Bericht vom BAKJ-Kongress
Der Bundesarbeitskreis kritischer Juragruppen (BAKJ) veranstaltet zwei
mal im Jahr einen jeweils dreitägigen Kongreß. Dabei stehen
die beiden ersten Tage jeweils unter einem bestimmten thematischen Schwerpunkt,
während der letzte Tag Organisationsinterna gewidmet ist. Die Mitarbeit
in einer BAKJ-Gruppe ist nicht Voraussetzung zur Teilnahme, denn der Kongreß
ist öffentlich.
So fand denn auch im Juli dieses Jahres der Kongreß an der Hamburger
Uni unter dem Motto "Recht rationiert - Der Rechtsstaat unter politischem
und ökonomischem Druck" statt. Den Auftakt bildete eine Podiumsdiskussion
zum Thema "Grundrechte - Waren oder Werte".
Am Sonnabend vormittag konnte man sich zwischen acht Arbeitsgruppen entscheiden
- sie beschäftigten sich mit politischer Verfolgung während
des Kalten Kriegs, Berufsverboten, dem Asylrecht, den Grundrechten im
Strafvollzug, dem Krieg im Kosovo, der Verfolgung von Obdachlosen im Nationalsozialismus
und dem Gleichheitsgebot des Art. 3 GG. Die wohl mit Abstand peinlichste
Leistung der KongreßorganisatorInnen stellt dabei die Besetzung
der Arbeitsgruppe "Grundrechte im Strafvollzug" dar. Als kompetente
ReferentInnen wären (ehemalige) Betroffene, Betroffenenorganisationen,
Anwälte, die Prozesse um die Verhältnisse im Strafvollzug führen,
linke Knastgruppen in Betracht gekommen. Aber wer ist wohl am kompetentesten,
kritisch über Grundrechtsverletzungen im Strafvollzug zu berichten?
Richtig, die die sie ausführen, die SchließerInnen. So war
denn auch eine stellvertretende Knastleiterin Referentin dieser AG. Unter
denen, die die Aufrechterhaltung der Herrschaftsverhältnisse tagtäglich
praktizieren, scheint es ganz allgemein chic zu sein, zur Abwechslung
mal auf einem kritischen Kongreß zu dozieren und das Gewissen ein
bißchen zu beruhigen. So durfte ein VG-Richter, dessen Kammer eine
Demo militanter Nazis in HH-Bergedorf genehmigt hatte und für antifaschistische
Demonstrationen ein stadtweites Verbot verhängt hatte, über
"Zivilen Ungehorsam als Rechtfertigungsgrund im politischen Strafrecht"
referieren. Es ist verständlich, wenn Richter und JVA-Leiter das
Bedürfnis haben, sich als irgendwie doch anständige Menschen
in Szene zu setzen. Nicht verständlich ist aber, wenn Leute, die
einen sich als links verstehenden Kongreß organisieren, darauf hereinfallen,
anstatt die Verhältnisse aus kritischer Perspektive zu betrachten.
Potentieller
späterer Mandant
Informativ waren dagegen die anderen AGs. So zeichnete sich das Referat
des Hamburger Ö-Rechtlers Helmut Rittstieg dadurch aus, daß
er nicht nur - wie das auch die Völkerrechtler der HU tun - die Völkerrechtswidrigkeit
des Bundeswehr- und NATO-Übergriffs belegte, sondern auch die verheerenden
politischen Konsequenzen wie Brutalisierung der internationalen Beziehungen
und Rüstungsschub aufzeigte.
Nach dem Ende der Arbeitsgruppen nahm der Kongreß geschlossen an
einer Protestkundgebung gegen die oben erwähnte Nazi-Demo teil. Als
die Kundgebungsteilnehmer zu einer spontanen Demonstration aufbrechen
wollten, wurde ihnen das von der Polizei verwehrt, obwohl die Entfernung
zur Nazi-Demo etliche Kilometer betrug.
Schließlich verhinderte die polizeiliche Sperre auch die Fortsetzung
des Kongresses, da sie zwischen uns und dem Veranstaltungsort lag. Nur
nach langen Verhandlungen konnten wir unser Passieren durchsetzten und
den Kongreß mit Verspätung fortsetzen.
Am Nachmittag standen mehrere AGs zur politischen Justiz auf dem Programm
- sowohl aus historischer als auch aus aktueller (Verfolgung von KurdInnen)
Perspektive. Daneben gab es AGs zur "Privatisierung der Stadt"
und zu einigen anderen Themen.
Am Sonntag morgen fand ein Plenum statt. Darin berichteten die einzelnen
Gruppen aus ihrer Arbeit und über beeindruckende Triumphe. Natürlich
bleibt festzuhalten, daß keine der Gruppen so erfolgreich ist wie
der akj an der HU Berlin...
Alles in allem hat der Kongreß viel Spaß gemacht. Wann der
nächste Kongreß stattfindet, erfahrt ihr beim Plenum des akj
jeden Dienstag um 19 Uhr sowie unter www.rewi.hu-berlin.de/AKJ
und www.bakj.de.
rd
Zum selben Kongreß gibt es auch eine Rezension
der Fachschaftsinitiative Jura Erlangen und den Kongress-Reader.
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