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Sensationeller Erfolg

Mit nur 6.200 BeamtInnen gelang es am späten Samstagvormittag des 10. Juli 1999 der Hamburger Polizei, eine Menschenmenge von etwa 300 GegendemonstrantInnen von einem ordentlich angemeldeten Aufmarsch des Abschaums (Zitat "Hamburger Abendblatt" vom 12.07.99) gegen die Wehrmachtsausstellung, mit etwa der gleichen Teilnehmerzahl, fernzuhalten und den Aufmarsch durchführen zu lassen. Es war eine taktische, professionelle Glanzleistung (Innensenator Wrocklage) der Polizei, die den Rechtsstaat und seine freiheitlich demokratische Grundordnung bis auf den Gummiknüppel verteidigte. Es sei ihr mit großer Mühe gelungen, den aufgebrachten linken Mob von den Nazis fernzuhalten, um diesen ihre Grundrechte auf Demonstrations- und Versammlungsfreiheit zu gewährleisten.

Die Dimension der Glanzleistung wird einem Außenstehenden erst bewußt, wenn man bedenkt, daß die Polizei nur mit 6.200 Männern und Frauen in voller Kampfausrüstung, jede Menge Wasserwerfern und Räumfahrzeugen bei Fuß stand, um ein Zusammentreffen zwischen Nazis und AntifaschistInnen zu verhindern.

Leider mußten 97 linke DemonstrantInnen vorläufig festgenommen werden, aber das war ja zu erwarten. Aus diesem Grunde nämlich wurde eine linke Gegendemonstration erst gar nicht zugelassen bzw. verboten.

Daß die Nazis während ihrer Demonstration Parolen wie "Ruhm und Ehre der Waffen SS" skandierten, stellt zwar eine Straftat dar (§ 130 III StGB) und hätte die BeamtInnen eigentlich dazu veranlassen müssen einzuschreiten bzw. die Demo zu beenden, hier konnte die Polizei jedoch nicht einschreiten, da eine Eskalation verhindert werden sollte, und das Grundrecht auf Demonstration auch für Abschaum gewährleistet werden müßte (so die Verantwortlichen der Polizei - und ihr Chef zumindest so ähnlich).

Damit die AntifaschistInnen nicht vor Kummer zugrunde gingen, wurde ihnen erlaubt, eine Kundgebung auf dem Gänsemarkt in der Innenstadt abzuhalten, dieser war ca. 15 km vom Aufmarschplatz in Bergedorf entfernt. Eine, wie sich später herausstellte, durchaus sinnvolle Maßnahme, konnte die Innenstadt, die um diese Zeit eher dem ruhigen Wochenende entgegenstrebt, belebt werden und der Einzelhandel Rekordumsätze im Verkauf von Getränken verzeichnen (taz Hamburg 12.07.99).

Nur 350 Menschen fanden sich auf dem Gänsemarkt bei 30° C im Schatten zusammen und versuchten, dieser Posse doch noch etwas entgegen zu setzen.

Auf der Kundgebung sprach unter anderem ein Dozent der Fachhochschule für Verwaltung und Polizei gegen den Aufmarsch und die einseitige rechtliche Handhabung der Entfaltung von Grundrechten und grüßte nebenbei seine ehemaligen SchülerInnen, die in der Zwischenzeit sämtliche Zu- und Abgänge zum und vom Gänsemarkt abgeriegelt hatten. Ein wahrlich an Absurdität kaum zu übertreffendes Schauspiel.

Über die einzige genehmigte Demo an diesem doch so schönen Sommertag durften sich die TeilnehmerInnen des BAKJ-Kongresses freuen, der an der Uni Hamburg an diesem Wochenende stattfand. Bei ihrem Spaziergang von der Uni zum Gänsemarkt wurden keine Steine, Farbbeutel oder Eier erwartet und auch Satorius und HSOG (Hamburger Sicherheits- und Ordnungsgesetz) wurden nicht zu Wurfgeschossen umfunktioniert. Freudig wurden wir (angehende JuristInnen wohlgemerkt, was wohl die These widerlegt das nur ein/e JuristIn am Meeresgrund ein gute/r JuristIn ist) von den AntifaschistInnen begrüßt. Dies sollte aber auch das einzige freudige Ereignis an diesem Tag bleiben, denn der Rückweg zur Uni, der auch als Demo angemeldet war, gestaltete sich nun etwas schwieriger. Vereinigt mit den anderen Aufrechten stellten wir nun plötzlich eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar, was die Polizei durch Drohgebärden, Zähnefletschen und unkontrollierte Schaumbildung im Mundbereich deutlich zu erkennen gab.

Wir, der akj, konnten die Polizei jedoch mit juristisch spitzfindigen Argumenten davon überzeugen, daß wir berechtigt sind, unsere Demo weiter durchzuführen. Diese geistige, zwar nicht besonders anspruchsvolle, doch eben geistige Leistung, war für die Einsatzleitung der Polizei dann wohl doch zuviel. Wer durfte denn nun gehen und wer von den Menschen die hier vor Ort waren war wirklich ein/e JuristIn. Es brachen alle Dämme der PolizistInnenmasse und wir haben es tatsächlich geschafft, an diesem bitteren Tag, mittlerweile nachmittag, der Polizeimeute noch ein Schnippchen zu schlagen.

Fazit dieses Trauerspieles ist, daß Nazis in Deutschland ungehindert und rechtlich legitimiert marschieren und menschenverachtende Parolen skandieren dürfen, währen Menschen, die sich auch durch ein martialisches Polizeiaufgebot von 6.200 PolizeibeamtInnen nicht davon abhalten lassen ihre Meinung kund zu tun, von den Einsatzkräften massiv daran gehindert werden, dem Abschaum aufs Maul zu hauen.

Danke Hamburg, wir kommen wieder, aber das nächste mal bringen wir Verstärkung mit - Hugh!

Eric Brodbeck, Michael Wittich

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