen Meinungs- und
Willensbildungsprozess kann erreicht werden, wenn
Teilnahmeberechtigung und Definitionskompetenz entsprechend
geregelt werden.
Die Anlehnungen an konstitutionelle
Prinzipien dürfen daher die Differenz gegenüber dem
Konstitutionellen insgesamt nicht vergessen lassen. Insofern kann
allenfalls von quasi-konstitutionellen Zügen in den
Rechtsordnungen der internationalen Wirtschaftsorganisationen
gesprochen werden. Das „Quasi“ bezieht sich hierbei
auf die Analogie zum Konstitutionellen, betont aber zugleich die
Differenz.
Wie die zwischen Kritikern und Verteidigern der BWO geführten
Debatten zeigen, werden die Rechtsordnungen von Weltbank und IWF
im Hinblick auf ihre quasi-konstitionellen Züge zur Zeit neu
befragt. Die Verrechtlichung erweist sich als nicht
abgeschlossener Prozess, der gerade angesichts der
Herausforderungen der Globalisierung nach Reformen verlangt. Der
anspruchsvolle Charakter der Rechtsordnungen der BWO muss sich an
ihrer Reformfähigkeit erweisen.
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