Folterung
irakischer Gefangener durch brit. und us-amerik. Militärs
Die
im Mai bekannt gewordenen Fälle systematischer Folter im Militärgefängnis
von Abu Ghraib überraschen hierzulande eigentlich niemanden
wirklich. Dennoch lassen sie, nach dem der Grund des dritten Irakkrieges,
die angebliche Existenz von Massenvernichtungswaffen, entfallen
ist, die "Mission" der Koalition der Willigen und
die letzte Glaubwürdigkeit der US-amerikanischen Demokratisierungsbemühungen
als das dastehen, was sie sind: imperialer Utilitarismus (siehe
freischüßler
2/2003: Like
it or not - Hegemonie des amerikanischen Traums Prof. Michael
Glennon, Rechtsprofessor aus Massachusetts, erklärt uns das
neue Völkerrecht).
Wie die US-Armee mittlerweile einräumte, starben allein seit Ende
2002 im Irak und in Afghanistan mindestens 25 Gefangene in US-Gewahrsam.
Abgeordnete von Demokraten und Republikanern forderten daraufhin
eine unabhängige Untersuchung der Vorfälle (junge
Welt: Bericht vom 06.05.2004). Der Bericht
zeichnete folgendes Bild von der im Gefängnis zur Bewachung
eingeteilten Militärpolizei: Ein zusammen gewürfelter Haufen
von Reservisten, heillos überfordert und frustriert. Die Häftlingsaufseher
trugen teilweise Zivilkleidung, und alte Freundschaften waren wichtiger
als die Kommandostruktur der Militärhierarchie (Stern.de
vom 09. Mai 2004). Während US-Verteidigungsminister Donald
Rumsfeld die Folterungen noch verteidigte, musste sein Vize,
Paul Wolfowitz, im US-Senat eingeräumen, dass die Verhörmethoden
amerikanischer Soldaten in irakischen Gefängnissen gegen die Genfer
Konventionen verstoßen. (jW-Bericht
vom 15.5.2004).
US-Präsident George W. Bush erklärte noch am 5.
Mai im Gespräch
mit dem von den USA finanzierten arabischen Sender Al Hurra: "Was
in diesem Gefängnis geschah, repräsentiert nicht das Amerika, das
ich kenne. Das Amerika, das ich kenne, ist ein mitfühlendes Land,
das die Freiheit liebt. Das Amerika, das ich kenne, kümmert sich
um jeden Einzelnen." An dieser Aussage lässt sich
zweifeln, wie die Recherchen des WDR-Magazins
Monitor vom 6. Mai 2004 ergaben, wonach das Pentagon schon seit
seit Monaten von den Vorfällen wusste, den Präsidenten informierte
und tat alles, um die Sache zu verheimlichen. Schließlich
meldete das US-Magazin "The
New Yorker", das Fotografieren von Gefangenen im Irak und in
Afghanistan sei nicht zufällig geschehen, sondern Bestandteil eines
entmenschlichenden Verhörprozesses gewesen.
Es steckt System dahinter. Sieger-Arroganz, Missachtung internationalen
Rechts. Und die mangelnde Kontrolle von Spezialeinheiten. Genau
das ist die Strategie im Umgang mit (politischen) Gefangenen, im
Angesicht enger völkerrechtlicher Konventionen zum Umgang mit
Kriegsgefangenen:
Die Flucht in den rechtsfreien Raum.
Und solche Orte finden sich nicht nur in Guantánamo
Bay. Rund 9000 Menschen werden von der US-Armee, militärischen Sondereinheiten
und dem Geheimdienst CIA weltweit unter Terrorismusverdacht festgehalten.
Zwischen 6000 und 7000 Gefangene saßen zuletzt allein im berüchtigten
Abu-Ghraib-Gefängnis nahe der irakischen Hauptstadt Bagdad ein.
Weitere "Verhörzentren", so die offizielle Sprachregelung aus Washington,
befinden sich unter anderem bei Kabul, am internationalen Flughafen
von Bagdad und auf dem Gelände des US-Luftwaffenstütz-punktes im
Emirat Katar. Zu diesem Ergebnis kommt die US-Tageszeitung "Washington
Post" (dazu Harald C. Neuber: Verhöre
im rechtsfreien Raum).
Bürgerrechtsorganisationen,
das Rote
Kreuz und das UN-Menschenrechtkommissariat
verurteilen die Misshandlung irakischer Gefangener und fordern einen
Rückzug der US-amerikanischen Truppen aus dem Irak. Das UNHCR
erklärte in Genf, die Misshandlung sei ein "Schandfleck" auf
dem Weg zum Frieden im Irak. "Wir sind über die Lage nach Beginn
der Kontrolle der Koalitionstruppen besorgt", so der Bericht des
UN-Hochkommissars für Menschenrechte (UNHCHR), Bertrand Ramcharan,
weiter. Die US-geführten Truppen im Irak und die irakische Übergangsregierung
müssten dringend Schritte einleiten, um den Schutz der Menschenrechte
zu verbessern.
[7. Juni '04] Das Verteidigungsministerium der USA hat
im vergangenen Jahr nach Presseinformationen ein Rechtsgutachten
vorgelegt, demzufolge US-Präsident George W. Bush nicht an Gesetze
und Verträge zum Verbot von Folter gebunden ist. Personen, die auf
der Grundlage seiner Anordnungen folterten, könnten demnach auch
nicht juristisch belangt werden (weiter).
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