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Eine starke Truppe
Die Bundeswehr hat grundsätzlich nichts gegen Homosexuelle, verkündete
kürzlich ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums. Ein Glück,
denn die Bundeswehr untersteht einer Regierung, in deren Koalitionsvertrag
verankert ist, dass niemand "wegen seiner sexuellen Orientierung
als Schwuler oder Lesbe diskriminiert werden darf."
Sollte ein Regierungsmitglied, in diesem Fall Verteidigungsminister Scharping,
SPD, mit einer Klausel des Koalitionsvertrages gebrochen haben? Anlass
zu dieser Frage ist die Zwangsversetzung eines Bundeswehroffiziers, dessen
Homosexualität dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) bekannt
wurde. Bis dahin als Ausbilder bei der Luftwaffe tätig, wurde der
Zeitsoldat auf einen Posten im Stab versetzt.
Für den Sozialdemokraten, der die Bundeswehr im Namen der Menschenrechte
einen Angriffskrieg führen ließ, war es ein leichtes, den Diskriminierungsvorwurf
zu dementieren. Der Verteidigungsminister gab in einem Schreiben an Jürgen
Trittin, der ihn wegen des Falles angegriffen hatte, an, "Homosexualität
begründet erhebliche Zweifel an der Eignung und schließt eine
Verwendung aus, die an Führung, Erziehung und Ausbildung gebunden
ist." Warum? Weil Homosexualität noch nicht allgemein in der
Gesellschaft anerkannt und nicht bei allen Soldaten akzeptiert sei. Ein
Ausbilder, dessen Homosexualität bekannt werde, büße an
Autorität ein. Für den Verteidigungsauftrag der Bundeswehr sei
aber unbedingtes Vertrauen zum Vorgesetzten für uneingeschränkte
Einsatzbereitschaft Voraussetzung. Akzeptanz gegenüber Homosexualität
könne nicht "per Erlass" diktiert werden. Auch das Berufssoldatendasein
soll Homosexuellen aus diesem Grunde verwehrt bleiben.
Scharping geht dabei völlig unreflektiert mit der Tatsache um, dass
er eine diskriminierende Norm mit einer diskriminierenden gesellschaftlichen
Auffassung legitimiert. Diese Strategie seitens der den Status quo aufrechterhaltenden
Mächte dürfte routinierten Feministinnen allzu bekannt sein.
Über die Verfassungsbeschwerde, die der Betroffene aufgrund der
Versetzung erhoben hat, ist noch nicht entschieden. Zunächst lehnten
die RichterInnen am 1.9.99 einen Eilantrag des Betroffenen auf sofortigen
Wiedereinsatz in seine frühere Funktion ab. Eine Eilentscheidung
über die Rechtmäßigkeit der Versetzung sei nicht geboten.
Als interessant könnte sich herausstellen, welche Auswirkungen ein
Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)
hat, der sich mit quasi dem gleichen Falle befasste. Es handelte sich
um eine Klage von vier Homosexuellen, die ebenfalls wegen ihrer sexuellen
Orientierung aus den britischen Streitkräften ausgeschlossen worden
waren. Das Gericht befand die Argumente des britischen Verteidigungsministeriums
gegen den Einsatz von Homosexuellen in der Armee, die im wesentlichen
denen des deutschen Ministeriums gleichen, als mit Artikel 8 der EMRK
(Recht auf Privatsphäre) als unvereinbar. Sie basierten auf keinerlei
"beweisbaren" Fakten, sondern auf einer voreingenommenen Haltung
Heterosexueller gegenüber Homosexuellen. Es handele sich um eine
Diskriminierung wie gegenüber Rasse, Herkunft oder Hautfarbe.
Hinzu kommt, dass ebenfalls im Oktober diesen Jahres Frauen verschiedener
Nationalität vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen das
Verbot weiblicher Streitkräfte geklagt haben. Es wurde entschieden,
dass nationale Entscheidungen über Organisation und Führung
der Streitkräfte den Grundsatz der Gleichbehandlung von Frauen und
Männern zu beachten haben. Obwohl die Organisation der Streitkräfte
Sache der Mitgliedstaaten ist, stellte der EuGH ausdrücklich fest,
dass dieser Bereich nicht vom Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrecht
ausgenommen sei. Es dürfte sich also als immer schwieriger herausstellen,
einen Ausschluss von Frauen, aber eben auch von Homosexuellen, zu rechtfertigen.
Im Falle der Frauen räumte der EuGH ein, dass ein Ausschluss dann
gerechtfertigt ist, wenn das Geschlecht unabdingbare Voraussetzung für
eine Tätigkeit darstelle. Ihre "objektiv" feststellbare
Gebundenheit an ihre biologische Voraussetzungen für eine Eignung
kann den Frauen also weiterhin ein Hindernis auf dem Weg zur Gleichbehandlung
sein. Allerdings eine ähnlich objektives Kriterium bei schwulen Männern
zu finden, könnte sich vielleicht auf dem Hintergrund der aktuellen
Rechtsprechung als schwierig herausstellen.
Daneben bleibt die Frage offen, ob die Aufnahme in die Armee ein erstrebenswerter
politischer Erfolg ist. Ob eine von Frauen und Homosexuellen unterwanderte
Bundeswehr dieselbe besser macht, ist mehr als zweifelhaft. Das Militär
ist seinem Wesen nach der Ausdruck eines patriarchal organisierten Gesellschaftssystems.
Und es gibt einiges, für das es sich mehr einzusetzen lohnt, als
gleichberechtigt morden zu dürfen.
Bisher
dürfen nur Männer sanktionslos töten, vergewaltigen, brandschatzen
und ganze Landstriche in Schutt und Asche legen; nämlich im Krieg!
Was für eine himmelschreiende Ungerechtigkeit - wieder einmal stehen
die Frauen außen vor und dürfen nur zusehen, anfeuern oder
voller Sorge um ihren Liebsten in der Heimat hocken.
Schluss damit: Frauen an die Gewehre!
Gäbe es ein Gesetz, welches es Vätern erlaubte, ihre Kinder
zu schlagen und zu foltern, würde doch wohl auch jeder und jede fordern,
dass dieses Vergnügen auch den Müttern zustehen muss - oder?
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