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Zensur im Internet und an der Litfaßsäule


LKA Berlin will die Pressefreiheit einschränken


Was tun bei öffentlicher Kritik an Polizeieinsätzen? Vor allem, wenn diese mittels eines Plakates (Bild) unschöne Praktiken dokumentieren, die in der Allgemeinbürgerin den Gedanken aufkommen lassen könnten, dass es mit der viel gerühmten Gelassenheit der Berliner Polizei nicht so weit her ist.


Bei Übergriffen der Polizei besteht immer auch für BeobachterInnen die Gefahr des Einschreitens durch die Polizei mit Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges (“Beschlagnahme” des Fotoapparates, Belichten des Filmes) oder gar von strafbaren Körperverletzungen (siehe den Fall des Hamburger Journalisten Oliver Neß, der in einer Racheaktion von mehreren Polizisten mißhandelt wurde (freischüßler). Die Angst der PolizeibeamtInnen vor einer Dokumentation ihres Handelns ist groß, da Straftaten vor allem ihnen selber, aber auch dem Staat gefährlich werden könnten. Eine Handlungsanleitung, wann gegen BeobachterInnen vorzugehen ist, gab der “Polizeispiegel, Kurier für die Polizei des Landes Berlin”( - 5/1980, S.111):


“Wenn zu besorgen ist, daß die bei einem Einsatz fotografierten Polizeibeamten ihre Aufgabe mit geminderter Einsatzbereitschaft erfüllen, weil sie befürchten müssen, daß ihr Bild zur Grundlage für Recherchen extremer Gruppen gemacht oder im Rahmen von entstellenden oder beleidigenden publizistischen Aktionen verbreitet wird” (- zit. nach Gössner/Herzog, Der Apparat, S. 61).                               


Um Kritik abzuwenden, wird oftmals auch das sogenannte Kunsturhebergesetz von 1907 bzw. das was seit der letzten Reform von 1965 noch an einigen §§ übrig ist, verwendet. Die Anwendbarkeit ist zwar umstritten, da das gesetzlich nicht ausdrücklich normierte Allgemeine Persönlichkeitsrecht Vorrang haben soll. (Die aktuellen Prozesse werden vielfach um Bilder von Prominenten geführt). Nichtsdestotrotz finden die gesetzlichen Regelungen von vor fast hundert Jahren weiterhin noch Anwendung. Zumindest, wenn es um Polizeibeamte geht; von Videokameras überwachten Menschen wird eine Berufung darauf von Staatsseite verweigert.


In § 22 KunstUrhG wird geregelt, dass Bildnisse nur mit Einwilligung der abgebildeten Personen verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden dürfen. § 33 stellt Verstöße auch gleich unter die Strafe des Entzuges der Freiheit bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe. Es sei denn, die in § 22 geregelte Erlaubnis wurde nicht vergessen einzuholen. Ausnahmen gibt es für

  • “Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;

  • Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen;

  • Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben”,

  • Personen der Zeitgeschichte oder im öffentlichen Interesse stehende Veröffentlichungen - etwa Fahndungsplakate.

Und genau um dieses polizeilicherseits angewendete Mittel der allgemein als Denunziation bezeichneten Art ging es bei jetzt inkriminierten Plakaten.


Ein in Anspielung auf Polizeiaufrufe zur Denunziation mittels plakativer Zurschaustellung von Personen (sogenanntes Fahndungsplakat), die sich am 1. Mai gegen die massiven Übergriffe der Polizei in Position setzten, gestaltetes Plakat, welches dem Polizeiplakat äußerst ähnlich sah, wurde als dem Ansehen der Polizei nicht zuträglich eingestuft. Ebenso wie auf dem Polizei-Plakat werden beim Satire-Plakat BürgerInnen aufgefordert, Informationen, die zur Feststellung der Identität der in “eindeutiger” Situation abgebildeten BeamtInnen führen, zu melden. Hinweise, die zu einer rechtskräftigen Verurteilung der uniformierten TäterInnen führen, sollen mit 1000 Euro entlohnt werden (http://www.linkeseite.de/Texte/antifatexte/1264.htm).


Das Berliner LKA hat - offensichtlich in Anerkennung des durchschlagenden Erfolges der Satire - am 10. Oktober mehrere Provider aufgefordert, dieses satirische Plakat wegen »Verstoßes gegen das Kunsturhebergesetz« zu sperren. Auch die Tageszeitung “Neues Deutschland” nahm nach Druck der Polizei das dokumentierte Plakat von ihren Seiten im Internet. Auch eine Version bei welcher die Gesichter nicht erkennbar gemacht wurden, wurde angegangen. (Die genaue Auflistung auf welcher Seite das Plakat noch zu finden ist unter: www.antifa.de).


Die Kriminalisierung eines Plakates - dem das Wort Satire quasi in großen Lettern beigefügt war - ist als direkter Angriff gegen Pressefreiheit und linke Gegenöffentlichkeitsarbeit zu verstehen. Das Plakat, das unter anderem auf den websites www.linkeseite.de und www.antifa.de zu finden war, zog aber nicht nur aktuell den Zorn des Landeskriminalamtes Berlin auf sich. Die Antifaschistische Aktion ist Organisatorin einer der jährlich stattfindenden 1.Mai-Demos und wird ebenso wie die MacherInnen der Linken Seite seit einiger Zeit massiv unter Druck gesetzt (http://www.jungewelt.de/2002/09-19/018.php).

Hausdurchsuchungen unter fadenscheinigen Gründen sind dabei ebenso ein probates Mittel wie die Beschlagnahme von Materialien und eben die Kriminalisierung von Satire.

Die Polizei wendet aber auch deshalb repressive Maßnahmen an, um zu verhindern, dass endlich die viel geforderte Kennzeichnung von Polizeibeamten mit Namen oder einer Nummer, um sie bei Straftaten besser identifizieren zu können, eingeführt wird. Sich selbst als Opfer zu stilisieren gehört dabei dazu.


S. Atire

Weitere Artikel: http://de.indymedia.org/2003/04/49563.shtml

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