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Zum Treffen von IWF und Weltbank in Prag
In Prag fand am 26./27.9.00 das diesjährige Treffen von IWF und
Weltbank statt. Ca. 15000 Linke aus den verschiedensten Ländern hatten
sich vor Ort eingefunden, um gegen die menschenverachtende Politik von
IWF und Weltbank zu protestieren und das Treffen so gut wie möglich
zu behindern. Die Aktionen waren äußerst vielfältig und
reichten vom "normalen" Demonstrieren, über das Befestigen
von riesigen Bannern an spektakulären Plätzen, friedlichen Blockaden,
Straßentheater und Tanzen bis hin zu militanten Angriffen gegen
die zum Schutz des Treffens aufgefahrene Polizei sowie gegen die üblichen
Einrichtungen (Banken, Mc Donalds, KFC...). Insgesamt kann von einem Erfolg
gesprochen werden, insbesondere, da die Konferenz, die eigentlich auf
drei Tage angesetzt war, schon nach dem zweiten Tag beendet wurde, da
die Sitzungssäle fast leer waren, weil sich viele Deligierte nicht
mehr zum Tagungsort trauten. Das anfängliche Staunen über die
scheinbare Zurückhaltung der tschechischen Polizei gegenüber
den Protestierenden wurde spätestens am Mittwoch durch ein äußerst
brutales und völlig unverhältnismäßiges (Re-)Agieren
der Polizei enttäuscht. Völlig willkürlich und ohne konkreten
Anlaß wurden Leute verhaftet, die wie DemonstrantInnen aussahen.
Dabei wurde deutlich ersichtlich, daß sich die Polizei vor allem
auf die einheimischen Linken konzentrierte. So
kesselte sie am Mittwoch morgen eine Versammlung ein, die als Knastdemo
geplant war, kontrollierte alle Pässe und nahm dabei sämtliche
TschechInnen fest - sie wurden in großen Bussen abgefahren. Auch
bei späteren Informationen über die Anzahl der Verhafteten überwog
der Anteil der TschechInnen immer deutlich, und daß obwohl traurigerweise
nur ein sehr geringer Prozentsatz tschechischer Linker unter den Protestierenden
war. Die also ohnehin schon kleine linke Szene Tschechiens soll hier offensichtlich
völlig eingeschüchtert und zerschlagen werden. Für die
inhaftierten Leute zeigte sich dann das wahre Gesicht der tschechischen
Polizei (wobei dies sicherlich kein Spezifikum der Tschechen ist). Zahlreiche
Leute wurden übel zusammengeschlagen, wobei die Beamten teilweise
Handschuhe mit Eisennoppen, Schlagstöcke und andere Hilfsmittel benutzten.
Mehrere Leute erzählen von prügelnden Bullenspalieren, die sie
durchlaufen mußten. Frauen mußten sich vor männlichen
Beamten ausziehen und wurden dann von diesen "durchsucht". Leuten
wurde bis zu 18 Stunden Essen verweigert. Ein Betroffener erzählt,
daß ihm dann ein Essen verabreicht wurde, von dem ihm die Zunge
schwer wurde und er kurz darauf einschlief. Danach trat er verständlicherweise
in den Hungerstreik. Viele Leute mußten die erste Nacht im Freien
und ohne Decken verbringen. Andere, die ein Dach über dem Kopf hatten,
mußten sich 4 qm zu zwanzigst teilen. Desweiteren wurden ihnen Telefonate
verweigert und viele wurden dazu gedrängt, Dokumente in tschechischer
Sprache zu unterschreiben. Wiederum andere mußten stundenlang in
Anwesenheit der Beamten regungslos dastehen, um keine Prügel zu kassieren.
Besonders übel sind die zahlreichen Berichte darüber, daß
speziell den israelischen Leuten eine eindeutig schlechtere Behandlung
zuteil wurde, als allen anderen. Schließlich berichtet ein Betroffener,
daß in seiner Nachbarzelle ein paar festgenommene Faschisten saßen
(auch sie hatten wohl irgendwo protestiert), die von der Polizei überaus
freundlich behandelt wurden, was soweit ging, daß einem Fascho noch
im Knast eine vorher scheinbar beschlagnahmte Pistole oder Gaspistole
wieder ausgehändigt wurde. Der größte Teil der Festgenommenen
ist mittlerweile wieder frei. Nach Angaben des legal teams sitzen jedoch
zur Zeit (Stand 10.10.00) noch 20 Leute aus Hamburg, Polen, Dänemark,
Spanien und Rumänien, die allesamt wegen "demoüblicher
Straftaten" (Landfriedensbruch, Widerstand, Versammlungsdelikte etc.)
angeklagt sind. Desweiteren hat das legal team über den Verbleib
von 7 Leuten keine Erkenntnisse. Es ist zu erwarten, daß an den
angeklagten AktivistInnen ein Exempel statuiert werden soll, um sie und
alle anderen vom weiteren Engagement gegen die IWF/WB-Treffen bzw. allgemein
von politischem Engagement abzuhalten. Dabei würde dann einiges an
Verfahrenskosten auf sie zukommen, weshalb sie nicht zuletzt unsere finanzielle
Unterstützung brauchen. In zahlreichen Städten, wie Berlin,
Warschau, Poznan, London und Wien fanden bereits Solidaritätskundgebungen
vor den tschechischen Botschaften und anderen tschechischen Einrichtungen
statt.
FREIHEIT FÜR DIE ANGEKLAGTEN PRAGER AKTIVISTINNEN UND ALLE
ANDEREN POLITISCHEN GEFANGENEN! SOLIDARITÄT IST EINE WAFFE!
Rote Hilfe OG Berlin
Spenden bitte an Rote Hilfe e.V. Postbank Dortmund BLZ: 440 100 46 Kto.-Nr.:
19 11 00-462 Stichwort: "Prag2000"
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