Demobericht 19.02.22 – 2 Jahre Hanau

Am 19.02.2022 wurde die 2-Jahre-Hanau Demo von einem Team der Kritischen Jurist*innen der FU und HU Berlin begleitet. Im Folgenden berichten wir von dem vor Ort beobachteten Polizeiverhalten.

Zur Betreuung der Demonstration wurden Einheiten der 14ten, 25ten sowie der 33ten Einsatzhundertschaft Berlin eingesetzt.

 

Verkehrssicherung

Negativ aufgefallen ist eine Mehrzahl von durch die Polizeibehörde versäumten Sicherungen des Verkehrs. Eine Vielzahl der an die Demoroute anschließenden Seitenstraßen wurden nicht gesichert. In einigen Fällen führte dies zu Autos die versuchten die Demo zu durchqueren, oder die genötigt waren in der Demonstration zu wenden. Die Polizei kam demnach ihrer Pflicht gemäß §§ 3 Abs. 1 und 2 VersFG nicht nach, die Demonstrationsteilnehmer:innen vor einer potentiellen Gefahr durch den Straßenverkehr zu schützen.

Insbesondere am Jahrestag eines rechtsterroristischen Anschlags besteht eine erhöhte Bedrohungslage. Bei einer antirassistischen Demonstration in deren Vorfeld von 12:00-18:00 Uhr mehrere rechte Autokorsos in zeitlicher und räumlicher Nähe zur Versammlung angemeldet waren, ist dies eine unverantwortliche und mangelhafte Sicherung der Demonstration, die für uns nicht nachvollziehbar ist und die zu einer ernsthaften Gefahr hätten führen können.

Nicht gesicherte Seitenstraßen:

  • Zickenplatz/Kottbusser Damm
  • Elbestraße (Autos wenden in der Demo)
  • Lenaustraße
  • Biebricherstraße
  • Schönstedtstraße
  • Reuterstraße (ein Auto wendet in den Ausläufern der Demo)
  • Donaustraße/Erkstraße
  • Werbellinerstraße
  • Morussstraße
  • Karlsgartenstraße
  • Anzengruberstraße
  • Neckarstraße
  • Jansastraße (Autos wenden in der Demo)
  • Pannierstraße

 

Video-Aufnahmen

Im gesamten Verlauf der Demonstration kam es mehrfach zu Video – und Tonaufnahmen durch Beamt*innen, insbesondere während polizeikritischer Sprechchöre.  

Laut § 18 Abs. 1 VersFG Bln dürfen Bild- und Tonaufnahmen von der Polizei nur dann angefertigt werden, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass von den entsprechenden Personen eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht.

Auf Nachfrage wurden von eingesetzten Polizist:innen und der Einsatzleitung widersprüchliche Begründungen für diese Maßnahmen gegeben.

Zunächst wurden die Maßnahmen auf die polizeikritischen Rufe aus der Demonstration zurückgeführt.  Diese waren jedoch eindeutig von der Meinungsfreiheit gedeckt.

Im weiteren Verlauf wurden die Aufnahmen mit einem fehlenden Einhalten der Mindestabstände im Frontblock gerechtfertigt. Eine erhebliche Gefahr im Sinne des § 18 Abs. I VersFG Bln ist jedoch nur dann gegeben, wenn Leben, Gesundheit, hohe Vermögenswerte oder der Staat selbst gefährdet werden. Als erheblich können nur solche Situationen gesehen werden, die sich in ihrem Gefährdungspotential vom Alltäglichen unterscheiden. 

Bei einer Versammlung unter freien Himmel, bei der alle Teilnehmenden konsequent FFP2 Maske trugen und ein bloßer Verdacht auf das Nichteinhalten der Mindestabstände bestand, weicht eine Gesundheitsgefährdung wohl kaum vom Alltäglichen ab, sodass die Erheblichkeitsschwelle nicht überschritten ist. 

Damit stellen diese Maßnahmen einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die Versammlungsfreiheit aller betroffenen Personen dar. Dieser ist besonders gravierend, da es sich laut Einsatzleitung nicht um Übersichtsaufnahmen handelte, die nach § 18 II S.2 VersFG Bln grundsätzlich nicht gespeichert werden dürfen, sondern um Aufnahmen von der Polizei zu Beweis- und Dokumentationszwecken gespeichert werden können. ­­

Tags : Demo ,   Versammlungsrecht ,   Antirepression

27th January