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Offener Brief an den
arbeitskreis kritischer juristinnen und juristen

Liebe akj-Leute,

Eure kürzlich erschienene Informationsschrift "das freischüßler" zwingt zum Widerspruch.

Aktiver Pazifismus erfordert nicht das ewige Widerkäuen fremder Phrasen, sondern die Entwicklung eigener, neuer Ideen. Wenn man solche nicht hat, sollte man es zugeben.

In der aktuellen, von Ratlosigkeit gekennzeichneten Lage wird jeder dafür Verständnis haben.

Der Satz "Krieg wird wieder zu einem regulären Mittel der Politik" (Eure Erklärung auf S.16) ist in den letzten Jahren so oft gefallen, daß man inzwischen den Eindruck hat, die Welt sei vor zehn Jahren noch ein wahrer Friedenshort gewesen. Kurz: Ihr könnt diesen Satz nicht verwenden, weil Ihr damit impliziert, daß die Bundesregierung einmal einen antimilitaristischen Kurs vertreten habe. Das ist aber ganz offenbar Eure Meinung nicht (S.16, selber Absatz).

Zudem überseht Ihr, wenn Ihr solches sagt, daß wir alle, und mag dies auch zynisch klingen, dem Krieg ein Dasein verdanken, in dem man solche Sätze sagen darf, ohne in Lebensgefahr zu geraten. Oder wie hätte Eurer Ansicht nach eine politische Lösung des Falles Hitler aussehen können? Wohlgemerkt: es geht um die prinzipielle Möglichkeit, einen solchen Satz zu sagen. Es geht nicht um einen Vergleich zwischen Hitler und Milosevic; diesen aus historischer Perspektive anzustellen muß künftigen Generationen vorbehalten bleiben.

Ich hoffe auf nichts mehr als auf eine friedliche Beilegung des Konfliktes. Das, wenngleich ich die Chancen schwinden sehe angesichts der unnachgiebigen Haltung der Vereinigten Staaten und der mangelnden Emanzipation der am Krieg beteiligten europäischen NATO-Mitglieder. Aber auch hier kann man zu konsensualen Ergebnissen nur gelangen auf dem Wege sachlicher, nachvollziehbarer und streitbarer Argumentation.

Dasselbe gilt auch für fast alle anderen Artikel. (Schade übrigens, daß kein einziger von ihnen namentlich gekennzeichnet war.) Der Austausch bloßer Überzeugungen und Polemiken kann in der politischen Diskussion nie zu dauerhaften Ergebnissen führen. Ganz gleich, ob auf Schülerzeitungsniveau: ,,die ach so freiheitlichen und demokratischen USA" (S.13) oder schon recht menschenverachtend: ,,Die tatsächliche Reaktion bei den Betroffenen sah anders aus. Der Staat rief - ihr Speichel war gefragt - da ziehen sie also aus, um ihren Speichel herzugeben" (S.9). Ganz schön dumm müssen wohl Bürger sein, die so etwas tun. Gut, daß Ihr klüger seid.

Was diese Fakultät bitter nötig hat, ist ein arbeitskreis kritischerjuristlnnen.

 

Mit besten Grüßen

Birger Dölling, stud. iur.

Antwort des akj

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