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Was kostet die Welt?

Neue Gebühren für FRS und LL.M.



Am Anfang war die Idee. Angesichts des Globalisierungsprozesses von Politik und Wirtschaft und dem Selbstverständnis der internationalen scientific community Rechnung tragend hielten die nachwendlichen NeuschöpferInnen der Juristischen Fakultät an der Humboldt-Uni es für sinnvoll, nicht nur ein neues Recht (nämlich das richtige deutsche) zu lehren, sondern den juristischen Horizont ihrer Studierenden auch auf die Rechtssysteme anderer Länder auszuweiten. Entsprechend führten sie das fremdsprachliche Rechtsstudium als studienbegleitende Weiterbildung für erfrischend viele verschiedene Sprachen ein. Für neue Ideen gibt’s Geld. Besonders dann, wenn sie dazu beitragen, die Humboldt-Uni gegenüber anderen Unis herauszustellen. Fortan konnten die interessierten Studis daher ihre Sprachkenntnisse in Englisch, Russisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Chinesisch, Portugiesisch oder Griechisch um juristische Fachkenntnisse zum Recht der jeweiligen sprachführenden Länder, ihre Fachkenntnisse um neue Sprachen oder ihre Unkenntnis um beides erweitern.

Nun ist das Geld alle. Zumindest für diese nun nicht mehr so neue Idee. Schließlich gibt es genügend andere Ideen, insbesondere in der Forschung. Auch wenn diese sich manchmal noch immer mit dem nicht richtigen, sozialistischen Recht beschäftigt. Und gegenüber anderen Universitäten herausstellen kann sich eine juristische Fakultät in der Mitte der Hauptstadt wohl am besten durch aufsehenerregende Veranstaltungen mit prominenten Gästen. Natürlich auch zu internationalen Themen. Dafür wird Geld gebraucht. Für rote Teppiche zum Beispiel oder für große Buffets. Doch woher nehmen und nicht stehlen? Diebstahl ist strafbar. Aber nur, wenn es keinen Rechtfertigungsgrund gibt.

Eine neue Idee macht die Runde. Als gute JuristInnen haben wir gelernt: Blick ins Gesetz erleichtert die Anspruchsnormenfindung. Was nicht verboten ist oder abschließend geregelt, ist zulässig. Gem. § 2 der “Satzung zur Erhebung von Entgelten für die Teilnahme an Weiterbildungsveranstaltungen der Humboldt-Universität zu Berlin” (Amtliches Mitteilungsblatt der HU Nr. 31/1999) ist es den Fakultäten durch Satzung erlaubt, für Angebote der Weiterbildung eine finanzielle Beteiligung von den Studierenden zu verlangen. Auf diesen Gedanken war vor zwei Semestern bereits das Sprachenzentrum gekommen, das sich, in seiner Existenz bedroht, auf eine Art Notstand berief, um fortan für alle Sprachkurse, die nicht Teil der Studienordnung eines Studiengangs (und damit von der gesetzlichen Studiengebührenfreiheit erfaßt) sind, 5 € je Semesterwochenstunde nebst Skriptkosten zu verlangen. Dem studentischen Korrektiv in den akademischen Gremien ist es zu verdanken, dass dabei dem Sozialstaatsprinzip durch die Einführung einer Befreiungsklausel für sozial bedürftige Studierende entsprochen wurde.

Der Leiterin des Sprachenzentrums, Monika Zielinski, wurde damals nicht nur von Seiten der Studierenden vorgeworfen, ihr Haus mit Sandsäcken zu schützen, die jetzt auf dem brüchigen Damm zur Sicherung des gebührenfreien Studiums fehlen. Ihr Mann bezeichnete sie (im Zustand verminderter Schuldfähigkeit gem. § 21 i.V.m. § 20 Alt.2 StGB) daher treffend als “Speerspitze der Studiengebühren”. Eine Speerspitze, die sich in der Hand von JuristInnen schnell zu einem gefährlichen Werkzeug entwickelt hat. So konnte sich die juristische Fakultät in ihrer Satzung zu einem Erlass der Gebühren11 aus sozialen Gründen nicht entschließen, allenfalls zu einer Ermäßigung. Den ständig nörgelnden Studierenden in der Kommission für Lehre und Studium des Akademischen Senats (LSK) geht das nicht weit genug. Sie lehnten die Entgeltordnung ab. Die besten Ideen werden eben oft verkannt. Insbesondere dann, wenn sie eine Belastung für die Menschen bedeuten, die über sie abzustimmen haben. Aber eine wehrhafte Demokratie, weiß um die Bedeutung ihrer Wissenschaft und hat ihre Universitäten in akademischer Auslegung des Art. 5 III (1) GG so organisiert, dass die endgültige Entscheidung über gute Ideen regelmäßig in Gremien gefällt wird, in denen Menschen über die Mehrheit verfügen, die das Grundrecht auf Wissenschaftsfreiheit auch voll in Anspruch nehmen können. Im Akademischen Senat zum Beispiel. Dort verfügen die ProfessorInnen über 13 der 25 Sitze und als BeamtInnen auch über gesicherte Bezüge. Sowas ist nämlich wichtig, um unabhängig und objektiv entscheiden zu können - besonders über andere. Sagt Max Weber und ist damit einer der wenigen Soziologen, der von den JuristInnen ernst genommen wird.

Gute Ideen lassen sich ausbauen. Besonders dann, wenn sie Geld bringen. So beschloß der Fakultätsrat die Erhöhung der Studienentgelte für den weiterbildenden postgradualen Studiengang zum Erwerb des akademischen Grades “Magister Legum/Magistra Legum (LL.M.) auf 1.100 € pro Semester gleich mit. Da rechtsstaatliche und besonders verwaltungs-demokratische Verfahren nach allgemeiner Erfahrung sehr anfällig für Verfahrensfehler sind, wurden diese Entgeltregelung im verkürzten Verfahren gem. § 2 III (2) der Entgeltsatzung der HUB kurzerhand vom Präsidenten erlassen. Der will rote Teppiche auch in Zukunft in seinem Haus und Prominente sowieso. Hauptsache, es gibt nicht zu viel Öffentlichkeit, die den Teppich beschmutzen oder den Vortrag herausragender WissenschaftlerInnen stören und in die Wissenschaftsfreiheit eingreifen könnte, wie dies im Falle des bekannten Europarechtlers Dr. E. Stoiber geschehen ist. Der hat zwar keine Mark für sein Studium gezahlt, aber er wäre es sich wenigsten Wert gewesen.

Severus Snape






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1Es sind natürlich keine Gebühren im juristischen Sinne, da diese nach dem Kostendeckungsprinzip voraussetzen, dass sie der Höhe der tatsächlichen Aufwendungen der Verwaltung entsprechen.