Am 26. November 2022 haben die Kritischen Jurist*innen der FU Berlin und der Arbeitskreis Kritischer Jurist*innen der HU Berlin die Versammlung „Aufhebung des PKK-Verbots – Freiheit für Abdullah Öcalan – Schluss mit der Kriminalisierung der Symbole von YPG/YPJ und PYD“ begleitet. Im Folgenden berichten wir von dem Auftreten der Berliner Polizei und insbesondere eingetretenen Eingriffen in die Versammlungsfreiheit.
Allgemeiner Auftritt
Vor Ort waren ca. 400 Polizeibeamt*innen (22., 24., 31., 20. Einsatzhundertschaft), welche alle Helme einsatzbereit an den Uniformen trugen und teilweise auch verstärkte Handschuhe. Immer wieder wurden auch Passant*innen aus dem Weg geschubst und es war generell ein ruppiger Umgang zu vermerken. Die hohe Polizeipräsenz und der auf Einschüchterung abzielende Auftritt der Polizeibeamt*innen kann eine abschreckende Wirkung auf mögliche Versammlungsteilnehmer*innen haben und stellt somit eine Einschränkung der Versammlungsfreiheit dar, die verhältnismäßig sein muss. Die Demo verlief über den gesamten Ablauf friedlich und ohne Zwischenfälle seitens der Teilnehmenden ab, eine Grundlage für die Einschränkung ist mithin nicht ersichtlich.
Auflagenbescheid – Symbole
Im Auflagenbescheid der Polizei wurden Symbole und jegliche „Werbung“ für die Arbeiterpartei Kurdistans, PKK, maßnahmenbewehrt verboten. Zusätzlich wurden auch Symbole diverser PKK-„Tochterorganisationen“, sowie das Zeigen von Porträts Abdullah Öcalans verboten. Darunter fasste sie auch YPG und YPJ. Wie der Auflagenbescheid selbst schon feststellte, sind diese nicht durch das 1993 in Kraft getretene PKK-Verbot betroffen. Insofern ist die Rechtsgrundlage für diese Auflagen, die die weitere Kriminalisierung der Versammlung verstärkten, nicht ersichtlich.
Filmen
Es konnte festgestellt werden, dass Polizeibeamt*innen die Versammlung häufig und auch teilweise über längere Zeit filmten. Dies ist nur zulässig, wenn eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht (§ 18 Abs. 1 Versammlungsfreiheitsgesetz Berlin), das heißt eine Gefahr für Gesundheit, Leben, hohe Vermögenswerte oder den Staat selbst.
Auf Nachfrage konnten von den Beamt*innen keine konkreten Gründe für die Durchführung der Maßnahme angegeben werden. Das konstante Abfilmen von Demonstrationsteilnehmer*innen stellt eine starke Einschränkung der Versammlungsfreiheit dar, da diese Maßnahme eine abschreckende Wirkung auf Versammlungsteilnehmer*innen entfaltet.
Es konnte zudem beobachtet werden, wie ein*e Polizeibeamt*in mit einer Kamera in eine Wohnung an der Seite der Versammlungsroute filmte, als dort am Fenster eine YPG-Fahne gezeigt wurde. Das Zeigen dieser Fahne war lediglich durch den Auflagenbescheid auf dieser konkreten Versammlung untersagt und ist nicht verboten. Durch das Filmen der Wohnung wurde in die Unverletzlichkeit der Wohnung eingegriffen, die durch Art. 13 Grundgesetz geschützt wird.
Kripo
Beamt*innen der Kripo waren nicht oder nicht erkennbar mit einer Identifikationsnummer gekennzeichnet. Dies ist für Polizeibeamt*innen bei Versammlungen verpflichtend. Wichtig ist die Kennzeichnung, damit Beamt*innen auch von Bürger*innen identifiziert werden können und problematisches individuelles Verhalten von Polizist*innen ermittelt werden kann.
Festnahmen
Im Laufe der Versammlung konnten von uns acht Festnahmen dokumentiert werden.
In unserer Rolle als Beobachtende haben wir von der Polizei in Gewahrsam genommene Personen unterstützt. Wir haben die Maßnahmen begleitet und wenn gewünscht Kontaktpersonen der Betroffenen informiert. Im Laufe der Festnahmen hatten wir Kontakt mit den von der Maßnahme Betroffenen, um sie an anwaltlichen Beistand zu vermitteln. In mehreren Fällen wurde uns von den durchführenden Beamt*innen angedroht, dass diese Kontaktaufnahme eine Ordnungswidrigkeit bzw. eine Straftat darstellt. Für diese Aussagen wurden uns unzutreffende Rechtsgrundlagen genannt. Bei den angedrohten Konsequenzen für unsere Beobachtungstätigkeit handelte es sich also um Einschüchterungsversuche der Polizei.
Bei der Festnahme einer kurdischen Person, die weder Deutsch noch Englisch spricht, wurde von der Polizei auch keine Übersetzung gestellt, um eine Aufklärung über die Rechte sicherzustellen.
Es lässt sich abschließend feststellen, dass die Berliner Polizei bei ihrem Einsatz insbesondere durch das Abfilmen weiter Teile der Versammlung die Grundrechte der Demo-Teilnehmer*innen eingeschränkt hat.