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Donnerstag,
den 13. Februar 2014, ab 19:00 Uhr Propaganda: Plakat (pdf) »Fürsorgeerziehung ist öffentliche Erziehung, da können die Eltern nicht mehr reinreden, da macht der Staat, was er für richtig hält. Heimerziehung ist insofern ein exemplarischer Fall von Erziehung – an der Situation von Fürsorgezöglingen ist ablesbar, welche Erziehungsvorstellungen in einem Staat herrschend sind.« Kinder und Jugendliche sind in besonderem Maße von strukturellen Gewaltverhältnissen in Familie und Schule, religiösen und sonstigen Erziehungsinstitutionen betroffen. Als Korrektiv gegenüber der elterlichen Willkür hat sich der Staat mit Art. 6 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG – zum Schutz der Minderjährigen – ein »Wächteramt« geschaffen, dessen Vollzug er nicht erst im Neoliberalismus Privaten überlässt. Soziale Träger, Vereine, Kirchen und Organisationen sind auf dem Feld der Jugendhilfe engagiert und erhalten dafür staatliche Zuschüsse. Nicht selten ist soziales Engagement daher zu einem Geschäftsfeld geworden, das sich vor allem dann rentiert, wenn Personal- und Projektmittel gespart werden. 1968 machten APO, Studenten- und Frauenbewegung die Zustände in den Heimen der BRD öffentlich. Das bundesdeutsche Heimsystem zielte auf die Ausschließung und Gefügigmachung der als asozial abgestempelten Jugendlichen ausschließlich aus sozial unterprivilegierten Familien. Zwangsarbeit, Demütigung, Gewalt und sexuelle Übergriffe prägten hier den Alltag. Nicht selten konnten SS- und KZ-Aufseher_innen ihre Karriere ungebrochen fortsetzen. Für eine Einweisung genügte schon die Einschätzung des Jugendamtes, ein_e Jugendliche_r sei »von Verwahrlosung bedroht«, worunter gleichermaßen »Herumtreiben«, Schulschwänzen, Arbeitsverweigerung, sexuelle Aktivität oder sexueller Missbrauch subsummiert werden konnten. Der statuierte Richtervorbehalt lief ins Leere. Eine besonders weite Einweisungsermächtigung im Bundessozialhilfegesetz erklärte das BVerfG 1967 für verfassungswidrig. Die stigmatisierende Auslegungspraxis des »Verwahrlosungsbegriffs« prägte die Erziehungshilfe jedoch bis zur Verabschiedung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG) im Jahre 1991. Erst 2009 setzte der Bundestag auf entsprechende Petitionen ehemaliger Heimkinder hin zur Aufarbeitung der Ereignisse in den 50er und 60er Jahren einen »Runden Tisch Heimerziehung« ein. Die Auseinandersetzung mit dem Heimsystem in der DDR fand bereits früher statt und war leichter gefallen. Angemessene Entschädigungsleistungen fehlen indes bis heute. Immer wieder mal gelangen alarmierende Berichte über »Missbrauchs«-Fälle in den geschlossenen Heimen und kirchlichen Einrichtungen in die Presse; zuletzt der Psychoterror in den sog. Therapiezentren der Haasenburg GmbH in Hamburg und Brandenburg. 1970 schrieb Ulrike Meinhoff: »Was gemeinhin für Missstände in den Heimen gehalten wird, ist deren Praxis und Prinzip.« Gemeinsam mit Betroffenen und Praktiker_innen wollen wir über die Aktualität dieses Satzes diskutieren. Welchen Anteil haben die normativen Auffassungen über Kinder- und Jugendhilfe für die Praxis der Jugendarbeit? Welchen Anteil haben Recht und Justiz daran, dass Kinder auch weiterhin struktureller Gewalt in staatlich kontrollierten Einrichtungen ausgesetzt sind? Lesestoff:
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