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Taxifahrer als Hilfssherriffs?

Um Euer Interesse durch langweilige Einführungen nicht gleich zu verspielen, hier die "traurige Wahrheit" gleich zu Beginn: Nach Ansicht meherer deutscher Gerichte1, der Staatsanwaltschaft und des Bundesgrenzschutzes sollen Taxi- und Busfahrer in der BRD, um nicht in die Gefahr einer bis zu fünfjährigen Haftstrafe wegen Einschleusens von Ausländern nach § 92a AuslG zu kommen, sich gegenüber ausländisch aussehenden Fahrgästen Kontrollbefugnisse anmaßen, die ihnen überhaupt nicht zustehen und somit gegen die allgemeine Personenbeförderungspflicht aus §§ 22 iVm 61 I Nr.3c PBefG und gegen das Gleichheitsgrundrecht aus Art. 3 III GG2, wonach u.a. niemand wegen seiner Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat oder Herkunft benachteiligt werden darf, verstoßen und bei den geringsten Ungereimtheiten beim Fahrgast, diesen beim BGS denunzieren. Kurz gesagt - die genannten staatlichen Stellen fordern von Bus- und Taxifahrern die Diskriminierung von Ausländern und deren Denunziation. Starker Tobak sicher nur für den, der bislang noch die Augen verschließt vor dem ausländerfeindlichen Alltag im deutschen Staate, deshalb aber nicht weniger schlimm.

Nun aber der Reihe nach

Gegen Taxifahrer liefen in den letzten zwei Jahren in Sachsen, Brandenburg und Berlin über 100 Verfahren (im Landkreis Zittau gegen 22 von insgesamt 73 Fahrern) wegen Einschleusens von Ausländern, bei denen mehrere zu Haftstrafen ohne Bewährung bis zu 2 ½ Jahren (!!!) verurteilt wurden. Grund dafür war, daß sie Ausländer befördert hatten, die sich illegal in der BRD aufhielten. Trotz teilweise guter Deutschkenntnisse dieser Personen, trockener Kleidung (nasse Kleidung deutet auf das illegale Durchschwimmen der Oder-Neiße-"Festung-Europa"-Grenze hin) und vorgezeigter Personalausweise (selbst dies dürfen Taxi- und Busfahrer eigentlich nicht verlangen) hätten die Taxifahrer "weiterforschen" müssen, ob es sich bei den Personen um Illegale handelt, d.h. sich auch noch deren Aufenthaltserlaubnis zeigen lassen sollen. Dazu sind Taxifahrer jedoch in keiner Weise berechtigt. Vielmehr sind sie nach § 22 PBefG verplichtet jeden Menschen bei Einhalten der Beförderungsbedingungen ohne weiteres zu befördern, desweiteren gilt auch für sie das oben genannte Diskriminierungsverbot des Art. 3 III GG, gegen das sie mit dem von den Gerichten und dem BGS geforderten Verhalten verstoßen würden.

Der BGS fordert von den Taxifahrern in einer Handreichung an diese weiterhin bei dem geringsten Verdacht, der Beförderte könnte ein illegaler Grenzgänger sein, dies über Funk zu melden, so daß die Festnahme gleich aus dem Taxi heraus stattfinden kann. Im Klartext: Denunziation.

Um zu beweisen bzw. zu unterstellen die Taxifahrer würden vorsätzlich und gegen Entgelt handeln, schreckt der BGS auch nicht vor der Benutzung falscher Zeugen vor Gericht zurück. So präsentierte er in einem Verfahren gegen Bernd Heinz L. im Dezember 1997 vor dem LG Görlitz einen angeblich reuigen Taxi-Schleuser als Kronzeugen, der früher an 12 Schleusungen von Ausländern teilgenommen haben soll. Die Verteidigung konnte jedoch dank der modernen Technik unbeanstandet beweisen, daß bei diesen angeblichen Schleusungen der Zeuge insgesamt mindestens zehnmal mit dem BGS telephoniert hatte, d.h. er schon damals mit dem BGS zusammenarbeitete und sein Fall somit keine Rückschlüsse auf das Verhalten anderer Taxifahrer zuläßt.

Die von den Gerichten trotzdem in den Urteilen unterstellte Eingliederung der Taxifahrer in eine organisierte Schleuserstruktur als letztes Bindeglied konnte nach Ansicht der VerteidigerInnen Karin Zebisch und Lothar Mau in keinem Fall bewiesen werden, ja nicht mal der Nachweis, daß die Taxifahrer wußten, daß es sich bei den beförderten Personen um illegal Eingereiste handelte, war möglich wie selbst Staatsanwalt Eugen Larres zugibt3. Für die Verurteilungen war somit allein ausschlaggebend, daß die Taxifahrer nicht der geforderten rassistischen Kontrolle iher Fahrgäste, die zudem gegen die Personenbeförderungspflicht und Art. 3 III GG verstößt, nachgekommen sind bzw. falls sie einen gewissen Verdacht hatten, nicht die vom BGS geforderte Denunziation betrieben haben.

Fazit

Nach alledem ist ersichtlich, daß es für Taxifahrer ein hohes Risiko birgt, ausländisch aussehende Menschen zu befördern und es nicht verwundern wird, wenn Taxifahrer in Zukunft auf's Gaspedal drücken, wenn solche Menschen am Straßenrand ein Taxi heranwinken wollen. In ihrem Bedürfnis aus Europa eine Festung zu machen, die unerwünschten Personen keinen Einlaß bietet, haben der BGS, die Staatsanwaltschaft sowie die Gerichte keine Skrupel davor, ihre Staatsbürger zu ausländerdiskriminierendem Verhalten und Rechtsbrüchen zu drängen. Wer muß sich da noch über Die Wahlerfolge von faschistischen Parteien und die alltäglichen rassistischen Übergriffe zumeist ostdeutscher Jugendlicher wundern.

Das hierfür notwendige Klima wird von staatlichen Stellen in der BRD immer wieder in unentschuldbarer und unerträglicher Weise geschürt.

Martin Henselmann


  1. siehe z.B. Urteil des LG Görlitz vom 19.12.1997; AG Zittau vom 1.12.1997.

  2. aufgrund der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte.

  3. so in der Jungle World vom 21.10.98.

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