Sondervotum
Blog des akj-berlin
annex
Schriftenreihe
des akj
zu Recht und Politik
Erstsemesterheft
Ausg. 1/99
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Ausg. 1/00
Ausg. 2/00
Ausg. 3/00
Ausg. 1/01
Ausg. 2/01
Ausg. 1/02
Ausg. 1/03
Ausg. 2/03
Ausg. 1/04
Ausg. 1/05
Ausg. 14|06
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Ausg. 16|08
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Ausg. 18|10/11
Ausg. 19|12/13
Ausgabe 14 | 2006
Abgestanden
in Ruinen
Vergangenheitsbewältigung im Recht?
Impressum:
Redaktion: Alice, Claus, Johannes, Marten, Verena, Micha o.H., Micha
R., micha 2,
Phillip,
Sonja, Steffen, Ulrike
Layout: Micha 2, Jan, Lars, Micha o.H., Phillip
Foto/Grafik: Jörg Pache, Jan Oppenhäuser, Olaf M. Braun
V.i.S.d.P: Michael Plöse & d.Redaktion
Redaktionsschluss: 09.12.2006
Die Verwendung alter/neuer Rechtschreibung und gendergerechter Sprache obliegt der/dem jeweiligen AutorIn. | Namentlich gezeichnete Beiträge geben im Zweifel nicht die Meinung der geamten Redaktion wieder. | Alle Beiträge stehen unter Creative Commons License. Die erwünschte Verwendung und Bearbeitung der Texte steht unter dem Vorbehalt der Quellenangabe, nichtkommerziellen Verwendung sowie der Weiterverwendung unter gleicher Lizenz. Belegexemplare sind erwünscht. | LeserInnenbriefe und Beiträge sind hochwillkommen. Ein Anspruch auf Abdruck besteht nicht.
Editorial |
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Als in Frankreich drei Millionen Menschen gegen die Arbeitsmarktreform ihres Premierministers auf die Straße gehen, sind die Montagsdemos in Deutschland schon längst vorbei. Und während Hartz IV schon wieder überarbeitet wird, muss Villepin sein unter den Druck der Straße geratenes Gesetzesvorhaben zurückziehen. Brennen bei französischen Streiks auch Barrikaden, geraten in Deutschland Studierede bereits unter Totalitarismusverdacht, wenn sie mit Sitzblockaden die WM gefährden. Wieso kriegen immer nur die Franzosen hin, was wir selten genug versuchen? |
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Deutschland 2006. Die FIFA WM 2006™ ist in vollem Gange. Die Republik in Fußballstimmung. Die Debatte dreht sich um identitätsstiftende Fragen: Werden wir Weltmeister? Ist das Fahnenmeer der gesunde Patriotismus, den sich so viele erhoffen? Darf dann eine Kanzlerin das Gastgeberland als Sanierungsfall bezeichnen? Und was bedeutet es für Linke, Fan – vielleicht sogar von Deutschland – zu sein? Dies sind die Fragen die sich der Autor bereits vor dem Viertelfinale stellte. |
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Leben gegen Leben, diese Gegenüberstellung haben Studierende im ersten Semester noch vor kurzem als eindeutig unrechtmäßige Abwägung gelehrt bekommen. Doch in Zeiten, in denen das Folterverbot angegriffen wird, wackeln auch andere ehemals eherne Grundsätze des bundesdeutschen Rechtssystems. Fürs Erste hat das BVerfG einen Rückschritt verhindert. |
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Mit dem 37. StRÄndG wurde am 19. Feburar 2005 die Zwangsheirat als besonders schwerer Fall der Nötigung in den § 240 IV StGB1 aufgenommen. Damit erhöht sich der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, Geldstrafe ist nicht vorgesehen. Trotzdem hat der Bundesrats am 8. Juli 2005 beschlossen, dem Bundestag den Entwurf eines Zwangsheirat-Bekämpfungsgesetzes vorzulegen2, der insbesondere die Schaffung eines eigenen Straftatbestands „§ 234b Zwangsheirat“ vorsieht. Der Bundestag kam aufgrund seiner Auflösung im Herbst 2005 nicht dazu, sich mit dem Entwurf zu befassen. Daher hat der Bundesrat am 10. Februar 2006 entschieden, den Gesetzesentwurf in den Bundestag erneut einzubringen3. Bevor dieser Entwurf im Detail untersucht wird, sollen die strafrechtlichen Aspekte der Zwangsheirat grundsätzlich betrachtet werden. |
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Auslöser dieser Schrift war der 8. März dieses Jahres. Der Tag im Jahr, an dem für kurze Zeit den Frauenrechten international Beachtung geschenkt wird. Die Welt empörte sich über noch immer bestehende Ungleichheiten, wie unterschiedliche Löhne bei gleicher Arbeit, die Missachtung grundsätzlicher, seit geraumer Zeit auch für Frauen geltende Menschenrechte oder diskutierte über die Emanzipation des Mannes in Gestalt von Elterngeld. Die tatsächliche Verwirklichung von Frauenrechten setzt jedoch einen aktiven Einsatz voraus, wie das historische Beispiel der Erkämpfung des Frauenwahlrechts zeigt. |
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Seitdem das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die im Hochschulenrahmengesetz (HRG) verankerte Freiheit von Studiengebühren wegen fehlender Gesetzgebungskompetenz für formell verfassungswidrig und damit nichtig erklärt hat,1 liefern sich verschiedene Bundesländer einen Wettlauf um die schnellste Einführung von Studiengebühren. Besonders die von der CDU gebildete Landesregierung Hessens mit dem profilierungssüchtigen Ministerpräsidenten Roland Koch will dabei nicht hinten anstehen. Sie hat aber ein verfassungsrechtliches Problem. |
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In der Einführung von Studiengebühren kommt zum Ausdruck, dass die maßgeblichen politischen EntscheidungsträgerInnen einen hohen Anteil qualifizierter Ausbildung offenbar nicht mehr für ökonomisch notwendig halten. |
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Als die japanische Staatsrechtslehrervereinigung 2004 zur Zeit der Kirschblüte ihre deutschen KollegInnen nach Tokio einlud, stand ein großes Thema auf dem Programm: ‚Verfassungswandel‘. So mancher Rechtstheoretiker frohlockte ob dieser scheinbaren Theoriediskussion. KennerInnen der japanischen Politik indes schwante Böses. Nach fast sechzig Jahren steht das in der japanischen Verfassung verankerte Pazifismusgebot dem nationalen Selbstbewusstsein eines Landes im Wege, das die Verbrechen seiner Militärs in der Vergangenheit endlich vergessen will. |
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Die Frage nach Chancen globaler Gerechtigkeit betrifft insbesondere auch Menschenrechtsverletz-ungen durch transnationale Unternehmen. Das Völkerrecht hätte durchaus das Potential, diesen wirksam zu begegnen, währenddessen auch jenseits des Völkerrechts entsprechende Durchsetzungsinstrumentarien Anwendung finden könnten. Noch leugnet aber das die Welt „regierende“ Recht eine Mitverantwortung der multinationalen Konzerne für demokratische, soziale und ökologische Mindeststandards. Die Frage ist: Lässt sich das ändern? |
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Mitte 1998 leitete der spanische Untersuchungsrichter Garzon ein Ermittlungsverfahren gegen verschiedene baskische Gruppierungen, soziale Projekte und Einzelpersonen ein. Offizielles Ziel der Ermittlungen war die Erforschung der ökonomischen Struktur der ETA. Tatsächlich wurden jedoch Schritt für Schritt baskische linke Projekte angegriffen und teilweise zerstört. In den verschiedenen Ermittlungsverfahren sind mehr als 200 Personen angeklagt. Die Mehrheit von ihnen war oder ist in Untersuchungshaft. 59 Personen wurden nun im sog. „Makroprozess 18/98“ vor dem von Franco eingeführten Madrider Sondergericht für Terrorsachen, der Audiencia National angeklagt. Auf Einladung der Menschrechtsorganisation EH Watch nahmen die Autoren im Rahmen einer internationalen JuristInnendelegation an den Verhandlungen in Madrid teil. Wir dokumentieren ihren Bericht in Auszügen. |
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Es ist der 3. Oktober 1990. Und es ist vollbracht. Ein Staat ist tot. Über die genaue Todesursache wird wohl noch viele Jahre zu streiten sein. War es Mord? War es Selbstmord? Viele Indizien sprechen zumindest für ein Ende unter nicht unerheblicher Fremdeinwirkung. Ob ein endgültiges Urteil jemals möglich sein wird, bleibt unklar. Für gewöhnlich gelangen Motive, Einflüsse und Vorgänge hinter den Kulissen erst Jahrzehnte später an das Licht der Öffentlichkeit. Geduld und Zweifel bleiben Gebote der Stunde. |
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In einem sehr lesenswerten Buch von Uwe Wesel heißt es zu den ‚schmerzhaften Folgen der Rechtseinheit‘: „Völlig abgewickelt wurde die Armee von 168.000 Mann. Nur wenige Soldaten und Offiziere sind in die Bundeswehr übernommen worden. Abgewickelt wurden Einrichtungen der Kultur, der Bildung, der Wissenschaft, des Rundfunks und des Fernsehens. Hunderttausende verloren ihren Arbeitsplatz. Abgewickelt wurden zum Beispiel die Fachbereiche der Rechtswissenschaft an den Universitäten Halle, Jena und Leipzig. Nur der Berliner blieb bestehen dank einer mutigen Dekanin.“ – Wir haben sie gefragt warum. |
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„Was bleibt von der marxistischen Rechtsphilosophie?“, so titelte Hermann Klenner 1992 seinen Beitrag auf dem Weltkongress der Internationalen Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie (IVR). Er ist die schonungslose Analyse der Leistungen wie Fehlentwicklungen einer durch Marx inspirierten Rechtsphilosophie. Eine Rechtsphilosophie, die in ihrer Grundintension eine Emanzipationsphilosophie ist, sich aber auch als herrschende und damit Suppressionsidologie etablierte. |
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Die Aufarbeitung der eigenen Geschichte ist oft die schwerste; immer aber eine der wichtigsten. Die Juristische Fakultät der Berliner Universität ist so alt wie die Alma Mater Berolinensis selbst. Sie kann auf namhafte Gelehrte und bedeutende JuristInnen zurückblicken, die unser heutiges Denken und Arbeiten noch immer prägen. Zu Wendezeiten und Jubiläen – wie dem 2010 bevorstehenden 200jährigen Universitätsbestehen – wird das auch gern und ausführlich getan. Dabei fällt auf, dass solche Erinnerungen nicht selten ein Drittel der Universitätsgeschichte als „dunkle Zeiten für die Wissenschaft“ schnell übergehen. Dieser Beitrag bemüht sich um einen Zugang zum Wirken und Forschen von JuristInnen in der DDR. Er sucht nach der Rechtsordnung, von der sie geprägt waren und deren gesellschaftspolitische Realitäten ihre Ausbildung, Wissenschaft und Praxis bestimmten. Dies ist die Dokumentation des Versuchs einer Annäherung. |
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Bernhard Schlink und die DDR – das verwundert, und es verwundert nicht. Es verwundert, da vor allem seine Publikationen zum Nationalsozialismus und zu seiner – bundesrepublikanischen – Generation (Geburtsjahr 1944) im Zentrum der öffentlichen Beachtung sowie auch seines Schaffens stehen. Dagegen ist es nicht erstaunlich, Schlinks Beschäftigung mit der DDR und ihren Nachwehen zum Anlass einer Durchschau zu nehmen. Denn den Umgang mit Vergangenheitsschuld post-1945 und post-1989 sieht Schlink stets und vergleichend zusammen, da er seit Ende der 80er Jahre diese Problematik zu einem Mittelpunkt seiner Schriften gemacht hat.1 Zudem war er einer der westdeutschen Pioniere in Berlin-Ost allgemein2 sowie an der Juristischen Sektion/Fakultät der HU. |
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Die Auseinandersetzung mit dem „Antifaschismus als Staatslegitimation“ wird auch im Jahr 17 nach der „Wende“ einer wissenschaftlich neutralen Aufarbeitung dieses Themas nicht gerecht. Tinte und Tenor der Schriften sind unverkennbar politisch gefärbt. Stets geht es weniger darum, sich mit dem Kern des Themas auseinanderzusetzen, als den Faschismus mit dem real existierende Sozialismus gleichzusetzen. Treffend beschreibt Joachim Tornau, „dass der Vergleichswert bei der Betrachtung und Bewertung der DDR in allererster Linie die historisch parallele Entwicklung der BRD sein muss und eben nicht das Dritte Reich.“ Seit den 90er Jahren schwappt der LeserInnenschaft ein ganzes schwarzes Meer an Texten, die sich mit dem „Gründungsmythos“ beschäftigen, entgegen. Doch war der DDR-Antifaschismus wirklich so schlecht wie sein Ruf? |
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Als Strafverteidiger der wegen der Erhebung des 17. Juni 1953 in der DDR Angeklagten sowie Walter Jankas und Günter Guillaumes kam Friedrich Wolff auch in der jüngsten gesamtdeutschen Geschichte in den nicht weniger brisanten Verfahren gegen Erich Honecker, Hans Modrow, Hermann Axen und Werner Großmann zum Einsatz und ist daher einer der besten Kenner politischer Strafverfahren in der jüngeren deutschen Geschichte. |
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1989/90 wurde eine neue Verfassung für die DDR ausgearbeitet. Ein Verfassungsentwurf, der die Dynamik der Zeit erhalten sollte. Doch durch den Beitritt der „neuen Länder“ zum bundesrepublikanischen Grundgesetz war er überflüssig geworden und verschwand in der Versenkung. Ein Grund mehr, an ihn zu erinnern. |
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Als im Herbst in der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät an der Spandauer Straße das Jubiläum der 1906 eröffneten Handelshochschule begangen wurde, aus der sie hervorging, standen Festvorträge auf dem Programm. Überraschungen gab es nicht. Stattdessen hat sich der Mainstream gegenwärtiger Wirtschaftswissenschaften mal wieder als naht- und im wesentlichen bruchlos in der Geschichte verankert dargestellt. Auch wenn ein Revival des „ehrbaren Kaufmanns“ als unternehmerisches Leitbild diskutiert wurde, blieben die Antagonismen der Geschichte ausgeblendet. |
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von Steffen Kommer Einen jungen Menschen in eine Normauslegungsmaschine zu verwandeln, erscheint auf den ersten Blick weder realistisch noch wünschenswert. Dennoch vollbringt die derzeitige juristische Ausbildung genau dieses Wunder, indem sie den Studierenden das eigenständige Denken soweit auszutreiben vermag, dass diese am Ende selbst glauben, sie könnten nur als Subsumtionsautomaten funktionieren. Wie diese merkwürdige Umwandlung im einzelnen zustande kommt und welche Art von Aufklärung von nöten wäre, um Studierende anzuregen, sich ohne fremde Hilfe ihres eigenen Verstandes zu bedienen, soll im Folgenden nachgegangen werden. |
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von Lars Winkler Warum wird mein Studium als Studium einer Wissenschaft begriffen? Worin liegen die Merkmale einer Wissenschaft überhaupt? Ist es nicht vielmehr so, dass das Studium strukturell vielmehr nichtwissenschaftlich angelegt ist und die Begrifflichkeit Rechtswissenschaft jeglicher Grundlage entbehrt? PhilosophInnen und JuristInnen beschäftigen sich bereits seit dem 16. Jahrhundert mit der Eigenart der Rechtswissenschaft. |
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von Lars Winkler Obwohl die Geschichte der Zwangsarbeit im Nationalsozialismus sowie die Justizgeschichte von 1933 bis 1945 bisher relativ häufig Gegenstand der Forschung war, wurde der Verbindung zwischen beiden Themenkomplexen in der Vergangenheit wenig Bedeutung beigemessen. Diesen Zusammenhang durch das Gespräch von HistorikerInnen und JuristInnen näher zu betrachten, war Ziel der Tagung „NS- Zwangsarbeit und Justiz“ Anfang März 2006 in der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora bei Nordhausen, welche dank der Organisation des Forums Justizgeschichte e.V. und der Gedenkstätte Mittelbau-Dora stattfinden konnte. |
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„Für die Sozialdemokratie bilden [...] Außenpolitik und Innenpolitik, Wirtschaftspolitik, Sozialpolitik und Kulturpolitik eine untrennbare Einheit. Sie erzieht durch ihren politischen Kampf die Arbeitnehmer, deren politische Partei sie ist, zur Erkenntnis ihrer Interessen. Indem sie diese Interessen bewusst macht, vertritt sie auch die Lebensansprüche aller anderen Schichten des Volkes, die unter der Aufrechterhaltung der kapitalistischen Ausbeutung leiden. Indem sie für eine sozialistische Gesellschaft, für die Aufhebung der Klassen ringt, zeigt sie der durch den Atomkrieg bedrohten Welt die einzige Alternative zum drohenden Untergang der zivilisierten Menschheit in die Barbarei: die internationale Solidarität der arbeitenden Bevölkerung beim gemeinsamen Aufbau einer friedlichen Welt des Wohlstands aller Völker.“ |
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Im Rahmen einer akj-Demobeobachtung zum 1. Mai 2004 kam es zur Personalienüberprüfung und zum Platzverweis gegen zwei Demobeobachter des akj-berlin, weil diese durch das Notieren von Auto-Kennzeichen von Einsatzfahrzeugen des BGS die öffentliche Sicherheit und Ordnung gestört hätten. Nach erfolglosen Widerspruchsverfahren erhoben die zwei betroffenen Beobachter vor dem Verwaltungsgericht Berlin Fortsetzungsfeststellungsklage. In der mündlichen Verhandlung vor der 1. Kammer des VG gestand der Sitzungsvertreter des Polizeipräsidenten denn auch die Rechtswidrigkeit der Platzverweise ein. Das Problem war erledigt. Doch dann kam die Kostenentscheidung ... |
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