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Sparen wir uns diesen Ersten Mai 1

Auswertung zur Demobeobachtung


Nachdem im letzten Jahr Polizeieinheiten - durch diverse Verbote und eine niedrige Eingriffsschwelle angestachelt - in brutaler Art und Weise das friedliche Fest auf dem Mariannenplatz räumten und damit die schwersten Auseinandersetzungen seit Jahren provozierten, sollte in diesem Jahr alles anders werden. Schon im vorhinein gab es Annäherungen zwischen den VeranstalterInnen und der Polizei. Ein Personenbündnis wollte mit Garantien des Innensenats einen politischen und polizeifreien 1. Mai in Kreuzberg ermöglichen. So weit weigerte sich die Polizeiführung zwar zu gehen, gelobte aber weitestgehende Zurückhaltung. Im Ergebnis ist dieses zurückhaltende Deeskalationskonzept sowohl auf Seiten der VeranstalterInnen als auch der Polizei aufgegangen.

Der akj-berlin hat sich auch in diesem Jahr an der Demobeobachtung des Komitees für Grundrechte und Demokratie beteiligt. Diese begann morgens in Hohenschönhausen bei der antifaschistischen Demo gegen den Aufmarsch der NPD, der leider auch schon zu einem festen Veranstaltungspunkt der Maifeiern in Berlin geworden ist. Statt den Aufmarsch mit Hinweis auf den antifaschistischen Konsenses unserer Verfassung zu verbieten, trennte die Polizei sehr konsequent die berechtigten Proteste vom Aufmarsch. Trotzdem gelang es einigen AntifaschistInnen, den Zug zeitweilig aufzuhalten. Bei der Räumung taten sich Einsatzkräfte der Brandenburger Polizei durch erhöhte Gewaltanwendung und Aggressivität hervor. Ansonsten blieb das Konzept der strikten Trennung von Naziaufmarsch und Gegendemo „erfolgreich“.

Die Strecke war weiträumig abgesperrt, was es es vielen GegendemonstrantInnen unmöglich machte, auf die andere Seite der S-Bahngleise zu gelangen, wo der Aufmarsch stattfand. Die Polizei hätte jedoch die angemeldeten Proteste der friedlichen BürgerIninitiativen aus Kreisen der evangelischen Kirche, der Gewerkschaften, der PDS und Bündnis'90/Grüne entlang der Aufmarschstrecke zulassen und so mit lakonischem Schulterzucken der NPD zu verstehen geben können, der Weg ist versperrt, ihr müsst wieder zurück. Eine Option fürs nächste Jahr? Vielleicht.

Im Verlauf der Revolutionären 1. Mai Demonstrationen hat die Polizei auf Provokationen weitgehend verzichtet. Anders als in den vergangenen Jahren gab es keine Eingangskontrollen, kein Polizeispalier hinter Rüstung, Schild und Schlagstock, kein ständiges Anhalten der Demozüge und kein unmotiviertes Schräg-durch-den-Zug-Prügeln. Die Stimmung war entspannt und in keiner Weise aggressiv. Die Polizei verzichtete größtenteils auf Einkesselungen, Wasserwerfer-, Tränengas- und Schlagstockeinsatz. Lediglich Einsatzkräfte des BGS zerstörten durch wiederholt unkontrolliertes Vorgehen das Konzept der Berliner Polizei: In Kreuzberg räumten sie ohne Einsatzbefehl mit Wasserwerfern und Schlagstöcken die Straße, wobei sie auch keine Rücksicht auf anwesende Polizeikräfte nahmen. Dies führte in eingeschränkten Bereichen zu Eskalationen.

Anders das Verhalten bei der sog. 18.00 Uhr Demo. Diese wurde gegen Ende der Veranstaltung auf den Michaelkirchplatz in Mitte umgeleitet. Dort hatte die Polizei einen Kessel vorbereitet, in dem sich die DemonstrantInnen plötzlich hunderten angriffsbereiten Polizeikräften mit 4 Wasserwerfern und Räumfahrzeugen gegenüber sahen. Die so gewaltsam unterbrochene Demo konnte ihren Weg zur Abschlusskundgebung in Kreuzberg nicht fortsetzen. Dies führte zu Unruhe und Unmut, es flogen Steine. Aber erst nachdem ein Auto angezündet und andere demoliert wurden, griff die Polizei ein. Sie zerstreute die Menge mit relativer Gelassenheit und weitgehend ohne den aktiven Einsatz von Wasserwerfern oder Schlagstöcken. In Einzelfällen wurde jedoch auch wahllos auf DemonstrantInnen eingeprügelt.

Andererseits unterstrichen auch nur einzelne Jugendliche durch Randale ihre Ankunft in der Spaßgesellschaft. Diese offenbarten jedoch ein erschreckendes Gewaltpotential, welches sich offenbar umgekehrt proportional zu ihrem politischen Bewusstsein bewegt. So kam es doch zu den Bildern, die Tags darauf in zahlreichen Zeitungen einen „ganz normalen 1. Mai“ und ein Scheitern der Deeskalationsstrategie suggerieren sollten.



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Projekt Demobeobachtung


1Spruch auf einem Wahlplakat der SPD, das ein brennendes Auto darstellt.