Universitätsleitung verschleiert und verschleppt jahrelang rechtswidrige Beschäftigungspraxis:
In der Universität lesen wir jetzt neuerdings von „verkürzten Öffnungszeiten“ und „eingeschränktem Service“ angeblich aufgrund eines „Einstellungsstopps“. Auch wird der Personalrat der studentischen Beschäftigten (PRStudB) durch die Universitätsleitung und teils auch von den durch ihn vertretenen studentischen Beschäftigten öffentlich angegriffen. Was hat es damit auf sich? Der arbeitskreis kritischer jurist*innen der Humboldt-Universität zu Berlin nimmt Stellung.
In den vergangenen Wochen hat die Universitätsleitung an verschiedenen Stellen behauptet, die befristeten Verträge von studentischen Hilfskräften (SHKs) in nichtwissenschaftlichen Arbeitsbereichen wie den Bibliotheken oder dem Computer- und Medienservice (CMS) nicht verlängern zu können. Dem ging ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin voraus (LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 05.06.2018 - 7 Sa 143/18.), das sowohl die Befristung nach dem WissZeitVG als auch die Eingruppierung nach dem TVStud einer beim CMS beschäftigten Studentin für rechtswidrig erklärte. Viele der jetzt von Nichtweiterbeschäftigung bedrohten SHKs dürften also ebenfalls erfolgreiche Klageaussichten haben und sollten sich dringend an eine Arbeitsrechtsanwält*in wenden!
Die Universitätsbibliothek schickte am 19.10.18 eine Information an alle Student*innen, in der sie den „Einstellungsstopp“ für Einschränkungen bei den Öffnungszeiten verantwortlich macht. Die juristische Zweigbibliothek hat beispielsweise ab dem 15.11. sonntags nicht mehr geöffnet. Der Grund dafür wird aber bewusst verschwiegen. Es ist die rechtswidrige Beschäftigung von etwa 600 Student*innen durch die Universität, dessen Folgen jetzt offenbar alle Student*innen tragen sollen. Mithin handelt es sich nicht um einen von dunklen Mächten verhängten „Einstellungsstopp“, sondern um den Unwillen der Universitätsleitung, Student*innen rechtmäßig zu beschäftigen und einzustellen!
Anstatt sich um eine schnelle Lösung der von ihr jahrelang praktizierten (und ebenso lang kritisierten) rechtswidrigen Beschäftigung ihrer Mitglieder zu kümmern, macht die Universitätsleitung den Personalrat der studentischen Beschäftigten (PRStudB) verantwortlich, der eine Blockadehaltung einnehme und damit Vertragsverlängerungen verhindere. Hier werden gezielt Nebelkerzen geworfen, die eines verschleiern sollen: Es ist die Rechtswidrigkeit der universitären Personalpolitik, die die Fortsetzung ebenjener verhindert. Die infame Behauptung, es habe etwas mit dem Verhalten des PRStudB zu tun, ist eine gezielte Desinformation der Universitätsleitung. Der Versuch das Vertretungsorgan der studentischen Beschäftigten zu delegitimieren, kurz nachdem seiner jahrelangen Kritik vor Gericht umfassend Recht gegeben wurde, macht den Eindruck als wolle die Universitätsleitung ihre hierarchisch günstige Position ausnutzen und sich über das gerichtliche Urteil politisch hinwegsetzen.
Durch das Verhalten der Universitätsleitung wird die tariflich vorgesehene Struktur infrage gestellt. Wir haben nichts dagegen, dass Student*innen in der Universität auch auf Stellen arbeiten, die keine wissenschaftlichen Hilfstätigkeiten umfassen. Das muss dann aber – das verstehen die Genannten entweder nicht oder wollen es nicht verstehen – unter den Bedingungen des Tarifvertrags der Länder (TV-L) und nicht unter dem Tarifvertrag der studentisch Beschäftigten (TVStud) passieren. Das ist keine Forderung, sondern geltendes Recht!
Was die Universitätsleitung fordert, lässt sich kurz und deutlich zusammenfassen: Legale Tarifflucht. Sie will SHKs weiterhin flexibel und billig arbeiten und damit in direkte Konkurrenz zu den Verwaltungsmitarbeiter*innen treten lassen. Das geht zulasten aller tatsächlichen und potentiellen Verwaltungsangestellten der Universität, die eigentlich für diese Aufgaben bezahlt werden müssten.
Die Genannten stoßen in dasselbe Horn wie diejenigen, die jetzt eine Änderung des Berliner Hochschulgesetzes fordern, um die bisherige und jetzt für rechtswidrig erklärte Praxis der Tarifflucht zu legalisieren. Das zweite Problem, das mit der Frage der tariflichen Eingruppierung gleichläuft, wird gar nicht benannt: nämlich die (Nicht-)Anwendbarkeit der Befristungsregeln aus dem WissZeitVG. Wer das angesprochene LAG-Urteil aufmerksam liest, kommt schnell zum Schluss, dass die Arbeitsverhältnisse von vielen der jetzt betroffenen SHKs gar nicht wirksam befristet wurden, also unbefristet sind. Dies sollten die SHKs vor dem Arbeitsgericht durchsetzen! Die Genannten lassen das unerwähnt und stellen stattdessen sinnlose politische Forderungen nach einer weiteren Liberalisierung der Dumping-Arbeitsverhältnisse an den Berliner Universitäten auf.