akj



Home

Aktuell

Erklärungen

das
freischüßler

      Ausgabe 1/99
     
Ausgabe 2/99
     
Ausgabe 3/99
     
Ausgabe 1/00
    
 
Ausgabe 2/00
     
Ausgabe 3/00
     
Ausgabe 1/01
     
Ausgabe 2/01
     
Ausgabe 1/02
     
Ausgabe 1/03

    
Ausgabe 2/03
      Ausgabe 1/04

    
Ausgabe 1/05

       Ersti-Heft

Vorträge

Projekte

Seminare

Links

Impressum



akj-Projekt:
Broschürenreihe zur politischen Strafjustiz

Unter dem Projekttitel "politische Strafjustiz in deutschen Staaten" hat sich der akj ein nicht gerade bescheidenes Vorhaben gesteckt. In einer Broschürenreihe, die wahrscheinlich zusammen mit der Roten Hilfe veröffentlicht wird, wird eine hoffentlich anschauliche Darstellung politischer Strafjustiz in deutschen Staaten seit 1871 versucht werden. Jedem markanten Abschnitt deutscher Geschichte seit 1871 soll dabei eine Broschüre gewidmet werden. Übrigens soll dieses Projekt nur der Anfang einer stärkeren Zusammenarbeit mit der Roten Hilfe sein. Daher könnt ihr in dieser Ausgabe eine Selbstdarstellung der Roten Hilfe lesen. Zunächst ein paar Gründe, weshalb wir uns zu diesem Projekt entschlossen haben. Ganz grob soll politische Strafjustiz hier so definiert werden, daß sie vorliegt, wenn das "ob" und das "wie" der strafrechtlichen Verfolgung wesentlich von den politischen Anschauungen der Strafverfolgungsorgane bestimmt ist, z.B. wenn bestimmte Menschen vor allem wegen ihrer Gesinnung verfolgt werden. Politische Strafjustiz ist somit ein Verstoß gegen tragende Prinzipien des Strafrechts. Deswegen geben JuristInnen, RichterInnen, PolitikerInnen u.a. nur zu gerne vor, daß mit unserem Recht und unseren Gerichtsverfahren politische Prozesse von vornherein ausgeschlossen sind. Es sei strikt festgelegt, welches Verhalten strafbar sowie in welchem Verfahren dies zu ermitteln und abzuurteilen sei. Für politische Erwägungen sei hier kein Raum. Das ist völliger Nonsens.

Erstens werden die Entscheidungen, der maßgeblich am Ermittlungs- und Gerichtsverfahren beteiligten staatlichen Stellen von Menschen getroffen, die mitunter ganz bestimmte politische Anschauungen und somit auch eine bestimmte Vorstellung vom Umgang mit speziellen Straftätern haben. Zweitens eröffnen die Rechtsvorschriften, nach denen diese Stellen arbeiten eine Vielzahl von Möglichkeiten diese politischen Anschauungen in ihre Entscheidungen einfließen zu lassen, u.a. da die Rechtsnormen selber eine Vielzahl von Ermessensentscheidungen vorsehen, z.B. bei der Frage, ob nach dem Abschluß des Ermittlungsverfahrens Anklage erhoben werden soll oder nicht (§ 170 StPO) oder auch die Beweiswürdigung durch den Richter (§ 261 StPO, freie Beweiswürdigung). Schließlich gibt es Straftatbestände und Verfahrensvorschriften, die speziell auf politische Strafverfahren zugeschnitten sind. In unserem Projekt wollen wir aufzeigen wann, warum und in welcher Weise es in der jüngeren deutschen Geschichte politische Strafjustiz gab und gibt, eventuelle Kontinuitäten sichtbar machen und dem Mythos vom neutralen Recht und den unparteiischen Richtern ein Ende bereiten. Zum derzeitigen Stand der Planung und Realisierung sind folgende Broschüren geplant:

  1. 1871 bis 1918. Hier soll u.a auf die politisch motivierte strafrechtliche Verfolgung von Sozialisten und Anarchisten eingegangen werden, sowie auf die "Säuberung" der JuristInnenschaft durch Bismarck.

  2. Die Strafjustiz der Weimarer Republik war durch eine stark reaktionäre und nationale RichterInnenschaft geprägt, die oft mit der äußersten Rechten sympatisierte. Daraus ergab sich eine nach rechts fast völlig blinde Strafjustiz, linke Gesinnung wurde dagegen mit allen Mitteln kriminalisiert - beides Phänomene, die sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der deutschen Strafjustiz ziehen.

  3. Für die Zeit des Nationalsozialismus soll u.a. gezeigt werden, wie die RichterInnen- und AnwältInnenschaft gleichgeschaltet wurde. Weiterhin soll hier auf die eigens geschaffenen Sondergerichte im ganzen Land mit dem zenralen von der NSDAP besetzten Volksgerichtshof, sowie auf die Rolle des Reichsgerichts eingegangen werden. Unter Beibehaltung des bürgerlichen Rechts wurde die Justiz völlig durch die politische Herrschaft geformt und war ihr untertan. Schließlich wird darauf eingegangen, daß sich im Laufe der Zeit die Polizei unter voller Zustimmung des Justizministeriums als Korrekteur nicht befriedigender strafrechtlicher Entscheidungen entwickelte. So mancher Angeklagte hoffte daher von den Gerichten nicht freigesprochen zu werden, um nicht später von der Gestapo ins Konzentrationslager gebracht zu werden.

  4. Eine weitere Broschüre soll sich der politischen Strafjustiz in der DDR widmen, wo stark gegen jegliche öffentliche Systemkritik vorgegangen wurde, die u.a. von Menschen aus der Friedensbewegung oder aus Kirchenkreisen kam.

  5. Bei der Betrachtung der BRD der 50er und 60er Jahre soll ein genauerer Blick auf die Art und Weise der strafrechtlichen Verfolgung von angeblichen KommunistInnen geworfen werden, die faktisch eine Verfolgung jeglicher linker Betätigung darstellte.

  6. Für die BRD der 70er Jahre wird der Schwerpunkt auf dem strafrechtlichen Umgang mit RAF-Mitgliedern und deren angeblichen SympatisantInnen, sowie auf den Notstandsgesetzen liegen. Dabei soll evtl. auch auf die Prozesse gegen angebliche RAF-Leute in den 80er und 90er Jahren eingegangen werden.

  7. In einer Darstellung der 80er Jahre in der BRD wird es u.a. um die Kriminalisierung des Anti-Atomwiderstandes, der Friedens- und der Hausbesetzerbewegung gehen.

  8. Schließlich wird auf die 90er Jahre eingegangen werden, die u.a. durch die Kriminalisierung (organisierter) antifaschistischer Aktivitäten, politisch aktiver KurdInnen und sogenannter Schleuser gekennzeichnet waren. Außerdem wird hier ein näherer Blick auf den strafrechtlichen Umgang der Justiz mit rechten Straftätern und straffälligen PolizistInnen geworfen, der nämlich im krassen Gegensatz zur Verurteilung (angeblich) linker Straftäter steht.

back