Angriffe gegen den akj wegen der Stellungnahme zur NSU-Anwält*innen-Veranstaltung

Am Donnerstag, den 23. Mai, veranstaltete das Forschungsinstitut für Anwaltsrecht eine Vorführung einer Dokumentation über die Zschäpe-Verteidiger*innen mit anschließender Diskussion, zu der unter anderem zwei der Verteidiger*innen eingeladen waren. Zu der geplanten Veranstaltung haben wir am 29. April eine Kritik veröffentlicht. Nach der gestrigen Veranstaltung kommentierten eine Reihe von Strafverteidiger*innen aus ganz Deutschland auf diffamierende Art und Weise dieses Statement. Im @hujura-Channel der App Jodel wurde dazu behauptet, dass der Link zu unserer Stellungnahme in einer WhatsApp-Gruppe von Rechtsanwält*innen geteilt wurde, um den akj zu „zerlegen“. Die Kommentierenden haben sich alle auf die Fehlinterpretation bezogen, der akj spräche politisch Unliebsamen das Recht auf Verteidigung ab. Dies zusammengenommen legt ein koordiniertes Vorgehen nahe.

Es sei noch einmal klargestellt, dass wir niemandem das Recht auf Verteidung absprechen und auch nicht die Unschuldsvermutung in Frage stellen. Das geht sehr eindeutig aus unserem Statement hervor, in dem wir über unsere eigene Position als linke Jurastudierende geschrieben haben, dass wir Nazis nicht verteidigen werden. Insbesondere weil wir uns mit Marginalisierten und Betroffenen von Rassismus und anderen Diskriminierungen solidarisieren möchten, was sich in unseren Augen nicht mit dem Verteidigen von Nazis vereinbaren lässt. So geht aus dem letzten Absatz der Stellungnahme eindeutig hervor, dass es sich um einen innerlinken Diskurs handelt, ob man als linke Anwält*in im Rahmen der politischen Strafverteidigung auch Nazis verteidigen sollte. Dieser Stellungnahme ging eine Diskussion anlässlich der NSU-Veranstaltung zwischen linken Personen an der Fakultät zu genau dieser, individuell zu beantwortenden (!), Frage voran, die sich wohl jede*r linke Strafverteidger*in irgendwann mal stellen wird. Es handelt sich also gerade nicht um die abstrakte Beantwortung der Frage, ob Nazis überhaupt verteidigt werden sollen. Es geht demnach auch nicht um das Recht auf Verteidigung und auch nicht um den Rechtstaat. Formulierungen wie „als linke Gruppe“ oder „linker Konsens“ sowie der verlinkte Artikel machen das für uns deutlich genug.

Die Kritik richtet sich nicht dagegen, dass Anwält*innen Beate Zschäpe verteidigt haben. Wir haben den Umgang des Lehrstuhls Singer mit dem Thema kritisiert. Wir haben kritisiert, dass die Taten des NSU „mutmaßlich“ genannt wurden. Wir haben kritisiert, dass die Veranstaltung den uninteressanten privaten Problemen der Zschäpe-Verteidiger*innen Aufmerksamkeit schenkt, anstatt sich zuerst mit den Positionen der Angehörigen der Ermordeten auseinanderzusetzen. Daraus zu lesen, der akj habe etwas gegen das Recht auf Verteidigung, ist reichlich weit hergeholt.

Ein weiterer Punkt, der anscheinend falsch verstanden wurde: Die Kritik an der Wendung „mutmaßliche Taten des NSU“ ist auch vor dem Hintergrund der nicht rechtskräftigen Verurteilung von Beate Zschäpe gerechtfertigt. Denn dass die Taten a) begangen wurden und b) vom NSU begangen wurden, ist nicht mutmaßlich, sondern durch Bekennervideos und die Einlassung Zschäpes bewiesen. Das hat auch Prof. Singer bei der Filmvorführung eingeräumt.

Uns irritiert, wie unsachlich, beleidigend und gespickt von Klischees sich hier vornehmlich Strafverteidiger*innen äußern. Die Angriffe gehen weit über den Inhalt unserer Stellungnahme hinaus: Uns wird nahegelegt unser Studium abzubrechen und in Einklang mit rechten Ressentiments werden gendergerechte Sprache, Veganismus und Kritik an der Wegwerfgesellschaft diffamiert. Dies geschieht durchweg in einem herablassenden Ton. Wir sind erstaunt über dieses niedrige Niveau.

Eine Stellungnahme zur Veranstaltung selbst und deren Ablauf wird noch folgen.

Tags : Antirassismus ,   NSU

27th January