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Zulässigkeit von Examensgebühren

Wer heutzutage die zweite juristische Staatsprüfung in Berlin absolvieren will, muss dafür eine Gebühr in Höhe von DM 1000,- bezahlen. Ob diese Gebühr rechtmäßig ist oder nicht, beschäftigte das Verwaltungsgericht Berlin (im folgenden: VG) und das Ergebnis dieser Beschäftigung liegt in Form eines Urteils vom 20.01.19991 vor. Das Ergebnis wird niemanden wirklich erstaunen - das VG hält die Gebühr für rechtmäßig. Doch der Weg zu diesem Ergebnis ist es wert, genauer betrachtet zu werden, zumal der VGH Mannheim (im folgenden: VGH) eine entsprechende Gebühr für Baden-Württemberg mit einem Urteil vom 18.03.19992 für rechtswidrig erklärte.

Um die folgende Problematik zu verstehen, ist es notwendig einige Dinge zu wissen:

Das juristische Referendariat in Berlin, also die praktische Ausbildungsphase, wird im BeamtInnenverhältnis absolviert. Die ReferendarInnen sind BeamtInnen auf Widerruf. Das hat zur Folge, dass für alle rechtlichen Fragen, welche sich aus dem Referendariatsverhältnis ergeben, das Beamtenrecht gilt. Anders ist dies in Baden-Württemberg, wo die ReferendarInnen seit kurzem in einem öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnis stehen und dadurch eben nicht mehr das Beamtenrecht gilt. Das ist auch der Grund, warum die Baden-WürttembergerInnen trotzdem zahlen müssen, und das Urteil des VGH (dort ging es noch um das Referendariat im BeamtInnenverhältnis) somit kein wirklicher Erfolg war.

Die entscheidende Frage lautet also: Ist die Gebühr zum zweiten Staatsexamen (in Berlin) eine Gebühr für eine Prüfung innerhalb des BeamtInnenverhältnisses oder nicht? Wäre sie eine solche, so würde der Grundsatz der unentgeltlichen Ausbildung im BeamtInnenverhältnis gelten - wäre sie nicht eine solche, so wäre es eine ganz normale Gebühr für eine Verwaltungsleistung, welche sich nur an den Grundsätzen der Kostendeckung (die Gesamtheit des Gebührenaufkommens darf die tatsächlichen Kosten für die notwendige Verwaltung nicht erheblich überschreiten), der Äquivalenz (die Gebühr darf den individuellen Wert des Vorteils durch die Verwaltungsleistung nicht erheblich überschreiten) und des Übermaßverbotes (die Gebühr muss zumutbar sein) messen lassen müsste. Als "normale" Verwaltungsgebühr wäre die Examensgebühr also juristisch kaum angreifbar - es sei denn man zieht absolute Mindermeinungen heran.

Staatsprüfung als Amtshandlung

Wenn das Absolvieren der zweiten Staatsprüfung einer Amtshandlung innerhalb des BeamtInnenverhältnisses der ReferendarInnen gleich stünde, so wäre eine Gebühr dafür unzulässig. Deshalb beschäftigt sich das VG bereits in der Klagezulässigkeit mit der Frage, ob die Klage eine solche aus einem BeamtInnenverhältnis ist - bekanntlich bedürfte es dann gem. § 126 III Nr. 1 BRRG eines Vorverfahrens, obwohl das Justizprüfungsamt ein Teil einer obersten Landesbehörde (Senatsverwaltung für Justiz) i.S.d. § 68 I Nr. 1 VwGO ist.

Das VG ist der Auffassung, dass das BeamtInnenverhältnis - in welchem sich die ReferendarInnen befinden - von dem Prüfungsrechtsverhältnis zu trennen sei. Die Gebühren würden aber ausschließlich mit der Prüfung zusammenhängen und knüpften auch nur an diese an und eben nicht an das BeamtInnenverhältnis.

In der Begründetheit werden diese Thesen untermauert. Das Prinzip der unentgeltlichen Ausbildung im BeamtInnenverhältnis sei hier nicht einschlägig, da die zweite Staatsprüfung nicht einer Laufbahnprüfung im BeamtInnenverhältnis entspräche. Schließlich könne ein Volljurist oder eine Volljuristin mit seiner oder ihrer bestandenen zweiten Staatsprüfung viele berufliche Wege gehen und keineswegs ausschließlich den eines Beamten bzw. einer Beamtin oder eines Richters bzw. einer Richterin. Eine Laufbahnprüfung ist eine Station im Leben eines Beamten oder einer Beamtin und dient dazu, für einen Dienstherren Nachwuchs heranzubilden. Die zweite Staatsprüfung dagegen entspricht dem nicht in jedem Falle. Das Prüfungsrechtsverhältnis sei demnach zwar beamtenrechtlich überlagert aber doch eigenständig und abgrenzbar.

Gegen die Auffassung des VG spricht aber einiges. So sind nun einmal ReferendarInnen in Berlin BeamtInnen auf Widerruf und stehen damit in einem BeamtInnenverhältnis. Dieses endet erst mit dem Bestehen oder endgültigen Nichtbestehen der zweiten Staatsprüfung. Die ReferendarInnen sind sogar verpflichtet, an der Prüfung teilzunehmen - ein Verstoß gegen diese Pflicht hätte (auch) Folgen für das BeamtInnenverhältnis. Der VGH sagt deshalb zurecht, dass die zweite Staatsprüfung in das gesetzlich vorgeschriebene Referendariat - und damit in das BeamtInnenverhältnis - eingebettet ist. Die Prüfung diene schließlich der Feststellung, ob die ReferendarInnen das Ziel der Ausbildung erreicht haben und zudem, ob die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren allgemeinen Verwaltungsdienst besteht. Das Prüfungsrechtsverhältnis ist also keineswegs klar vom BeamtInnenrechtsverhältnis zu trennen.

Die Tatsache, dass die zweite Staatsprüfung Unterschiede zu einer Laufbahnprüfung im Sinne des Beamtenrechts aufweist, ist unerheblich. Der VGH stellt dazu fest, dass das Prinzip der unentgeltlichen Amtshandlungen, welche im Zusammenhang mit dem BeamtInnenverhältnis stehen, lediglich der Fürsorgepflicht des Dienstherren entspricht und somit losgelöst von Laufbahnprüfungen gilt.

Außerdem betrifft die Gebühr die Besoldung der ReferendarInnen. Gem. § 1 III Nr. 1 BBesG gehören die Referendariatsbezüge zur BeamtInnenbesoldung. Eine Kürzung dieser Bezüge ist nur gem. § 66 BBesG zulässig. Hier wird aber durch die Gebühr von DM 1000,- indirekt und verdeckt gekürzt.

Das VG behauptet, die Gebühr berühre die Besoldung nicht. Warum wurde dann aber zur Begründung der Gebühr gesagt, dass die Höhe der Gebühr für ReferendarInnen wirtschaftlich tragbar sei, da es zumutbar sei, monatlich DM 50,- von der Besoldung zu sparen? Ist nicht der Verdacht berechtigt, dass hier eine verdeckte Besoldungskürzung vorliegt?

Eine offene und direkte Besoldungskürzung ist durch das Beamtenrecht ausgeschlossen. Das Land Berlin muss also die vollen Bezüge zahlen. Nun holt sich das Land aber durch eine zweifelhafte Gebühr einen Teil des Gezahlten zurück - die Gebühren fließen schließlich in den allgemeinen Haushalt Berlins - und unterläuft so die beamtenrechtlichen Regelungen.

Es ist schon erstaunlich, dass das VG Berlin - mit dessen Urteil die Gebühr stehen oder fallen würde - eine Examensgebühr für rechtmäßig erklärt, während der VGH Mannheim - dessen Urteil rein symbolisch war, da durch die Abschaffung des Referendariats im BeamtInnenverhältnis so oder so keine juristischen Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Gebühr mehr bestehen - den Mumm hat, eine solche Gebühr für rechtswidrig zu erklären.

Fazit: Gezahlt wird überall und die "unbedingte Unabhängigkeit" der Gerichte steht einmal mehr außer Zweifel(?)!

  1. NVwZ-RR 99, 748 ff.

  2. NVwZ-RR 99, 746 f..

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