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Demobeobachtung
Pirna 27. November 2004
Presseerklärung
Pirna, den 27.11.2004, 18:00 Uhr
Demonstrationsbeobachtung
am 27.11.04 in Pirna
Anlässlich der von der “Initiative gegen Rassismus und Neonazismus
in der Sächsischen Schweiz” am 27. November 2004 durchgeführten Demonstration
unter dem Motto: “Schöner Leben ohne Naziläden” führte der arbeitskreis
kritischer juristinnen und juristen an der Humboldt-Universität zu Berlin
(akj-Berlin) eine Demonstrationsbeobachtung durch. Angesichts der massiven
Beschränkungen der Demonstrationsroute steht das – ansonsten angemessene
– polizeiliche Verhalten in schlechtem Licht.
Die Demonstration stand von Anfang an zu Unrecht unter schlechtem Ruf.
Aufgrund des durch Politik und Medien aufgebauten Krawallsenarios trat
das Anliegen der Demonstration in der öffentlichen Wahrnehmung völlig
zurück. Das dokumentieren auch die zahlreichen Forderungen nach einem
– juristisch haltlosen – Verbot der Demonstration. Angemeldet wurde neben
der o.g. Demonstration auch eine Gegendemonstration der NPD. Letztere
wurde jedoch gegen 13:50 Uhr von der Polizei aufgelöst.
Mit zehn Beobachter/innen begleitete der akj-Berlin die Demonstration.
Die Beobachtung wurde durch die Polizei nicht behindert. Insgesamt lässt
sich bezüglich der polizeilichen Maßnahmen kein einheitliches Urteil abgeben.
Die polizeilichen Vorkontrollen sollten vor dem Lautsprecherwagen in der
verhältnismäßig schmalen Gartenstraße stattfinden, obwohl auf dem Bahnhofsvorplatz
genügend Platz gewesen wäre. Ca. 600 Demonstrant/innen sahen sich eine
halbe Stunde nach vorgesehenem Demobeginn einer dreireihigen Polizeikette
gegenüber, die sämtliche Taschen und Personen kontrollierte. Dabei kam
es zu kurzen Rangeleien, die zum Abbruch der Kontrollen führten. Im weiteren
Verlauf einigten sich die Veranstalter/innen mit der Polizei dahingehend,
die Demonstration ohne Vorkontrollen stattfinden zu lassen, wenn diese
auf knapp ein Viertel ihrer eigentlichen Route beschränkt würde. Ungeachtet
der Tatsache, dass dieses Vorgehen objektiv geeignet war, die angespannte
Situation weiter zu eskalieren, muss festgestellt werden, dass sich –
von einem Ausbruchversuch abgesehen – die Teilnehmer/innen überwiegend
friedlich verhielten.
akj-Sprecherin Stefanie Richter: “Mit ihrem Verhalten setzt sich
die Polizei dem Verdacht aus, die Verkürzung der Demostrecke provoziert
zu haben.”
Die Teilnehmer/innen der Demonstration waren zu allen Seiten so dicht
von der Polizei eingeschlossen, dass weder ein Verlassen noch ein späteres
Teilnehmen an der Demo möglich waren (Wanderkessel). Im Rahmen der eingeschränkten
Demoroute verhielt sich die Polizei im übrigen korrekt und angemessen.
Von Ausnahmen ist zu berichten:
- Es wurden massive und wahllose Videoaufnahmen von der Polizei angefertigt,
ohne dass das Verhalten der Demonstrant/innen jeder Zeit dazu Anlass
gegeben hätte. In einem Fall wurde das Fotografieren durch Mitarbeiter
des Ordnungsamtes beobachtet, was einen klaren Verstoß gegen § 12a und
§ 19a des Versammlungsgesetzes darstellt.
- Trotz angespannter Gesamtsituation ist es fragwürdig, ob die Polizei
mit bereitgehaltenem Tonfa bzw. Schlagstock dastehen muss, wie teilweise
geschehen.
- Obwohl dies nur Nachts zulässig ist, trugen einige Einheiten
dunkle Stoffbezüge über ihren Helmen, die jegliche Identifikation unmöglich
machten.
- Ein bayerischer Polizeibeamter setzte bei den Rangeleien zu Beginn
der Versammlung überzogen und eigenmächtig Pfefferspray ein und verletzte
dadurch neben Demonstrant/innen auch seine Kolleg/innen.
Positiv ist zu erwähnen, dass die mitgeführten Wasserwerfer und Räumpanzer
außer Sichtweite der Demonstration gehalten wurden und sich die Polizei
während der Demonstrationen mit Festnahmen zurückhielt.
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