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Was hat Menschenwürde mit Asylrecht zu tun?

Zu erheblichen Rechtsverstößen kam es bei einem Polizeieinsatz im sächsischen Markkleeberg gegen eine Flüchtlingsfamilie, die in Deutschland um Asyl ersucht hatte, in der Nacht vom 3. zum 4. März 2004. Bei diesem Zugriff der Polizei, für den die Polizeidirektion Grimma In Amtshtife für die Zentrale Ausländerbehörde Chemnitz verantwortlich zeichnete, wurden Menschenrechte in eklatanter und nicht mehr hinnehmbarer Art und Weise verletzt.

Zum Hintergrund:

Auf Grund eines rechtswidrigen und gegen das Völkerrecht verstossenden Einsatzes von Polizeikräften ist die Familie BAJRAMI, jugoslawische Staatsangehörige albanischer Nationalität, im Juni 1993 vor politischer Verfolgung in ihrem Heimatland mit ihren damals fünf Kindern in die Bundesrepublik geflüchtet. Seit 19.93 lebt die Familie in Markkleeberg. Das jüngste der Kinder ist im November 1994 in Deutschland geboren. Die Mutter, Miradije BERISHA, ist aufgrund der Verfolgung seelisch traumatisiert. Dieses Trauma ist gutachterlich festgestellt und den Behörden (ZAB und ABH des LRA Leipziger Land) bekannt, weshalb diese ihr seit 1995 als Härtefäll immer wieder ein Bleiberecht einräumten. Auf Grund Ihrer Krankheit befand sich Frau BERISHA mindestens siebenmal sowohl im Eisabeth Krankenhaus In Leipzig als auch in der Psychiatrischen Klinik der Park-Krankenhaus Südost GmbH in stationärer Behandlung. Frau BERISHA wurde daraufhin seitens der Behörde das Recht zur Arbeitsaufnahme eingeräumt.

Die Kinder der Familie erlitten auf Grund häufiger Trennungen und der depressiven Verstimmung der Mutter eine tiefe emotionale Störung ihrer Entwicklung seit Kindesalter. Trotz allem integrierten sie sich im Kindergarten, der Schule und den Vereinen in Markkleeberg. Der Vater leidet unter sehr hohem Blutdruch und Diabetes.

Diese erheblich traumatisierte Familie wurde am 3, März 2004 gegen 20:06 Uhr bei Dunkelheit aufgesucht. Polizeikräfte traten ohne rechtfertigenden Grund die Haustür ein und überwältigten die völlig überraschte und verängstigte Familie.

Diese Handlungsweise ist durch Vorschriften des SächsPolG auf gar keinen Fall mehr gedeckt. Die Familie hat keinerlei Veranlassung zu solchen Handeln gegeben. Das Eindringen der Polizeikräfte in die Wohnung geschah ohne entsprechenden richterlichen Beschluss.

Die kleinen Kinder der Familie befanden sich bereits im Bett und schliefen. Sie wurden gewaltsam aus dem Schlaf und dem Bett gerissen. Die Eltern und die alteren Kinder wurden gezwungen, sich auf den Boden zu legen und dort mit verschränkten Armen zu verharren. Es wurde Gewalt angewandt, die völlig überflüssig war. Die kleinen Kinder erlebten das hautnah mit.

Der Einsatz der Polizei verstößt ganz offensichtlich gegen § 32 Abs. l S. 4 SächsPolG, denn den Polizeikräften war zum Zeitpunkt des Einsatzes durchaus bewusst, dass die Eltern der Familie schwer krank sind. Er stellt den Tatbestand der Körperverletzung dar. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Wahl der Mittel wurden die Bestimmungen über die "Rückführung ausländischer Staatsangehöriger auf dem Luftweg" (Ziff. 2.3.7 und 2.3.3) nicht beach-tet; die verlängerte Bauchlage und Fesselung mit Handschellen widerpricht der Kodifikation.

Dem herbeigerufenen Anwalt der Familie und der herbeigerufenen behandelnden Ärztin der Eltern wurde kein Zutritt in die Wohnung gewährt. Erst nach massiver Intervention des Anwalts wurde diesem nach über drei (!) Stunden Wartezeit gestattet, die Familie aufzusuchen und zu konsultieren. Der Anwalt musste miterleben, wie der Vater der Familie zusammengebrochen ist. Schließlich diagnostizierte der von der ZAB beauftragte Arzt eine lebensbedrohliche Situation beim Vater. Für einen Transport nach Düsseldorf zum Flughafen konnte er die Verantwortung nicht mehr übernehmen. Ein Rettungswagen der Stadt Leipzig wurde gerufen, der Herrn BAJRAMI ins nächst gelegene Akutkrankenhaus brachte.

Der von der ZAB beauftragte Arzt hat den beiden ältesten Jungen, Agim und Bulatin, ohne deren Einwilligung und gegen ihren Willen eine Beruhigungsspritze gesetzt, was den Tatbestand der Körper-verletzung Im Amt darstellt i.S.v. § 223 Abs. 1 StGB darstellt und weswegen Strafanzeige gestellt wurde. Die beiden ältesten Jungen wurden zusammen mit der minderjährigen Emine (geb. 1989) in drei verschiedenen Fahrzeugen der Polizei zunächst zum Zentralen Polizeigewahrsam nach Leipzig gebracht. Von dort aus wurde ihnen eine über siebenstündige Fahrt nach Düsseldorf in einem ungeheizten Bus der Bereitschaftspolizei ohne Nahrung und Getränke zugemutet. Während der Fahrt waren sie gefesselt. Die Kinder wurden über das Schicksal des Restes Familie, insbesondere über den Gesundheitszustand des Vaters bewusst im Unklaren gelassen.

Bereits in der Nacht wurde durch den Anwalt der Familie dem Einsatzleiter der Polizei ganz deutlich gemacht, dass es sich bei Emine BAJRAMI um ein erst 14-Jähriges Mädchen handelt, deren Abschiebung prima facie gegen die Kinderrechtskonventionen verstößt. Darauf hin wollte der Einsatzleiter das Mädchen nicht mehr mitnehmen. Erst durch massive telefonische Intervention von Mitarbeitern der Zentralen Ausländerbehörde wurde veranlasst, dass die Minderjährige unter unmittelbaren Zwang in Gewahrsam genommen und nach Düsseldorf verbracht wurde. Trotz Protestes des Anwaltes.

Laut Informationen des unabhängigen Abschiebebeobachters auf dem Flughafen Düsseldorf, Herrn Sextro, hat sich die UMNIC (UN Interim Mission im KOSOVO) geweigert, die drei Kinder der Familie BAJRAMI im Kosovo aufzunehmen. Es stellte sich heraus, dass das Innenministerium des Freistaates die UMNIC entgegen der üblichen Gepflogenheiten überhaupt nicht vor dieser Abschiebung informiert hatte.

Der bilaterale Vertrag "Memorandum of Understanding" vom 31. März 2003, wonach eine vorherige Information der Behörde im Kosovo zwingend erforderlich ist, dürfte dem Innenministerium bekannt sein. Daher wird als bekannt vorausgesetzt, dass nach diesem Vertrag eine Familientrennung unzulässig ist. Dies gilt selbstredend auch für die Rückführung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge, Allein die Verbringung der minderjährigen Emine stellt nach diesseitiger Auffassung den Tatbestand der Kindesentführung nach § 235 StGB dar.

Die UMNIC hat die Rückführung der Jugendlichen eben aus den genannten Gründen zu Recht abgelehnt. Nach Auskunft des Abschiebebeobachters und des zuständigen Einsatzleiters des BGS am Flughafen Düsseldorf ist das SMI durch das Innenministerium des Landes NRW hierüber informiert worden. Es wurde seitens des SMI bis zum Schluss Druck ausgeübt, dass die Brüder und die minderjährige Emine abgeschoben werden sollte. Und dies, obwohl dem SMI und den untergeordneten Behörden zum einen das minderjährige Alter der Emine, zum anderen die Kinderrechtskonventionen und schlussendlich auch das Memorandum of Understanding bekannt war. Hier liegt ein eindeutiger Verstoss gegen geltendes Recht durch das hiesige Innenministerium vor.

Der Vater liegt noch heute auf Grund seines lebensbedrohlichen Zustandes in der Klinik.

Die kleinen Kinder, die Mutter und Emine mussten sich nach dem Polizeieinsatz, der durch nichts gerechtfertigt ist, denn die Familie hat sich zu keiner Zeit geweigert, die Bundesrepublik freiwillig zu verlassen, in ärztliche Behandlung begeben. Es wurde bei den Kindern ein akutes physisches Trauma diagnostiziert, das unbedingt behandelt werden muss.

Die zwangsweise Abschiebung erfolgte gegen den ausdrücklichen Willens des Oberbürgermeisters der Stadt Markkleeberg, Dr. Bernd Klose, und der Landrätin des LK Leipzig Land, Petra Köpping. Beide haben sich beim RP Chemnitz und Leipzig für ein dauerhaftes Bleiberecht der Familie eingesetzt und Kostenzusage erteilt. Insofern besteht kein Raum für die Behauptung des Sprechers des SMI: "Dem Gesetz muss Genüge getan werden". Es war kein Raum für eine Abschiebung ohne vorherige Androhung.

Die Behandlung der Familie und die gewaltsame Trennung der drei Jugendlichen vom Rest der Familie verstößt gegen Art. 1 CAT (Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigen Behandlung oder Strafe). Danach ist nämlich Folter "jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen, oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden".

Lokale Bürgerrechtsvereine und der Republikanische Anwältinnen und Anwälte Verein (RAV) fordern:
                       - die Wiedergutmachung an der Familie BAJRAMI;
                       - die sofortige Wiederkehr der abgeschobenen Jugendlichen Agim und
                          Bulatin BAJRAMI;
                       - die öffentliche Entschuldigung der Verantwortungsträger bei der
                          Familie;
                       - dienstrechtliche Konsequenzen gegen die Verantwortlichen bei der ZAB
                          und der ABH des LRA Leipziger Land in persona des Leiters, Herrn
                          Richter, sowie Frau Roth;
                       - rückhaltlose Aufklärung des Vorgehens der ZAB;
                       - Aufhebung der Immunität des Innenministers;
                       - Rücktritt des Innenministers.

Weitere Informationen: www.rav.de


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