Am 8. November und 4. Dezember wurden im Grimm-Zentrum Flugblätter der neonazistischen, rechtsterroristischen Gruppe „Atomwaffen Division“ gefunden. Darauf wird offen ein „Rassenkrieg“ propagiert und zum „weißen Widerstand“ der „deutschen Studenten“ aufgerufen. Mitglieder der ultrarechten „Atomwaffen Division“ – vornehmlich junge Männer – sind in den USA für schwerste Verbrechen und mehrere brutale Morde verantwortlich. Sie führen gemeinsame militärische Trainings durch, um sich für den bewaffneten Untergrund vorzubereiten. Ihr Ziel ist ein gewalttätiger Umsturz der amerikanischen Regierung und das Auslöschen der jüdischen und nicht-weißen Bevölkerung in den USA. Mit dem Satz „Der Nationalsozialismus lebt“ machte im Sommer 2018 ein deutscher Ableger der Atomwaffendivision in einem YouTube-Video seine Gründung öffentlich. Nach dem Vorbild der US-amerikanischen Zellen versucht nun augenscheinlich auch der deutsche Ableger, Mitglieder an Universitäten zu rekrutieren.
Über Twitter wurden die Uni und das Grimm-Zentrum auf den Vorfall aufmerksam gemacht. Die Bib kündigte an, Strafanzeige zu erstatten. Es ist nicht das erste Mal, dass Nazipropaganda dort aufgefunden wurde. Trotzdem gab es weder jetzt noch in der Vergangenheit eine weitere Auseinandersetzung damit. Statt dem Problem ernsthaft zu begegnen, scheint die Universität eher darum bemüht zu sein, kein großes Aufsehen zu erregen. Wir finden: Nazipropaganda darf nie und nirgendwo geduldet und auch nicht unter den Teppich gekehrt werden. Daher fordern wir eine offene Stellungnahme der Uni, aus der klar hervorgeht:
Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda – auch (und besonders) nicht an der Uni!
In den letzten Jahren versuchen Nazis zunehmend, Gleichgesinnte im universitären Milieu zu rekrutieren. Dafür riefen sie scheinjugendliche und „hippe“ Labels wie die „Identitäre Bewegung“ ins Leben. Daher ist das Auftauchen der Flugblätter der „Atomwaffen Division“ nur die nächste Eskalationsstufe einer Entwicklung, die nicht erst gestern begonnen hat. Im Hinblick darauf verurteilen wir, dass sich nicht damit auseinandergesetzt wird, dass besagte Gruppen auch an unserer Uni ein Klima vorfinden, in dem sie ungestört und bis auf eine Anzeige folgenlos ihre Propaganda verbreiten können. Ein solcher Umgang bereitet den Boden für größere und medienwirksame Flugblatt- und Banneraktionen, wie wir sie beispielsweise an der TU und vielen anderen Orten beobachten mussten.
Deshalb fordern wir von Uni und Bib eine konsequente und öffentliche Verurteilung der Vorfälle. Wir erwarten, dass die Uni sich damit auseinandersetzt, dass ihre Bibliotheken keinen Raum bieten, wo Nazis ihre Propaganda verteilen können. Die Uni möchte anscheinend kein großes Aufhebens machen, um keine schlechte Presse zu bekommen. Diese Setzung politischer Prioritäten finden wir falsch. Das Bereitstellen einiger Broschüren mit aktuellen Informationen zum Erkennen besagter Codes und Symboliken, mit Hilfe derer sich Studierende und Mitarbeitende selbst informieren können, fänden wir begrüßenswert. Eine solche Broschüre ist beispielsweise bei der Agentur für soziale Perspektiven in Berlin zu bekommen. Natürlich sind nicht alle Nazis an ihrem Auftreten zu erkennen, trotzdem sehen wir es als wichtigen Schritt an, mit geschultem Blick an der Uni unterwegs zu sein und deutlich zu machen: Hier ist kein Platz für Nazis.
Was kann ich tun, wenn ich Nazipropaganda in der Uni finde?
- Falls du nicht alleine unterwegs bist, mach deine Freund*innen auf deinen Fund aufmerksam
- Falls du eine Person beim Deponieren der Propaganda beobachtest, wäge ab, ob du die Person konfrontieren willst. Fertige in jedem Fall ein Gedächtnisprotokoll mit einer Personenbeschreibung an
- Suche die Umgebung des Fundorts ab und sammle alle Flugblätter, Poster etc. ein
- Mach ein Foto des Fundes
- Sprich das Bib-Personal an
- Melde den Fund an das „Berliner Register“ (dokumentiert rechtsradikale und diskriminierende Vorfälle in Berlin)
- Entsorge das gefundene Propagandamaterial – und zwar so, dass es niemensch ein paar Minuten später wieder aus dem Papierkorb fischen und weiterverwenden kann
- Falls du auf Twitter oder anderen sozialen Netzwerken über deinen Fund informieren willst, achte darauf, dass du damit den Verfasser*innen der Propaganda nicht zu noch mehr Reichweite verhilfst (Kontaktadressen und URLs sowie Hinweise auf konkrete Veranstaltungen oder Aktionen unbedingt schwärzen; genau überlegen, ob ein Foto notwendig ist)